Plus
Rheinland-Pfalz

Wie schläft man (sich) gesund, Herr Doktor? Ein Gespräch mit dem Mediziner Dieter Pöhlau

Von Christian Kunst
Dieter Pöhlau
Dieter Pöhlau Foto: Kamillus-Klinik

Ein Grübelstuhl für schlaflose Nächte, ein Mann, der seine Frau im Schlaf boxt: Der Westerwälder Mediziner Dieter Pöhlau spricht im Interview mit unserer Zeitung über Kniffe für eine erholsame Nacht und über krankhafte Störungen.

Lesezeit: 6 Minuten
Es ist das Ende eines langen Arbeitstags für Dr. Dieter Pöhlau, Chefarzt an der DRK-Kamillus-Klinik in Asbach (Kreis Neuwied), und für den Redakteur der Rhein-Zeitung. Doch während Pöhlau beim Videointerview wirkt, als sei er gerade aufgestanden, braucht der Interviewer erst mal eine Tasse Tee, um dem Westerwälder Schlafmediziner Fragen über ...
Möchten Sie diesen Artikel lesen?
Wählen Sie hier Ihren Zugang
  • 4 Wochen für nur 99 Cent testen
  • ab dem zweiten Monat 9,99 €
  • Zugriff auf alle Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
E-Paper und
  • 4 Wochen gratis testen
  • ab dem zweiten Monat 37,- €
  • Zugriff auf das E-Paper
  • Zugriff auf tausende Artikel
  • Newsletter, Podcasts und Videos
  • keine Mindestlaufzeit
  • monatlich kündbar
Bereits Abonnent?

Fragen? Wir helfen gerne weiter:
Telefonisch unter 0261/9836-2000 oder per E-Mail an: aboservice@rhein-zeitung.net

Oder finden Sie hier das passende Abo.

Anzeige

Atemlos in der Nacht, hundemüde am Tag: So lindert eine Maske Wolfgang Palms Schlafapnoe

Viele Frauen und Männer leiden an Schlafapnoe. Ihr Atem setzt beim Schlafen aus. Das ist nicht ungefährlich, aber behandelbar. Mithilfe einer Maske können Betroffene wie Wolfgang Palm heute nahezu ohne Atemaussetzer durchschlafen.

Es gab Zeiten, da ist Wolfgang Palm in einer Nacht 90-mal pro Stunde die Luft weggeblieben. Oft waren es nur Bruchteile von Sekunden. Manchmal aber hat es fast zwei Minuten gedauert, bis sein Gehirn Alarm geschlagen hat, weil der Sauerstoffgehalt im Blut deutlich zu niedrig war. „Dann wurde ich von einem ganz grauseligen Geräusch wach. Da geht alles auf. Dann ist das Schnarchen wie eine Explosion. Meine Frau stand kerzengerade im Bett.“

Ich bin morgens um 8 Uhr aufgewacht und habe um 10 Uhr schon wieder auf der Couch gelegen, weil ich hundemüde war

Wolfgang Palm

Palm krächzt ganz schief, wenn er das Geräusch heute nachmacht. Doch nicht das Schnarchen trieb ihn 2008 zum Arzt, sondern seine Tagesschläfrigkeit – Folge der nächtlichen Atemaussetzer. „Ich bin morgens um 8 Uhr aufgewacht und habe um 10 Uhr schon wieder auf der Couch gelegen, weil ich hundemüde war“, erzählt der 70-Jährige aus Waldesch (Kreis Mayen-Koblenz). Erst denkt er, dass die Müdigkeit Folge seiner Post-Polio-Erkrankung ist – als Kind litt er an Kinderlähmung, was ihn bis heute unter anderem mit Fatigue quält. Eine ambulante Somnografie (Schlafprofilanalyse) in seinem eigenen Bett, bei der Atmung und die Atemaussetzer gemessen werden, kommt zu einem anderen Ergebnis: Schlafapnoe.

