Sie müssen allerdings nicht ganz auf den Vortrag verzichten: Auf Anfrage unserer Zeitung hat Lars Reichow seinen Beitrag in einer speziell bebilderten, textlich aber ungekürzten Version in die Kameras unserer Redaktion gesprochen. Das so entstandene Video ist abzurufen unter Rhein-Zeitung.de
“Lars bleibt Lars„ lautet der Titel des Videos – durchaus programmatisch zu verstehen: Der Vortrag ist typisch Reichow – politische Gags wechseln sich ab mit echt' Meenzer Kokolores. So darf eine Schalte zum “Wiesbaden-Korrespondenten„ Peter Saditzky nicht fehlen. Der Vortrag hat aber auch ernste Momente – Reichow spricht eindringlich über Themen, die ihm viel bedeuten und die er auch in der Fastnacht, einem “Fest für Demokraten„, wie er sagt, repräsentiert sehen will: die Ukraine oder auch die AfD.
Hat es mit seinen klaren, mitunter brettharten Bemerkungen zur AfD zu tun, dass er nicht bei “Mainz bleibt Mainz„ dabei ist? Im vergangenen Jahr gab es eine gewisse Aufregung um Reichows Auftritt bei dem Sitzungsklassiker. In der SWR-Liveübertragung, die in der ARD vor einem Millionenpublikum lief, bezeichnete er die AfD-Bundestagsfraktion als “Haufen ungehobelter Arschlöcher“. Eine Wortwahl, die durchaus für Diskussionsstoff sorgte – nicht nur innerhalb der Sendergremien. Auch manchem Zuschauer stieß die Passage auf – ist das noch Fassenacht?
ZDF: Redner werden alle Facetten der aktuellen Lage betrachten
Das ZDF beantwortete die Frage unserer Redaktion, ob ein Zusammenhang besteht, nicht. „Die ZDF-Redaktion sieht die Aktiven von MCV, MCC, KCK, GCV bei den Sitzungen vorab live und stellt dann das Programm für die Fernsehsitzung in enger Absprache mit den vier Vereinen zusammen. Es gibt keinerlei Einflussnahme von außen. Die politischen Redner werden auch dieses Jahr alle Facetten der aktuellen Lage im In- und Ausland kritisch und treffsicher betrachten“, hieß es lediglich vom Lerchenberg.
Was also steckt hinter der Ausladung? Auch wegen des Schweigens des Senders entspinnen sich nun unschöne Diskussionen. Ist Reichow zur „persona non grata“ geworden, weil er in der Sendung von 2023 die AfD mit derbem Vokabular direkt ansprach? War er als nie ganz unumstrittener sogenannter Profi zwischen den anderen in der Sendung auftretenden Rednern und Gruppen, die als Amateure in die Bütt oder auf die Bühne gehen, nicht mehr vermittelbar? Oder hat er einfach in diesem Jahr nicht ins immer sehr enge Gefüge der Sendung gepasst?
Reichow selbst hält das Vorgehen des ZDF für ungeschickt. „Allein, um diesen Diskussionen zu entgehen, hätte man mich auftreten lassen sollen. Außerdem deckt jetzt niemand, so wie ich das tue, bestimmte Themen der Zeit ab.“
Dutzende Fans bedauerten Reichows Fehlen
Auch viele Stammzuschauer der Sendung reagierten enttäuscht. “Schade, Reichow ist für mich immer ein Höhepunkt der Sitzung„, lautete eine beispielhafte Reaktion einer Leserin unserer Zeitung. Auch in sozialen Netzwerken und bei Reichow selbst meldeten sich Dutzende Fans und bedauerten die Nichtberücksichtigung.
"Die AfD-Fraktion im Bundestag ist ein Haufen ungehobelter Arschlöcher": Dieser Satz, live im Fernsehen ausgesprochen vderor einem Millionenpublikum, brachte Lars Reichow im vergangenen Jahr Beifall ein - und harsche Kritik.Lars Reichow im Interview: Die AfD ist eine optische Täuschung
“Schade um den schönen Vortrag„, hatte der Kabarettist im Gespräch mit unserer Zeitung gesagt, nachdem er von der Entscheidung des Senders und der Vereine erfahren hatte. Wie immer hatte er seinen Beitrag im Vorfeld mehrfach bei Sitzungen in Gonsenheim getestet – mit großem Erfolg, wie er schilderte: “Es gab Standing Ovations.„ Und auch bei der “Symphonie fastnachtique" im Mainzer Staatstheater kamen Teile des Textes sehr gut an.
Auch deshalb entstand in der Redaktion unserer Zeitung die Idee, Reichow zu bitten, den Vortrag vor unseren Videokameras zu halten. Der Künstler war einverstanden – vor allem, weil er so die Chance sieht, dass doch noch Aufmerksamkeit auf die ihm wichtigen Themen gelenkt wird. Dabei denkt er vor allem an die Unterstützung für die Menschen in der Ukraine, für die er sich auch abseits der Fastnacht mit Verve einsetzt. Und: Auch auf die AfD geht er im verfilmten Beitrag ein. Lars bleibt eben Lars.