Rhein-Hunsrück

„Beruflich gesehen wird der Hunsrück attraktiver“

Von Jule Klein
Hannah Wagner hat als Projektmanagerin von „Gelobtes Land“ häufig Kontakt zu jungen Menschen der Generation Z.  Foto: Jaqueline Felix
Hannah Wagner hat als Projektmanagerin von „Gelobtes Land“ häufig Kontakt zu jungen Menschen der Generation Z. Foto: Jaqueline Felix

Im nächsten Teil der Serie „GenZ im Hunsrück“ geht es um die Gründe, weshalb junge Menschen im Hunsrück bleiben oder aus der Region wegziehen. Um diese einzuordnen, hat unsere Zeitung mit Hannah Wagner gesprochen. Sie ist Projektmanagerin von „Gelobtes Land“ und wirbt um Fachkräfte in der Region.

Lesezeit: 5 Minuten
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Das Projekt „Gelobtes Land“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Attraktivität des Rhein-Hunsrück-Kreises als Lebens- und Arbeitsstandort überregional zu steigern. Dabei kommt Hannah Wagner auch immer wieder mit jungen Menschen ins Gespräch und hat daher einen guten Überblick darüber, was junge Menschen über die Region denken.

Man hat das Gefühl, dass die Meinungen zum Hunsrück unter der GenZ zweigeteilt sind. Entweder man liebt es hier oder man hasst es. Wie ist denn dein Eindruck dazu? Verlassen überdurchschnittlich viele junge Menschen nach dem Abitur den Hunsrück?

Das kann man so pauschal an Generationen nicht festmachen. Mein Eindruck ist, dass es eher Typsache ist, ob man Gründe und auch den Mut hat, von hier wegzugehen. Das fällt bei jedem individuell aus. Mittlerweile geht die Tendenz auch eher dazu über, dass junge Menschen hier auf dem Hunsrück bleiben, da die Region attraktiver geworden ist.

Was genau macht die Region denn attraktiver? Die bisherigen Interviewpartner haben vor allem Familienbeziehungen und die Natur genannt.

Ja, das Umfeld spielt schon eine entscheidende Rolle. Für viele bedeutet der Wegzug aus der Region auch den Wegzug von vielleicht der gesamten Familie und dem Freundeskreis. Es ist eine große Aufgabe, ein neues Umfeld woanders wieder aufzubauen und den Kontakt zum alten mit ein, zwei Besuchen im Jahr aufrechtzuerhalten. Aber viele sind auch einfach zufrieden mit dem, was sie hier haben und wie sie hier leben.

Es lässt sich ja nicht bestreiten, dass in einigen Gemeinden der Zusammenhalt wahnsinnig eng ist und innerhalb der Gemeinschaft viel gemacht wird. Auch das allgemeine Landleben hat vor allem durch Corona wieder etwas Positives bekommen. Viele haben die Möglichkeiten, trotz Lockdown in die Natur zu gehen, sehr geschätzt, und allgemein hat die Natur in unserer Region sehr viele schöne Seiten.

Beruflich gesehen wird der Hunsrück aber auch immer attraktiver. Mittlerweile gibt es viele Ausbildungsangebote mit dualen Studiengängen, die von den Unternehmen gefördert werden. Was viele nicht wissen: Im Rhein-Hunsrück-Kreis haben wir die höchste Zahl an Arbeitsplätzen, bezogen auf die Einwohnerzahl, unter allen 24 rheinland-pfälzischen Landkreisen. Auch die Unis und Hochschulen um uns herum haben ein breiteres Angebot.

Doch der Wohnungsmarkt in den Städten schreckt viele Leute ab, umzuziehen. Die Wohnungen dort sind im Vergleich zu hier so viel teurer, dass sich viele fürs Pendeln entscheiden. Das ist ein großer Aspekt, weswegen junge Menschen auch hier wohnen bleiben. Generell ist das Finanzielle ein entscheidender Punkt. Man muss immer schauen, ob man überhaupt die Möglichkeit hat wegzugehen.

Und was sind deiner Meinung nach Gründe, weswegen junge Menschen dennoch von hier wegwollen?

Wie schon gesagt, das ist Typsache und sehr individuell. Aber diejenigen, die weggehen, haben da ganz unterschiedliche Gründe. Wenn jemand einen Berufswunsch hat, dem man im Hunsrück nicht nachgehen kann, muss er dafür eben seinen Wohnort wechseln. Andere wiederum lernen einen Partner kennen, für den sie die Region verlassen, oder aber sie haben hier nicht wirklich etwas, was sie hält, wie zum Beispiel ein soziales Umfeld.