Dieter Pöhlau
Dieter Pöhlau
Foto: Kamillus-Klinik

Die nächtlichen Atemaussetzer sind laut dem Westerwälder Schlafmediziner Dr. Dieter Pöhlau eine der häufigsten krankhaften Schlafstörungen. „Bei manchen Betroffenen sind die Atemwege von Natur aus enger oder sie nehmen am Abend Medikamente, die zu einer Entspannung der Schlundmuskulatur führen, oder sie trinken Alkohol. Das Risiko für eine Schlafapnoe steigt nahezu linear mit dem Körpergewicht.“

Häufigste Variante

Obstruktive Schlafapnoe ist laut Pöhlau die häufigste Variante: „Im Schlaflabor sehen wir, dass sich Brustkorb und Bauch bewegen, es aber keinen Atemfluss gibt. Die Folge ist, dass der Stresslevel steigt. Die Sauerstoffsättigung im Blut sinkt um einige Prozentpunkte. Wenn der Stress zu hoch ist, atmen die Betroffenen tief durch. Durch den Stress steigt der Blutdruck, die Herzfrequenz ist erhöht. Damit steigt auch das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte deutlich. Und: Wenn das Gehirn nachts zu wenig Sauerstoff bekommt, werden Stoffwechselprodukte nicht optimal wegtransportiert. Falsche Eiweiße, die sich im Gehirn ablagern, erhöhen das Risiko für Alzheimer-Demenz oder Parkinson.“

Wolfgang Palm verbringt 2008 fünf Nächte im Schlaflabor in der Hufeland-Klinik in Bad Ems und erfährt viel über seinen Schlaf und seine Atmung. Er leidet unter einer Mischform der obstruktiven und der zentralen, neuronal bedingten und eher seltenen Schlafapnoe – „nicht nur die Muskulatur in meinem Schlund spielt nicht mit, sondern auch mein Gehirn“. Die zweite Nacht verbringt er mit Maske. Pöhlau erklärt: „Die Maske ist mit einem Schlauch an eine Maschine angeschlossen, die den den Druck in den Atemwegen erhöht. Das führt erstens dazu, dass die Schleimhaut abschwillt, weil der Druck höher ist. Zweitens füllt sich die Lunge so besser mit Sauerstoff.“

Maske war zunächst ein Fremdkörper

Doch bei Wolfgang Palm funktioniert das Gerät, das einen gleichen Druck beim Ein- und Ausatmen gibt, nicht. In der dritten Nacht wird seine Maske daher an ein Gerät angeschlossen, das mehr Druck beim Einatmen gibt und weniger beim Ausatmen. Heute bekommt er beim Einatmen einen Druck von 21,5 Hektopascal, beim Ausatmen nur 12. Und Palm braucht Zeit, um mit der Maske zurechtzukommen: „Das ist am Anfang unangenehm. Die Maske ist ein Fremdkörper. Und der Rhythmus der Atmung verändert sich ein bisschen. Aber nach vier bis sechs Wochen schläft man mit der Maske, als wenn man sie gar nicht hätte, auch auf dem Bauch.“

Palm, der damals viel Unterstützung in der Selbsthilfegruppe Schlafapnoe Koblenz und Umland bekommt und diese seit 2015 mit zwei Mitstreitern leitet, rät Masken-Neulingen, sich viel Zeit bei der Wahl der richtigen Variante zu lassen. „Ich habe bestimmt zehn Masken getestet. Man muss sie wie Schuhe ausprobieren. Wenn sie zwei Nächte lang nicht funktionieren, sollte man eine andere testen.“ Doch die Wirkung der Maske hat Palm schon nach zwei Wochen gespürt: „Ich war vormittags plötzlich noch wach. Ups, habe ich gedacht, die Couch ruft ja gar nicht mehr.“

Wenn er jetzt einmal pro Jahr eine ambulante Somnografie macht, zählt das Gerät nur noch zwei Aussetzer pro Stunde. „Bis zu zehn sind normal.“ Und in der Nacht? „Meine Frau sagt nicht mehr, dass ich schnarche, sondern dass die Maske manchmal pfeift. Das kann passieren, wenn der Silikonaufsatz verrutscht. Bei dem Druck pfeift es dann.“ Aber sein Atem explodiert nicht mehr.

Rheinland-Pfalz
Meistgelesene Artikel