Zwilling mit drei Jahren Vorteil – Test: Mitsubishi Colt

Von Holger Holzer, SP-X
Der Mitsubishi Colt basiert auf dem Renault Clio
Der Mitsubishi Colt basiert auf dem Renault Clio Foto: Mitsubishi

Der Mitsubishi ist so ein guter Kleinwagen wie der Renault Clio, mit dem er sich über 99 Prozent der Komponenten teilt. Eines hat er dem Franzosen aber voraus.

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SP-X/Köln. Allianzen machen im besten Fall ihre Mitglieder stärker. Bei Mitsubishi zumindest hat das geklappt: Die japanische Marke hat dank der Verbindung mit Renault-Nissan nach einem knappen Jahrzehnt Pause in Europa endlich wieder einen Kleinwagen im Programm. Und zwar einen, der seinem nächsten Verwandten sogar eines voraushat.

Der Mitsubishi Colt basiert auf dem Renault Clio
Der Mitsubishi Colt basiert auf dem Renault Clio
Foto: Mitsubishi

Es ist nicht zu übersehen: Der seit Ende 2023 angebotene Colt ist ein mäßig gut getarnter Renault Clio. Viel Aufwand haben die Japaner nicht getrieben, um den Franzosen in die eigene Modellpalette einzugemeinden. Ein Logo an der Front, eines auf dem Heckdeckel und eines auf dem Lenkrad – das war es fast schon. Unterschiede hingegen gibt es bei Ausstattungslinien und Motorenpalette, der im Testwagen montierte Hybridantrieb mit 105 kW/143 PS ist aber für beide Modelle zu haben.

Der Mitsubishi Colt ist 4,05 Meter lang
Der Mitsubishi Colt ist 4,05 Meter lang
Foto: Mitsubishi

Die Kombination aus Benziner und E-Antrieb spielt eine Doppelrolle im Portfolio, will sowohl mit den besten Fahrleistungen als auch mit dem niedrigsten Verbrauch punkten. Und das gelingt im Mitsubishi so gut wie schon im Renault. Die recht aufwändige Kombination aus Verbrenner, verschiedenen Getrieben und insgesamt drei einzelnen Elektromotoren arbeitet gleichzeitig geschmeidig und kraftvoll. Spürbares Schaltruckeln gibt es ebenso wenig wie eine nervige Anfahrschwäche. Und auch beim städtischen Zwischenspurt gefällt die ansatzlose Elektro-Schubkraft. Der Verbrenner ist in der City überraschend häufig gar nicht gefragt, schaltet sich vor allem außerorts und auf der Autobahn dazu. Lässt man es ruhig angehen, wirkt die Motorenkombination auch dort souverän und ausreichend kräftig. Lediglich bei höherer Leistungsanforderung, etwa beim Überholen, zeigt der Verbrenner mit lautem Dröhnen an, dass er stärker gefordert ist. Die flotte Kurvenfahrt liegt dem Colt auch nicht wirklich, hat die Automatik doch bei wechselndem Tempo gelegentlich Schwierigkeiten, die passende Übersetzung zu finden.

Selbstverständlich ist das digitale Zeitalter auch im Colt angekommen
Selbstverständlich ist das digitale Zeitalter auch im Colt angekommen
Foto: Mitsubishi

Auch wenn der Hybrid auch gut für flotte, aber entspannte Autobahn- oder Landstraßentouren taugt, ist sein bevorzugter Lebensraum die Stadt. Dort kommt er mit deutlich weniger als 4 Litern Kraftstoff je 100 Kilometern aus. Auf der Autobahn zeigt die Bordcomputeranzeige auch mal eine hohe Fünf oder niedrige Sechs. Der Normverbrauchswert von 4,2 Litern im Mix fällt unterm Strich wohl etwas zu optimistisch aus, mit rund 5 Litern zählt der Mitsubishi in der Praxis aber auf jeden Fall zu den sparsamsten Vertretern seiner Klasse.

