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Koblenz

Eine Branche bangt ums Überleben: Wie gefährlich ist Künstliche Intelligenz für die Musikindustrie?

Coronavirus – Eröffnung der Clubs in Bayern
Die Technik ist, wie hier am Mischpult, seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Musikproduktion. Im zunehmenden Einfluss Künstlicher Intelligenz allerdings sehen viele Branchenvertreter nun eine Entwicklung zulasten der (menschlichen) Kreativität – und fürchten um ihre Jobs. Foto: Matthias Balk/dpa

Die rasante Entwicklung von KI hinterlässt nicht nur, aber auch in der Musikindustrie Spuren. In der Branche geht derzeit die Angst um; in einer Umfrage der Forschungsgruppe Goldmedia unter den Mitgliedern der Verwertungsgesellschaften Gema und Sacem gaben jüngst 71 Prozent der Befragten an, dass sie fürchten, künftig nicht mehr von ihrer Arbeit leben zu können. Wir haben mit dem Musikwissenschaftler Markus Henrik darüber gesprochen, wie akut die Bedrohung wirklich ist.

Lesezeit: 7 Minuten
Herr Henrik, weitreichende Innovationen in der Mediengeschichte gehen grundsätzlich einher mit einer (anfänglich) breiten Ablehnung, oft werden dann auch Untergangsszenarien entworfen – ob nun bei der Erfindung von Radio und Fernseher oder bei der von Auto und Internet. Ist KI also nur ein weiterer Punkt auf dieser Liste? Oder liegt ...
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KI in der Musik: So bewertet der Pirmasenser Musikproduzent Dominik Rivinius das Thema

In Pirmasens gründete Dominik Rivinius 2018 sein erstes eigenes Tonstudio, arbeitet inzwischen aber auch viel in den USA, war dort als Produzent unter anderem an Songs und Alben von Eminem, Alicia Keys oder Taylor Swift beteiligt. Wir haben ihn gefragt, wie er die Einflüsse der Künstlichen Intelligenz (KI) auf die Musikbranche aus der Innenperspektive bewertet.

Das Thema KI sei in der Musikszene extrem präsent, sagt Rivinius im Gespräch mit unserer Zeitung. „Schon jetzt gibt es beeindruckende Software, die mit einfachen Prompts (Eingaben) Songs inklusive Lyrics und Vocals erstellen kann, die oftmals von ,echten‘ Produktionen nicht mehr zu unterscheiden sind.“ Die Reaktionen auf diese Entwicklung seien in der Branche derweil zweigeteilt: „Ich beobachte, dass viele Menschen Ängste und Sorgen haben“, erzählt Rivinius, „sie tun alles, um möglichst schnell Regulierungen auf den Weg zu bringen, die verhindern sollen, dass KI unsere Arbeit als Kreative in der Musikwelt bedroht.“

Nachvollziehen könne er diese Reaktionen durchaus, glaube persönlich aber, dass es wichtiger sei, „sich mit den neuen Möglichkeiten auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie man KI als Werkzeug nutzen kann, um seine eigene Arbeit weiterzuentwickeln und Dinge zu tun, die man vorher nicht tun konnte“. Gleichzeitig, ergänzt der Produzent, müsse man auch die Fähigkeiten von KI im Blick haben und sie in Relation setzen zur Art und Weise, wie die Musikindustrie funktioniere. Dabei sei die zentrale Frage: „Was muss ich ändern, wenn es für den Konsumenten in zwei Jahren keine Rolle mehr spielt, ob ein Mensch oder eine KI den Song gemacht hat, den er gerade hört?“

Der Konsument entscheidet

Mit solchen Überlegungen beschäftige er sich aktuell, sagt Rivinius, „um dann meine eigenen strategischen Weichen zu stellen und einen Weg zu finden, zusammen mit KI gute Ideen zu realisieren, anstatt mich gegen sie aufzulehnen und den Kampf unweigerlich zu verlieren“. Denn: „Die Entwicklung kommt ohnehin, weil der Konsument am Ende entscheidet – und der wird immer die bequemste Lösung bevorzugen, nicht die nachhaltigste oder mitmenschlichste.“

Er selbst rechne gerade auch vor diesem Hintergrund damit, dass KI – nicht nur in der Musikbranche – viele kreative Jobs obsolet machen werde, besonders jene, „die über das Handwerkliche hinaus keine weitere Leistung einbringen“. Was KI hingegen noch lange nicht ersetzen könne, seien Künstler, Produzenten, Komponisten oder Songwriter, „die für etwas stehen und für die Menschen greifbar sind“. Schließlich, so Rivinius, seien Stars nicht wegen ihrer Songs berühmt. Ihr Status entspringe vielmehr „der Identifikation der Menschen mit ihrer Message, dem Auftreten, der Vision und Inspiration, die sie in die Welt bringen. Daher werden Künstler und Musikschaffende, die diesen Aspekt ausbauen und entwickeln, wahrscheinlich nicht so schnell verschwinden.“

Wobei schon jetzt auch in anderen Branchen gelte: „Wenn ich mit einem Klick eine Internetseite haben kann, die meinen Ansprüchen genügt“, so Rivinius, „brauche ich keinen Webdesigner für 5000 bis 25 000 Euro.“ Und genau so verhalte es sich am Ende auch mit dem wachsenden Einfluss von KI in der Musik, denn: „Warum sollte ich für meinen Imagefilm eine Hintergrundmusik komponieren lassen für einige 1000 Euro und dann noch jährliche Lizenzgebühren zahlen, wenn für diesen Bedarf KI-erstellte Musik vollkommen ausreicht?“

Dieser Realität müssten sich Künstler in Zukunft einfach stellen, zugleich auch Wege finden, damit umzugehen, und sich selbst fragen, „was man eigentlich noch leistet, was eine KI nicht auch kann“. Dabei, so vermutet Rivinius, gelte es in Zukunft wohl auch, sich von der Erwartung zu verabschieden, dass man für etwas bezahlt werde, nur weil man Zeit und Mühe in diese Arbeit investiert habe. Weshalb er selbst versuche, „nah an der Entwicklung von KI zu bleiben und zu verstehen, was gerade passiert und welche neuen Möglichkeiten es gibt“. Das versetze ihn „zumindest in die bestmögliche Lage, Entwicklungen abzusehen und daraus meine eigenen Schlüsse für meine Karriere zu ziehen“.

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