Rheinland-Pfalz

Ob Traumschleife oder Höhenwanderweg: Klimawandel setzt Wandertourismus in Rheinland-Pfalz zu

Von Christian Schultz
Mit tollen Wanderrouten kann Rheinland-Pfalz beim Tourismus punkten. Einheimische Schmuckstücke wollen entdeckt werden, zum Beispiel Beilstein und Ellenz-Poltersdorf an der Mosel. Die Instandhaltung der vielen Wanderwege werde jedoch wegen der steigenden Zahl an Extremwetterereignissen aufwendiger, sagt Tobias Kauf, Geschäftsführer von Pfalz Touristik.
Mit tollen Wanderrouten kann Rheinland-Pfalz beim Tourismus punkten. Einheimische Schmuckstücke wollen entdeckt werden, zum Beispiel Beilstein und Ellenz-Poltersdorf an der Mosel. Die Instandhaltung der vielen Wanderwege werde jedoch wegen der steigenden Zahl an Extremwetterereignissen aufwendiger, sagt Tobias Kauf, Geschäftsführer von Pfalz Touristik. Foto: Jens Weber

Ist ein Baum umgestürzt oder hat starker Regen eine Passage rutschig gemacht? Sind die Markierungen noch zu erkennen oder gar verschwunden? Ob ein Wanderweg intakt ist und Wanderern Freude bereitet, hängt von vielen Faktoren ab. In Rheinland-Pfalz kümmern sich unter anderem Wegemanager und Wegepaten um viele Dinge – häufig ehrenamtlich. Ihre Arbeit wird in Zeiten des Klimawandels nicht einfacher, auch die Suche nach Nachwuchs kann zur Herausforderung werden.

Lesezeit: 4 Minuten
Anzeige

Extremwetter mit Starkregen und langen trockenen Phasen, mehr Borkenkäfer, Zecken und Mücken: der Klimawandel setze dem Wandertourismus in Deutschland stark zu, befindet der in Kassel sitzende Deutsche Wanderverband ganz grundsätzlich. Für Rheinland-Pfalz, wo viele Gastbetriebe gezielt Wandergäste ansprechen, ist das ein wichtiges Thema.

Erderwärmung bringt neue Herausforderungen

Der Deutsche Wanderverband widmet der Frage, wie konkret damit umgegangen werden kann, ein eigenes Projekt. Nachgedacht wird etwa über Wegempfehlungen je nach Wetter, über schattigere Routen oder über Trinkstationen. Auch soll im Zuge des zunächst bis Ende 2024 laufenden Projekts ein digitales Monitoring entstehen, um klimatische Veränderungen schneller zu erkennen und schneller und effektiver vor Ort darauf reagieren zu können.

Wer sich um einen Weg kümmert, hängt vom Pfad selbst ab. Es gibt kommunale Wege, ein Wegenetz von Wandervereinen und zertifizierte Wanderwege, sogenannte Prädikatswanderwege. Um kommunale Wege kümmern sich kommunale Mitarbeiter oder auch Bürger- und Wandervereine. Wandervereine wie der Eifelverein, der Westerwald-Verein oder der Taunusklub arbeiten häufig mit Wegewarten, die selbst Vereinsmitglieder sind.

Wegepaten kümmern sich

Am einheitlichsten geregelt ist das Wegemanagement bei Prädikatswanderwegen, deren Zertifikat alle drei Jahre erneuert werden muss und die sich allein in Rheinland-Pfalz insgesamt auf knapp 6000 Kilometer Länge erstrecken. Neben einem Wegemanager als zentralen Ansprechpartner gibt es Wegepaten, die jeden solchen Wanderweg mindestens zweimal pro Jahr abwandern, wie Karin Hünerfauth erklärt. Sie ist bei Rheinland-Pfalz Tourismus für den Natur- und Aktiv-Tourismus zuständig.

Wie hier bei Beilstein an der Mosel schlängeln sich schier unendlich viele Wanderwege durch das ganze Land. Die Erderwärmung bringt neue Herausforderungen – auch in Rheinland-Pfalz.
Wie hier bei Beilstein an der Mosel schlängeln sich schier unendlich viele Wanderwege durch das ganze Land. Die Erderwärmung bringt neue Herausforderungen – auch in Rheinland-Pfalz.
Foto: Jens Weber

Markierungen müssen erneuert oder gereinigt werden, zugewucherte Schilder sowie Rastplätze oder Bänke freigeschnitten werden: Wegepaten melden nicht sofort behebbare Mängel oder Schäden an den Wegemanager, der sich dann gegebenenfalls mit Kommune oder Forstamt in Verbindung setzt. An zertifizierten Wegen erhalten solche Paten – in der Regel Bürger oder kommunale Mitarbeiter – eine gewisse Aufwandsentschädigung, wie Hünerfauth sagt. Das Wegemanagement erledigten manche Tourismusregionen selbst, wieder andere vergeben das an Planungsbüros.