Viele haben auch das Gefühl, mal herauskommen und etwas anderes sehen zu müssen. Sie sind getrieben, wegzugehen und neue Erfahrungen zu sammeln, und das ist auch überhaupt nichts Negatives. Im Gegenteil, es ist für die Region von Vorteil, wenn die Leute mit Erfahrungen und neuen Ideen zurückkommen und diese sich positiv auf das Leben dort auswirken.

Aber man muss auch sagen, dass viele, egal in welcher Generation, das Gefühl haben, dass es hier in der Region weniger Angebote und Möglichkeiten zum Treffen gibt. Das liegt zum Teil auch daran, dass sich seit Corona manches ins Private zurückgezogen hat. Auch fehlen hier so ein bisschen die unterschiedlichen Szenen, in denen verschiedenen Interessen nachgegangen werden kann. Dazu muss jedoch gesagt werden, dass es dennoch viele Veranstaltungen in der Region gibt. Nur diese müssen auch angenommen werden.

Kommen denn viele nach einer gewissen Zeit, etwa nach dem Studium, wieder?

Ja, es gibt verschiedene Lebensphasen, in denen sich Menschen dazu entscheiden, von hier wegzugehen oder eben auch wieder zurück in die Region zu kommen. Aber im Moment zeigt sich, dass der Zuwachs unter den 20- bis 40-Jährigen positiv ist.

Viele junge Familien ziehen hierher oder gar nicht erst weg. Einige, die wieder auf den Hunsrück ziehen, haben ihre berufliche Aus- und Weiterbildung woanders vielleicht abgeschlossen.Andere wiederum haben den Wunsch nach einem Eigenheim. In der Region sind die Preise dafür zwar auch gestiegen, aber noch lange nicht so extrem wie näher an den Städten.

Gut angebundene Neubaugebiete sind besonders attraktiv, da man von dort schnell im Rhein-Main-Gebiet oder im Raum Koblenz ist und die Grundstückspreise eben in einem preislichen Rahmen liegen. Was auch oft noch ein Argument ist, warum man wieder zurück in seine Heimat zieht, ist die Familienplanung. Man möchte, dass sein Kind naturnah und in einem sicheren sozialen Umfeld aufwächst. Und die vielen Kinder haben auch einen Einfluss darauf, dass man möchte, dass sich die Region langfristig positiv entwickelt. Auch haben viele junge Erwachsene noch ihre Eltern hier, was ihnen die Kinderbetreuung erleichtert.

Sind dir auch Gründe bekannt, weswegen junge Menschen, die ursprünglich nicht aus dem Hunsrück stammen, hierher ziehen?

Grundsätzlich kann man hier die gleichen Argumente wie bei denen, die ursprünglich aus dem Hunsrück stammen, nennen. Da wäre wieder das Argument des Landlebens, der Kosten für das Eigenheim oder das soziale Umfeld. Dazu kommt auch die Work-Life-Balance, die für die Menschen immer wichtiger wird. Unsere Region bietet Lebensqualität und einen enorm wichtigen Ausgleich. Das Leben in der Stadt bringt oftmals einen großen Stressfaktor, dem man hier nicht ausgesetzt ist.

Gibt es besondere Angebote für junge Menschen hier, von denen man vielleicht erst mal gar nicht wirklich etwas weiß?

Unser Projekt Wildwuchs zeigt ja, wie sehr sich die Möglichkeiten in den letzten Jahren weiterentwickelt haben. Wie schon erwähnt, werden die Angebote eines dualen Studiums immer breiter, und auch fördern Unternehmen einen Aufenthalt im Ausland. Heutzutage kann man hier in der Region so vielen verschiedenen Berufen nachgehen und muss dafür nicht unbedingt weggehen.

Wir vom Gelobten Land versuchen, die Vielfalt dieser Region sichtbarer zu machen. Trotz allem sei gesagt, dass am Ende alle auf kommunaler Ebene, seien es die Bewohner des Hunsrücks sowie auch die Vereine, Institutionen und Kommunen, sich mit der Attraktivität der Region auseinandersetzen und sich dafür engagieren sollten. Und dabei ist es ganz wichtig, vor allem den jungen Menschen zuzuhören und ihre Ideen anzunehmen.

Das Gespräch führte Jule Klein

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