Die erste Infektion mit dem Coronavirus ist in Rheinland-Pfalz am 26. Februar 2020 nachgewiesen worden. Keinen Monat später wurden am 16. März aus Sorge vor der raschen Ausbreitung die Schulen geschlossen. Zwei weitere Tage später folgten auch viele Geschäfte, Kneipen und Freizeiteinrichtungen wie Kinos und Museen. Größere Feiern wurden im Kampf gegen das Virus untersagt. Vom 21. März an waren auch Versammlungen von mehr als fünf Menschen verboten, Restaurants mussten geschlossen bleiben. Erstmals gelockert wurde ab dem 4. Mai. Was hat der Lockdown gebracht, was sind die Lehren daraus?
1Die Sicht des Virologen: Der Mainzer Virologe Bodo Plachter weist darauf hin, dass es vor zwei Jahren kaum Möglichkeiten einer Therapie gegen Covid-19 und auch keine Impfstoffe gegeben habe.
Er zeigte Verständnis für den Lockdown: Trete ein neues Virus auf, sei es sinnvoll, „möglichst schnell strenge Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehört im Prinzip auch der Lockdown“, sagte er. Es sei darum gegangen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, wie man das zuvor in anderen Ländern habe beobachten können.
Ausschließen kann man nichts
Mittlerweile habe sich die Situation geändert, da es einen relativ guten Schutz durch Impfstoffe gebe, sagte der Virologe weiter. Trotz sehr hoher Infektionszahlen gebe es derzeit keine deutliche Überlastung des Gesundheitssystems. Hundertprozentig auszuschließen sei eine derart eingreifende Maßnahme aber nicht, falls ein neuer Erreger auftrete oder eine neue Virusvariante, die die Impfung komplett umgehen würde.
2Der Verlauf: 67 Covid-19-Patienten lagen nach Angaben des Gesundheitsministeriums am 20. März 2020 wegen einer Covid-19-Infektion im Krankenhaus, zwölf von ihnen auf Intensivstation. Landesweit gab es damals bis zu 804 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit. Diese wurden ab dem 24. November auf 1348 hochgefahren. Seit dem 18. August 2021 sind es noch 1340.
Krankenhäuser haben profitiert
Der Lockdown machte sich in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen positiv bemerkbar. Am 3. April 2020 lagen erstmals mehr als 300 Menschen (306) mit Covid-19 im Krankenhaus. Nach 391 Fällen am 16. April ging die Zahl auf nur noch zehn am 18. Juni zurück. Im Herbst kam es dann wieder zu einem deutlichen Anstieg auf den bisherigen Höhepunkt von 1160 am 29. Dezember 2020.
Wann Ungeimpfte in der Pflege zahlen
In Deutschland gilt ab heute die sogenannte einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht. Bis gestern (15.3.) mussten Beschäftigte etwa von Pflegeeinrichtungen, Kliniken und Arztpraxen gegen das Coronavirus geimpft oder genesen sein und entsprechende Nachweise vorlegen.
Ab heute (16.3.) können Gesundheitsämter nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums die Impfpflicht in diesen Berufen umsetzen und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. In Rheinland-Pfalz werden ungeimpfte Mitarbeiter aufgefordert, die erforderlichen Nachweise vorzulegen; sie erhalten dafür eine Frist von zwei Wochen. Sollte der Nachweis auch dann nicht erbracht werden, wird im Regelfall ein Bußgeld von 500 Euro verhängt. Zudem werde den Beschäftigten verboten, die Einrichtung zu betreten.
Zuletzt wurden mehr als 800 Menschen mit einer Coronavirus-Infektion im Krankenhaus behandelt. Der Anteil der Patienten auf den Intensivstationen lag zu Beginn (20. März 2020) bei 18 Prozent und erreichte im Juni 2020 mit 63 Prozent den bisherigen Höhepunkt. Zuletzt waren es nur noch 11 bis 12 Prozent.
3Schulen und Kitas: Am 16. März 2020 wurden alle rund 1600 Schulen und mehr als 2500 Kitas geschlossen. In den leeren Schulen begannen kurz darauf die Abiturprüfungen.