Pfalz Touristik beispielsweise hat eine Stelle für ein zentrales Management der drei 2011 eröffneten Fernwanderwege Pfälzer Höhenweg, Pfälzer Weinsteig und Pfälzer Waldpfad mit rund 500 Kilometer Länge eingerichtet, wie Geschäftsführer Tobias Kauf sagt. Für die Markierung und Begehung der Strecken gebe es eine Partnerschaft mit dem Pfälzerwald-Verein. Meldungen zu Problemen, die auch von Gästen kommen könnten, würden bei der zentralen Stelle gesammelt und weitergereicht. Ob vor Ort Mitarbeiter eines Bauhofes oder Ehrenamtliche Hand anlegten, liege in der Entscheidung der Kommune, müsse in jedem Fall aber verbindlich geregelt sein, damit Schäden möglichst schnell behoben würden.

Wie überall sei auch in diesem Bereich zu beobachten, dass ehrenamtliches Engagement weniger werde, sagt Kauf. Hinzu komme, dass die Ansprüche der Besucher gestiegen seien. Sie wollten häufig nicht in eine Karte oder eine App schauen, sondern sich auf regelmäßige Markierungen verlassen können. Bei Forstarbeiten werde eine Umleitung erwartet, auf die vor Ort und im Internet hingewiesen werden solle.

Damit all dies klappe, sei eine funktionierende Infokette nötig, zwischen denjenigen, die die Wege abliefen, Bauhöfen oder auch Forstämtern. „Eine zuverlässige Infokette aufzubauen und zu erhalten, ist die hohe Kunst des Wegemanagements“, sagt Kauf.

Wichtig sei, dass eine Region repräsentative Wege habe, „Leuchttürme“, mit denen man werben könne. Deren Instandhaltung werde wegen der steigenden Zahl an Extremwetterereignissen aufwendiger, betont Kauf. Das treibe die Kosten für die Kommunen hoch.

Hünerfauth von Rheinland-Pfalz Tourismus sagt, zertifizierte Wege müssten „unverlaufbar“ markiert sein. Helfen soll immer mehr auch die Digitalisierung. So können Probleme auf Strecken über den Tourenplaner Rheinland-Pfalz im Internet oder via App gemeldet werden, die Verantwortlichen eines Weges können dort nach Unwettern nötige Umwege einstellen.

Immer öfter sehr lokale Unwetter

Klaus Erber, Vorsitzender des Deutschen Wanderinstituts, beobachtet immer öfter sehr lokale Unwetter. Das mache regelmäßige und auch komplette Begehungen von Strecken noch wichtiger. Im Extremfall seien auf 300 Quadratmetern Bäume umgestürzt und ein Stück weiter sei davon nichts zu ahnen. „Der Klimawandel ist eindeutig zu spüren.“ Deswegen müsse auf so manches Detail an einem Weg genauer geschaut werden, etwa eine Bank unter einer alten Eiche. Während Wanderer waldtypische Gefahren, wie das Stolpern über eine Wurzel, quasi mit Betreten eines Weges akzeptierten, hafteten Wegbetreiber für atypische Gefahren, die an in den Wald gebrachten Gegenständen wie Drahtseile oder Passagen mit Holzbohlen entstehen könnten. Greifen könne das etwa, wenn ein Ast einer von Trockenheit geschwächten Eiche auf einen auf der Bank sitzenden Wanderer falle.

Vor 20 Jahren habe es noch härtere Winter gegeben, sagt Erber. Dauerfrost habe Wege austrocknen lassen. Nun blieben sie auch über den Winter feucht, könnten unsicherer werden, das Verlegen von Bohlen oder der Bau eines Steges könne nötig werden. Wanderer sollten sich klar machen, dass im Streckennetz ehrenamtliche Arbeit stecke. „Wir haben sehr gute ehrenamtliche Wegewarte. Aber auch die müssen gepflegt werden.“