Rheinland-Pfalz

Leerstand allerorten: Was aus den Filialen wurde

Ein Jahr nach dem Ausverkauf bei Schlecker stehen noch immer knapp zwei Drittel der einst 5500 Ladengeschäfte in Deutschland leer. Das geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft für das „Handelsblatt“ hervor. Dabei handelt es sich um eine Hochrechnung. Sie basiert auf Informationen zu 500 ehemaligen Schlecker- und IhrPlatz-Filialen, die „Handelsblatt“-Online-Leser gesammelt haben.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Zum ersten Mal hat damit jemand ermittelt, was aus den Filialen in Deutschland geworden ist. Denn zentral erfasst wurde das nach der Schlecker-Pleite nicht – weder von offiziellen Stellen, noch von der Insolvenzverwaltung. Entsprechend schwierig ist es, Informationen über die ehemaligen Schlecker- und IhrPlatz-Läden in Rheinland-Pfalz zu bekommen.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Mainz sagt: „Was wir wissen, ist, dass es keine Großübernahmen durch andere Ketten gegeben hat.“ Konkrete Zahlen liegen dort jedoch nicht vor. Unsere Reporter haben sich deshalb in Gemeinden und Städten im nördlichen Rheinland-Pfalz umgehört.

Ein Überblick:

In Mayschoß (Kreis Ahrweiler) ist es fast so, als hätte es die Schlecker- Pleite nie gegeben: Der Markt steht noch, inklusive Regalen voller Shampoo, Zahnpasta und Cremes. Einkaufen kann man dort aber nicht. Wie die Insolvenzverwaltung mitteilt, überließ sie die Abwicklung den Vermietern, wenn der Ertrag der Räumung für sie kleiner war als die Kosten für die Logistik. In Mayschoß ist bisher nichts passiert. Der Vermieter war für unsere Zeitung nicht zu erreichen.

Leer stehen noch immer viele der ehemaligen Schlecker- Filialen in Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz. Das gilt sogar für eigentlich beliebte Lagen in der Innenstadt. Erfolgsgeschichten wie die der ehemaligen Schlecker-Frau Mirella Greco aus der Rheingemeinde Spay, die dort in ihrer ehemaligen Filiale einen Dorfladen eröffnet hat, sind rar.

Im Koblenzer Stadtteil Metternich sichert ebenfalls ein Dorfladen die Nahversorgung. In Weißenthurm ist ein Gastronomiebetrieb in die ehemaligen Schlecker-Räume eingezogen. In Polch wurde die Ladenfläche geteilt. Eine Hälfte hat ein Optiker gemietet, die andere Hälfte steht leer.

Auch im Kreis Neuwied stehen die meisten der 14 ehemaligen Schlecker- Läden noch leer. Doch mancherorts kommt Bewegung in die Sache. In Waldbreitbach hieß es zunächst, der österreichische Schlecker- Nachfolger Dayli würde übernehmen, doch dann geschah nichts. Am 1. Juni hat nun ein Pflegedienst sein Büro in den Räumen eröffnet.

In Oberhonnefeld-Gierend ist schon im August 2012 ein Matratzengeschäft eingezogen. In Rheinbrohl hat ein Autoservice das komplette Haus, in dem sich die Schlecker-Filiale befand, gekauft. Ein Einzelhändler ist dort nicht eingezogen.

Ein Gebrauchtwarenhändler hat sich die ehemalige Schlecker-Filiale in Bad Ems gesichert. Günstige Haushaltswaren gibt es nun im ehemaligen IhrPlatz in Altenkirchen. Die ehemaligen Schlecker-Räume dort werden noch bis August als Ausstellungsraum für das Straßentheaterfestival genutzt. In den ehemaligen IhrPlatz in Betzdorf zieht demnächst eine Bäckerei ein. Darüber hinaus herrscht aber auch im Kreis Altenkirchen Leerstand.

Für die meisten Schlecker-Filialen im Kreis Cochem-Zell hat sich bisher kein Nachfolger gefunden. Eine ehemalige Schlecker-Angestellte hat allerdings den IhrPlatz in Cochem übernommen, zu kaufen gibt es dort Drogerieartikel.

Ehemalige IhrPlatz-Angestellte arbeiten auch in Baumholder (Kreis Birkenfeld) wieder in einem Drogeriemarkt. Die Geschwister Kemmer haben dort die Drogerie am Marktplatz – mit 33 Jahren einen der ältesten IhrPlatz-Märkte im Land – wiedereröffnet. Zwei der drei Verkäuferinnen arbeiteten zuvor bei IhrPlatz in Idar-Oberstein.

In der Neustadt in Mainz ist die Schlecker-Filiale in der Boppstraße geteilt worden. Nutzer sind eine Fahrschule und ein Computergeschäft. In der Hindenburgstraße ist ein türkischer Minimarkt namens „Babylon“ eingezogen. Viele der Filialen in der Landeshauptstadt stehen jedoch nach wie vor leer – wie viele genau, können offizielle Stellen nicht sagen.

Einen Erklärungsansatz für die ernüchternde Bilanz liefert Immobilienmakler Gerd Schumacher aus Linz (Kreis Neuwied). Schlecker konnte Mieten bezahlen, die sich potenzielle Nachfolger ohne Kette im Rücken erst einmal leisten können müssen: „Eine Kaltmiete von 800 oder 1000 Euro müssen Sie erst mal wieder reinkriegen“, sagt Schumacher. Das gelte besonders für die Filialen in kleineren Orten.

Von unseren Reportern