Kreis Neuwied

Neuwieder Landrat kann den Frust der Bürgermeister verstehen: Land und Bund gefordert

Hasskriminalität gegen Mandatsträger
Ob im Rathaus oder in der Ortsgemeindeverwaltung: Viele ehrenamtliche Bürgermeister sind nach einer Umfrage frustriert - auch im Kreis Neuwied. Foto: Marijan Murat/dpa

„Alarmiert aber nicht überrascht“ hat Landrat Achim Hallerbach die jüngste Umfrage des Südwestrundfunks zur Kenntnis genommen, wonach mehr als ein Drittel aller ehrenamtlichen Bürgermeister eine erneute Kandidatur bei den Kommunalwahlen 2024 ausschließen und jeder Vierte noch nicht entschieden hat, ob eine weitere Bewerbung um das kommunale Spitzenamt erfolgen soll. Das geht aus einer Mitteilung der Kreisverwaltung hervor.

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„Das Ergebnis der SWR-Umfrage ist Spiegelbild und trauriger Höhepunkt einer Entwicklung, die abzusehen war“, verweist der Landrat auf das Phänomen der „inneren Kündigung“, das bislang eher in Berufswelten, als im Ehrenamt verortet zu sein schien. „Die Finanzausstattung der Kommunen ist schlecht und steht im komplett umgekehrten Verhältnis zu den immer größeren Auswüchsen neuer bürokratischer Vorgaben“, befindet Hallerbach.

Wenn ein Ortsbürgermeister keine Parkbänke mehr aufstellen kann und für eine Seniorenfeier das Geld bei den Betrieben erbetteln muss, dann hat das nichts mehr mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun, sondern ist Gängelung eines kommunalen Amtsträgers.

Landrat Achim Hallerbach

Im kommunalpolitischen Alltag fühlten sich die ehrenamtlichen Bürgermeister zudem allzu häufig allein gelassen. „Wenn ein Ortsbürgermeister keine Parkbänke mehr aufstellen kann und für eine Seniorenfeier das Geld bei den Betrieben erbetteln muss, dann hat das nichts mehr mit kommunaler Selbstverwaltung zu tun, sondern ist Gängelung eines kommunalen Amtsträgers“, beschreibt der Landrat die zugespitzte Situation.

Wer mit vergleichsweise geringer Aufwandsentschädigung und abseits beruflicher Notwendigkeiten freiwillig Verantwortung an der Spitze übernehme, sehe sich für sein Tun innerhalb enger Grenzen zudem nicht selten an den Pranger öffentlicher Meinung gestellt. Hallerbach könne deshalb den Frust nachvollziehen. Dies sei auch eine Quittung für die Zeitgenossen, die sich selbst wenig oder gar nicht für das Allgemeinwohl engagieren, zugleich aber einen ehrenamtlichen Bürgermeister als Angriffsziel nutzen.

Vom Land muss mehr Geld in die Kommunen fließen. Sie stehen am Ende der Kette von Bund-Land-Kommunen und haben Belastungen zu schultern.

Landrat Achim Hallerbach

Davon abgesehen passe es nicht in die Zeit, dass ein ehrenamtlicher Ortsbürgermeister verantwortlich für zwei Kindergärten, einen Bauhof und womöglich noch eine Grundschule sei. Allein die Personalverantwortung und die Anforderungen im Kinder- und Jugendrecht bei Kindergärten seien enorm. „Der Ortsbürgermeister muss sich täglich auch um das Personal, Ersatzpersonal und Krankheitsfälle kümmern. Ferner ist er auch für das Kindeswohl in einer Kita verantwortlich. Diese Aufgaben müssten fachlich etwa an die VG-Verwaltung übertragen werden. Das führt zu wirksamen Optimierungen und Entlastungen“, ist der Landrat überzeugt.

Respekt und Wertschätzung vor ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern müssten vonseiten der Landespolitik vorgelebt werden. Allerdings sehe die Lebenswirklichkeit so aus, dass die Handlungskompetenz der Amtsinhaber und Amtsinhaberinnen immer mehr eingeschränkt würde. „Vom Land muss mehr Geld in die Kommunen fließen. Sie stehen am Ende der Kette von Bund-Land-Kommunen und haben Belastungen zu schultern, denen sie mangels Finanz- und Personalausstattung nicht mehr gewachsen sind“, fordert der Landrat. Dabei seien Land und Bund auf das kommunalpolitische Wirken im Ehrenamt angewiesen. Das Ehrenamt sei der Dünger, den ein Gemeinwesen benötigte, um zu blühen.

Land und Bund in Sachen Motivation gefordert

Aus Sicht von Hallerbach sind Landesregierung und Bund gefordert, Rahmenbedingungen und Motivation für das Amt herzustellen. „Das setzt voraus, dass den Verantwortlichen Gestaltungsspielraum zugestanden wird, mit denen die Freude am Ehrenamt unterfüttert ist. Das ist auch eine Summe aus finanziellen Zuwendungen abzüglich sich ständig vermehrender bürokratischer Regeln.“ red