Rhein-Hunsrück

Gen Z im Hunsrück: Wie blicken junge Erwachsene auf die anstehende Europa- und Kommunalwahl?

Von Jule Klein
U18-Bundestagswahl
„Wählen gehen!“ heißt ein wichtiger Appell vor den anstehenden Kommunal- und Europawahlen. Doch wie nimmt die junge Generation diese Botschaft auf? Vor allem für die Erstwähler dürfte die Premiere in der Wahlkabine eine spannende Angelegenheit sein. Kumulieren und Panaschieren bei der Kommunalwahl – da sind sogar „alte Hasen“ oftmals überfordert. Foto: Bernd Settnik/picture alliance / /dpa-Zentralbild/dpa

Am 9. Juni wird wieder gewählt, und für einige im Hunsrück ist es das erste Mal, dass sie ihr Kreuz setzen dürfen. Doch wie stehen junge Menschen zur (Kommunal-)Politik und zu den Wahlen überhaupt? Gehen sie wählen, engagieren sie sich vielleicht auch in der Politik oder interessieren sie sich dafür gar nicht?

Lesezeit: 6 Minuten
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Zoe Bähren (18) aus Rohrbach ist Erstwählerin bei den Kommunal- sowie den Europawahlen und erzählt: „Ich bin jetzt nicht sehr doll an Politik interessiert oder engagiere mich in dem Bereich, doch ich finde es extrem wichtig, meine Stimme zu nutzen und wählen zu gehen.“ Als Zoe 18 wurde, hat sie bereits darüber nachgedacht, dass sie nun alt genug ist, um wählen zu gehen, aber so richtig Gedanken hat sie sich erst darüber gemacht, als die Wahlbescheinigung im Briefkasten lag. „Ich war vorher nicht umfassend informiert, was die Wahlen angeht, doch ich habe mir dann fest vorgenommen, mir darüber Gedanken zu machen und mich damit auseinanderzusetzen, welche Partei und welche Person meine Werte am ehesten vertreten würden“, so die 18-Jährige.

Zoe Bähren aus Rohrbach, ist 18 Jahre alt und damit Erstwählerin bei den anstehenden Wahlen.
Zoe Bähren aus Rohrbach, ist 18 Jahre alt und damit Erstwählerin bei den anstehenden Wahlen.
Foto: Jule Klein

Panik vor den Wahlen, weil sie nicht weiß, was sie wählen soll, ist bei ihr nicht ausgebrochen: „Einige in meinem Umfeld, die sich überhaupt nicht für Politik interessieren, haben sich schon einen Kopf gemacht, weil sie so gar nichts mit der kommenden Wahl anfangen können. Und teilweise haben sie auch kein Interesse und Motivation, sich damit auseinanderzusetzen“.

Auseinandersetzung mit Thema Wahlen in der Schule fehlt

Weiter erzählt Zoe: „Einige wählen lieber nicht, bevor sie in ihren Augen etwas Falsches wählen.“ Sie ist der Meinung, dass das der falsche Ansatz ist. In ihren Augen gibt es erst mal keine falsche Wahl, nur die Wahl, kein Kreuz zu setzen. Zudem sei nichts einfacher, als sich eine halbe Stunde am Tag die Zeit zu nehmen und eine allgemeine Recherche bezüglich der Wahlmöglichkeiten zu betreiben. Doch sie ist auch der Meinung, dass es gut gewesen wäre, wenn das Thema Wahlen an Schulen intensiver behandelt würde. Allerdings sieht der Lehrplan für die zwölfte Klasse keinen Sozialkundeunterricht vor. „Es hätte, denke ich, schon einige motiviert und geholfen, wenn wir im Unterricht noch mal über die Wahlen gesprochen hätten und unsere Fragen hätten stellen können“, sagt Zoe.

Es gebe natürlich auch außerhalb der Schule Möglichkeiten, sich selbstständig damit zu befassen, doch zum Beispiel in ihrem näheren Bekannten- und Freundeskreis seien die Wahlen sowie die Politik fast überhaupt kein Thema. „Ich glaube, ich habe noch nie mit meiner besten Freundin über Politik gesprochen, wenn überhaupt spricht man vielleicht mal im Nachrichtenkontext darüber.“ Da fehle dann eindeutig das Interesse bei den jungen Leuten und somit komme kein Austausch zustande, bei dem man vielleicht sogar hätte etwas dazulernen können.

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RZ-Reporterin Jule Klein beschäftigt sich mit den Themen der Generation Z.

Wo für Zoe der Austausch jedoch stattfindet, ist zu Hause. Ihre Mutter engagiert sich in der kommunalen Politik für die Gemeinde und spricht auch mit ihr über die anstehende Wahl. „Das hilft dann schon weiter, wenn die Mama noch mal erklärt, was und wie überhaupt gewählt wird.“ Generell bekommt die 18-Jährige so schon viel von dem politischen Geschehen mit. Und sie ist der Meinung: „Kommunale Politik ist das, was mich direkt betrifft. Ich spüre die Auswirkungen von Entscheidungen schneller und deutlicher, habe aber auch die Chance, an solchen Entscheidungen mitzuwirken. Gerade in so einer kleinen Gemeinde wie Rohrbach.“

In ihren Augen ist es auch wichtig, dass sich junge Menschen dafür interessieren und auch engagieren: „Jüngere Menschen haben einen anderen Blick auf die Gemeinde und könnten neue Ideen mit einbringen.“ Sich mal mit den Aufgaben des Gemeinderats auseinanderzusetzen, sei gut, um überhaupt das Leben und die Funktionsweise innerhalb des eigenen Wohnortes nachvollziehen zu können. Sie selbst hat den Eindruck, dass in ihrer Gemeinde die Meinung der jungen Leute gern angehört wird, und diese Chance gelte es zu nutzen, um mit einem Maß an Motivation aktiv etwas beizutragen.