Für Kinder ohne Betreuungsmöglichkeit fand eine Notbetreuung statt. Am 27. April, sechs Wochen später, setzte die schrittweise Wiederöffnung der Schulen ein – unter den Bestimmungen eines strengen Hygieneplans. Aber die Pandemie prägt den Schulalltag bis heute.
Einschulungen mit Frischluft
Auch im Sommer 2020 fanden Einschulungen meist im Freien statt. Im Winter 2020/21 gingen die Schulen stufenweise zum Wechselunterricht oder zeitweise auch ausschließlich zum Fernunterricht über. Mit regelmäßigen Corona-Tests ab März 2021 setzte eine neue Phase ein.
Auch mit Blick auf die zunehmend sichtbaren nachteiligen Folgen bekam der Präsenzunterricht im Klassenraum absolute Priorität. Die Maskenpflicht an den weiterführenden Schulen soll jetzt doch noch nicht ab dem 20. März, sondern erst ab dem 2. April fallen. Auch getestet wird weiterhin.
4Auswirkungen auf den Einzelhandel: „Die Folgen des Lockdowns waren und sind verheerend. Kunden konnten nicht mehr in die Läden kommen, Ware konnte nicht veräußert werden, was insbesondere den Modehandel im wichtigen Frühjahrsgeschäft hart traf“, erinnert sich Thomas Scherer, Geschäftsführer des Handelsverbandes Rheinland-Pfalz. Die Hilfen des Bundes seien nur spärlich geflossen, und das Land Rheinland-Pfalz habe zunächst auch nur in Einzelfällen zusätzliche Kredite, aber keine nicht rückzahlbaren Hilfen geleistet, kritisierte er.
„Die jahrelange Arbeit der Unternehmer, ihr Engagement wurde von einem auf den anderen Tag missachtet“
Thomas Scherer, Handelsverband RLP
Der Lockdown habe den Handel aber nicht nur finanziell, sondern auch psychisch getroffen. „Die jahrelange Arbeit der Unternehmer, ihr Engagement wurde von einem auf den anderen Tag missachtet“, kritisierte er. Hilflosigkeit, Existenzangst und Verzweiflung hätten sich breitgemacht. Viele Unternehmer hätten diese Maßnahme nicht nachvollziehen können, und sie hätten das Vertrauen in die Politik verloren.
5Folgen für die Gastronomie und Hotellerie: Die „quälend langen Monate des pauschalen Lockdowns“ hätten viele Betriebe – trotz aller Wirtschaftshilfen – in Existenznot gebracht, sagte der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga), Gereon Haumann, im Rückblick.
Mitarbeiter gehen der Gastronomie verloren
Neben den hohen Umsatzverlusten habe das Gastgewerbe in dieser Zeit ein Viertel der Mitarbeiter verloren, da diese keine Perspektive mehr für einen sicheren Arbeitsplatz im Gastgewerbe gesehen hätten.
„Schließungen oder Teilschließungen von Betrieben sind nutz- und wirkungslos, das zeigt die Erfahrung der vergangenen Zeit“, erklärte Haumann. Inzwischen gebe es wissenschaftliche Studien, die belegten, dass die wahren Infektionsherde insbesondere in privaten Wohnräumen liegen. „Eine erneute Schließung würde Hunderte Betriebe in ihrer Existenz gefährden, Tausende Arbeitsplätze erneut infrage stellen.“
RLP hält an Corona-Regeln fest
In Rheinland-Pfalz bleiben die gültigen Corona-Schutzmaßnahmen bis zum 2. April bestehen. Das teilte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) nach einer Sitzung des Kabinetts mit. Die Landesregierung nutzt damit eine Übergangsfrist, eigentlich sollen ab dem 20. März die meisten Regeln fallen.
Hierzulande gilt bis Anfang April: Überall dort, wo der Impf-, Test- oder Genesenenstatus kontrolliert wird, muss überwiegend keine Maske getragen werden. Im Einzelhandel und anderen nicht kontrollierten öffentlichen Bereichen gibt es nach wie vor eine Maskenpflicht.
Auch an den weiterführenden Schulen gilt sie für weitere zwei Wochen. Wegen der Vorgaben des Bundesrechts entfallen ab Sonntag Abstandsgebote, Kapazitäts- und Kontaktbeschränkungen. Volle Fußballstadien sind wieder möglich, auch in Rheinland-Pfalz. bas