Moore

Katastrophe: Tornado verwüstet US-Kleinstadt

Monstersturm rast mit 300 km/h durch Vorort von Oklahoma City
Monstersturm rast mit 300 km/h durch Vorort von Oklahoma City Foto: DPA

Hier und da ragt noch ein kahler Baum aus der Schuttwüste, ohne Rinde, die Äste entlaubt und abgeknickt wie Streichhölzer. Wo früher Häuser standen, türmen sich verbogenes Metall und gesplittertes Holz, verbeulte Kühlschränke und durchnässte Sofareste zu mannshohen Bergen. Eine Ruinenlandschaft, wohin man blickt: Moore, ein Vorort Oklahoma Citys mit rund 55 000 Einwohnern, ist straßenweise buchstäblich ausradiert worden.

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Moore – Hier und da ragt noch ein kahler Baum aus der Schuttwüste, ohne Rinde, die Äste entlaubt und abgeknickt wie Streichhölzer. Wo früher Häuser standen, türmen sich verbogenes Metall und gesplittertes Holz, verbeulte Kühlschränke und durchnässte Sofareste zu mannshohen Bergen. Eine Ruinenlandschaft, wohin man blickt: Moore, ein Vorort Oklahoma Citys mit rund 55 000 Einwohnern, ist straßenweise buchstäblich ausradiert worden.

Der Weg des Tornados
Der Weg des Tornados
Foto: DPA

24 Tote wurden bisher gezählt. Es ist eine vorläufige Schätzung. Mit Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern pro Stunde war ein Monstertornado, an seiner breitesten Stelle breiter als eine Meile, am Montagnachmittag (Ortszeit) über die relativ dicht besiedelte Mitte Oklahomas gefegt. Als der Sturm abzog, konnte niemand auch nur annähernd schätzen, wie viele Gebäude zerstört waren. Von einer Grundschule, der Plaza Towers Elementary School, blieb außer eingedrückten Mauerfragmenten nichts stehen.

Überall liegen Autowracks, durch die Luft gewirbelt wie Spielzeug, an manchen Stellen zwei, drei schwere Pick-ups übereinander, als hätte ein Riese sie auf einen Schrottplatz geworfen. Helfer suchten nach Überlebenden. Allein in der Nacht zum Dienstag, im Licht von Kamerascheinwerfern, zogen sie 101 Eingeschlossene aus den Trümmern.

Zum Katastrophengebiet erklärt

Präsident Barack Obama erklärte Moore zum Katastrophengebiet, was bedeutet, dass der Bund in Washington mit schwerer Technik und Finanzspritzen Unterstützung leisten kann. Fast 30 Kilometer lang ist die Schneise, die der Tornado durch den Vorortgürtel im Süden von Oklahoma City schlug. „Wir verkrochen uns im Keller und verriegelten die Tür, als wir die Säule kommen sahen“, schildert Ricky Stover der Internetseite „The Oklahoman“.

Und weiter: „Es klang wie ein heranrasender Güterzug. Im nächsten Moment zerbrach das Schloss, die Kellertür flog auf, Glas und Schutt regneten auf uns herab. Um ehrlich zu sein, wir dachten, wir sterben, das war’s.“ Sarah Johnson musste trotz der Wetterwarnungen ins örtliche Krankenhaus fahren, nachdem ihre vierjährige Tochter Shellbie einen Asthma-Anfall erlitten hatte.Als sie den Parkplatz erreichte, prasselten Hagelkörner von der Größe von Tischtennisbällen auf den Asphalt.

Drinnen waren Ärzte und Krankenschwestern bereits in Deckung gegangen und hatten ihre Patienten, so gut es ging, in Sicherheit gebracht. Mutter und Tochter suchten Schutz unter einer Matratze, bevor auch im Medical Center von Moore die Fensterscheiben zu Bruch gingen.

Vorwarnzeit betrug 16 Minuten

James Rushing raste zur Plaza Towers School, um seinen Stiefsohn Aiden nach Hause zu holen. „Zwei Minuten nachdem ich dort angelangt war, wurde die Schule in ihre Einzelteile zerlegt.“ Der Sturm deckte das Dach ab und ließ Wände einstürzen. Offenbar suchten Lehrer und Schüler Zuflucht in scheinbar sicheren Räumen in der Mitte des Gebäudes.

16 Minuten betrug die Vorwarnzeit, als der Tornado heranbrauste und in Moore die Sirenen zu heulen begannen, in einer Gegend, in der entfesselte Naturgewalten nichts Neues sind. An derselben Stelle hatte im Mai 1999 ein verheerender „Twister“ getobt, 44 Menschen getötet und Hunderte verletzt. Wie damals endete es mit Szenen, die an eine makabre Lotterie denken lassen, je nachdem, wo die Grenzen der Schneise verliefen.

Laut Feuerwehrchef Greg Harmon sieht es auf der einen Straßenseite aus wie nach einem Erdbeben, während auf der anderen fast alles heil ist. Wetterkapriolen gehören seit jeher zum Leben in der „Tornado Alley“ im mittleren Westen, dem Prärieland von Iowa bis nach Oklahoma. Dort prallt kühle, trockene Luft, die sich von den Rocky Mountains nach Osten bewegt, auf die heißen, feuchten Luftmassen, die vom Golf von Mexiko nordwärts strömen.

Aus den Gewitterfronten, die sich an der Schnittstelle bilden, entwickeln sich beim „perfect storm“, wie die Meteorologen den gefährlichsten Mix nennen, Superzellen, die ganze Tornadowellen in Gang setzen. Den traurigen Rekord hält der „Super Outbreak“ vom April 1974: 147 rotierende Luftsäulen, die binnen zwei Tagen in 13 US-Staaten tobten, von Ohio im Norden bis Alabama im Süden, und 308 Menschenleben forderten.

Von unserem USA-Korrespondenten Frank Herrmann