Anders als bei den Europawahlen, die ebenfalls am 9. Juni stattfinden, liegt das Wahlalter für die Kommunalwahlen bei 18 statt 16 Jahren. Zoe ist der Meinung, dass gerade auf kommunaler Ebene auch 16-Jährige mitentscheiden sollten. „Junge Menschen sind so viel näher an der eigenen Kommune dran als an Europa. Die Meinung der jungen Menschen aus dem Ort und der Verbandsgemeinde würde schon Unterschiede mit sich bringen.“ Doch Zoe ist froh, dass sie überhaupt die Chance hat, wählen zu gehen: „Es ist wichtig, dass man wählt, sich jedoch vorher damit befasst. Man darf nicht denken, dass der Wahlausgang einen nicht betrifft.“

Politisches Engagement: Interesse ja, Vorwissen nicht unbedingt

Und genau das hat Finn Mähringer (19 Jahre) aus Riesweiler getan. Er engagiert sich seit eineinhalb Jahren im Jugendparlament der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen. Vorher habe er nicht wirklich viel mit Politik zu tun gehabt. In der Oberstufe wurde sie für ihn zwar schon etwas präsenter, doch erst seit seiner Arbeit im Jugendparlament setzt er sich so richtig damit auseinander. „Ich habe dann erst mal gemerkt, wie wichtig politisches Interesse ist. Man sieht die Welt mit anderen Augen und versteht plötzlich viel mehr.“

Finn Mähringer aus Riesweiler.
Finn Mähringer aus Riesweiler.
Foto: Finn Mähringer.

Finn findet, dass man sich unbedingt eine eigene Meinung über das Geschehen bilden sollte, egal ob auf bundes- oder kommunalpolitischer Ebene. Und das Jugendparlament sei dann ein Ort, an dem man seine eigene Meinung vertreten könne. „Man sollte interessiert sein, aber muss kein politisches Vorwissen mitbringen, das kommt schon von allein“, erzählt der 19-Jährige. „Wir sind parteiungebunden und stehen nur für unsere eigene Person ein. Im Grunde kann man sagen, dass wir 13 gewählte Jugendliche sind, die etwas verändern wollen.“

Er erzählt, dass es dann zum Beispiel im Jugend-Stadtgespräch auch schon mal politischer wird, aber das hat seinen Grund: „Unser Hauptziel ist es, etwas vor Ort in der Verbandsgemeinde zu verändern.“ Und deren Mitarbeiter nehmen die jungen Leute und das Parlament auch sehr ernst. „Bei der letzten Wahl für das Jugendparlament hatten wir keine große Wahlbeteiligung. Viele jüngere, für das Jugendparlament Wahlberechtigte zeigen kein politisches Interesse und haben den Zettel wahrscheinlich einfach weggeschmissen“, erzählt Finn. Die Jugendlichen hätten einfach keine Lust, sich damit auseinanderzusetzen.

„Ich habe aber selbst auch keine Ahnung, wie man junge Menschen ans Wählen bringt“, sagt der 19-Jährige. Schon während der vier Jahre in der Schülervertretung habe er gemerkt, dass viele denken, dass es nichts bringe, seine Meinung zu äußern, da ohnehin nichts passieren würde. „Keiner setzt sich so richtig mit den Systemen auseinander und merkt so auch nicht, dass vieles hinter den Kulissen passiert und auch bewegt werden kann. Genauso ist es auch mit dem Jugendparlament. Die meisten Menschen sehen angeblich keine direkten Ergebnisse und sind der Meinung, die Arbeit wäre unnötig.“ Doch das stimme nicht. Gerade auf kommunaler Ebene kann man so viel bewegen, da ist sich Finn sicher. „Ich würde auch gern mal in den Gemeinderat gehen, um für unser Dorf etwas zu bewegen“, erzählt er.

Genau wie Zoe Bähren ist Finn der Meinung, dass junge Menschen neuen Schwung in den Gemeinderat und damit auch in die Entwicklung des Ortes bringen würden und durch ihr Engagement Gleichaltrige unterstützen und vertreten könnten. „Früher waren im Gemeinderat nur ältere Menschen, das wurde zwar mit der Zeit besser, doch immer noch sind keine ganz Jungen vertreten.“

Es ist die kleine Lücke, die noch geschlossen werden muss, daher fände ich es cool, wenn sich mehr junge Menschen dafür begeistern würden.

Finn Mähringer

In seinen Augen macht es schon einen Unterschied, ob jemand Anfang 20 oder Anfang 30 ist. „Es ist die kleine Lücke, die noch geschlossen werden muss, daher fände ich es cool, wenn sich mehr junge Menschen dafür begeistern würden“, sagt der Riesweilerer.