Beim Hybrid fällt der Kofferraum etwas kleiner aus als bei den Verbrennermodellen
Beim Hybrid fällt der Kofferraum etwas kleiner aus als bei den Verbrennermodellen
Foto: Mitsubishi

Auch an anderer Stelle leistet sich der Colt keine Schwächen. Bis auf die fehlende Eigenständigkeit. Denn die Liste der guten und schlechten Eigenschaften liest sich wie die des Clio. So punktet der Japaner wie schon der Franzose mit einem schönen, wertigen und ergonomisch gut geschnittenen Innenraum. Zentrales Element ist der hochkant stehende Bildschirm, auf dem wahlweise die gut zu bedienende Hersteller-Software läuft oder die immer noch eine Spur bessere Alternative von Google („Android Auto“) oder Apple („Car Play“). Eine Kabelverbindung ist dazu nicht nötig.

Kombiniert ist der Hybrid mit einem stufenlosen Getriebe
Kombiniert ist der Hybrid mit einem stufenlosen Getriebe
Foto: Mitsubishi

Das Platzangebot ist vorne gut, hinten geht es der Klasse entsprechend deutlich enger zu – für vier große Erwachsene ist der Fünftürer auf Dauer zu eng. Im Fond sorgen außerdem die abfallende Dach- und die aufsteigende Schulterlinie im Zusammenspiel mit dem kleinen Heckfenster für eine etwas düstere Atmosphäre. Zudem mangelt es an Ablagen. Der Kofferraum fällt für einen Kleinwagen vergleichsweise groß aus, wegen der hohen Ladekante und des beim Hybrid fehlenden doppelten Ladebodens ist die Nutzbarkeit allerdings nicht optimal. Hinzu kommt, dass sich Mitsubishi anders als Renault einen Knopf zum Entriegeln gespart hat, weshalb man zum Öffnen immer die Fernbedienung auf dem Autoschlüssel nutzen muss.

Der neue Mitsubishi Colt ist ein naher Verwandter des Renault Clio
Der neue Mitsubishi Colt ist ein naher Verwandter des Renault Clio
Foto: Mitsubishi

Bei der Preisstruktur setzt sich der Mitsubishi-Hybrid vom Renault ab. Mit einem Startpreis von 26.200 Euro ist der Colt fast 3.000 Euro teurer, bietet aber bereits eine umfangreiche Ausstattung. In der günstigsten Variante „Plus“ sind unter anderem Rückfahrkamera, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, beheizbares Lederlenkrad und Klimaautomatik Serie. Und auch die „Top“-Variante mit Quasi-Vollausstattung bleibt noch knapp unter der 30.000-Euro-Schwelle. Wirklich absetzen kann sich der Japaner von seinem französischen Verwandten allerdings in einem anderen, wichtigen Punkt: Mitsubishi gewährt eine Garantie von 5 Jahren, bei Renault zahlt man schon nach zwei Jahren die Reparaturen selbst.

Für das Colt-Comeback hat sich Mitsubishi die richtige Plattform gewählt. Der Clio-Zwilling ist wendig und sparsam und wirkt im Innenraum zumindest vorne sehr erwachsen. Eine eigene Identität hat der Japaner nicht entwickeln dürfen, so dass sein stärkstes Argument gegenüber dem Renault seine lange Garantie ist. In dieser Klasse ist das aber viel Wert.

Technische Daten – Mitsubishi Colt Hybrid:

Fünftüriger Kleinwagen mit fünf Sitzplätzen, Länge: 4,05 Meter, Breite: 1,80 Meter, Höhe: 1,44 Meter, Radstand: 2,58 Meter, Kofferraumvolumen: 301 – 979 Liter

Hybrid: 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner, 69 kW/94 PS, Elektromotor: 36 kW/49 PS, Systemleistung: 105 kW/143 PS, maximales Drehmoment: 148 Nm bei 3.200 bis 3.600 U/min (Benziner), 205 Nm bei 200 bis 1.677 U/min (Elektromotor), Automatik mit zwei plus vier Gängen, Vorderradantrieb, 0-100 km/h: 9,3 s, Vmax: 180 km/h, Durchschnittsverbrauch: 4,1 l/100 km (WLTP), CO2-Ausstoß: 92 g/km, Testverbrauch: 5,0 l/100 km, Preise: ab 26.200 Euro.

Kurzcharakteristik – Mitsubishi Colt:

Warum: sparsamer Antrieb, wertiger Innenraum

Warum nicht: enger Fond, unharmonischer Antrieb bei schneller Fahrweise

Was sonst:  Renault Clio, Toyota Yaris, Volkswagen Polo

Holger Holzer/SP-X