Dernbach/Westerwald

Wie sich der Kliniksektor entwickelt: Krankenhaus in Dernbach erwartet mehr Geburten

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Die Schließung der Geburtsstation in Hachenburg hat Auswirkungen auf das Krankenhaus in Dernbach. Foto: Markus Eschenauer

Zum 29. Februar schließt die Geburtsstation im Krankenhaus Hachenburg. Damit bleibt werdenden Müttern im Westerwaldkreis nur der Weg nach Dernbach. Für das dortige Herz-Jesu-Krankenhaus bedeutet diese Entwicklung ebenfalls einige Veränderungen. Das haben die Verantwortlichen bei einem Besuch der Landtagsabgeordneten Jenny Groß und der Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde (VG) Wirges, Alexandra Marzi (beide CDU), deutlich gemacht.

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Insgesamt rechnet die Geschäftsführung mit einer Steigerung der Geburtenzahlen um 200 bis 300 Geburten im Jahr durch den Wegfall der Hachenburger Geburtshilfe, heißt es einer Pressemitteilung der Christdemokraten. Darauf muss sich die Einrichtung einstellen. „Wir sind dabei, uns sowohl personell als auch, was die Station betrifft, auf die Zunahme an Geburten vorzubereiten“, wird Sabine Raimund, Geschäftsführerin der Trägerin Katharina Kasper ViaSalus GmbH, zitiert.

Herz-Jesu-Krankenhaus weist 5 Prozent der Fälle weiter

Das Herz-Jesu-Krankenhaus in Dernbach biete eine Basisgeburtshilfe und sei damit für 95 Prozent aller Geburten im Haus genau die richtige Anlaufstelle, erklärt Gabriele Saniewski, Sektionsleiterin Geburtshilfe. Zwar sei eine Geburt immer mit einem gewissen Risiko verbunden, dennoch sei in nur circa 5 Prozent aller Fälle eine Überleitung in die kooperierenden Perinatalzentren nach Koblenz oder Neuwied notwendig. „Im Gegenteil werden uns von dort werdende Mütter zugeführt, denn diese Zentren werden oft, auch ohne dass dafür ein Anlass besteht, von besorgten Schwangeren aufgesucht“, so Saniewski weiter. Falls wirklich Grund für die Annahme einer Risikogeburt besteht, werden die Betroffenen schon vorab in einem Perinatalzenrum vorgestellt.

„Aber allgemein ist eine Geburt ein ganz natürlicher Vorgang, darum wird in der Geburtshilfe viel Wert auf die Schaffung eines Vertrauensverhältnisses, auf eine persönliche, familiäre Atmosphäre sowie eine individuelle Begleitung auch von Angehörigen gelegt“, ergänzt die leitende Hebamme Sarah Laurenz. „Bei uns verlässt keine Mutter beziehungsweise kein Pärchen das Haus, ohne gelernt zu haben, wie man ein Baby wickelt“, fasst Saniewski den ganzheitlichen Ansatz des Versorgungsangebots der Klinik zusammen.

Jenny Groß (CDU) will mehr Kinderärzte

Zur Thematik Geburtenstation ist der Abgeordneten Jenny Groß der Dreiklang von Gynäkologie, Geburtshilfe und Kinderheilkunde (Pädiatrie) wichtig, dies müsse gemeinsam gedacht werden. „Hier brauchen wir neben der Geburtenstation auch dringend mehr Kinderärzte im Kreis, die die U-Untersuchungen durchführen.“ Grundsätzlich sei das Herz-Jesu-Krankenhaus zusammen mit dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) ein ganz wesentliches Standbein für die Gesundheitsversorgung in der Region, dessen Bedeutung durch die aktuellen Entwicklungen weiter wachsen wird, so VG-Bürgermeisterin Marzi.

Dabei betont Marzi gleichzeitig, dass die Bevölkerung mitentscheidet, wie die Zukunft aussehen wird: „Weil das Krankenhaus für die Notfallversorgung unabdingbar ist, sollte man auch bei elektiven Eingriffen das wohnortnahe Angebot nutzen, denn das sind die Behandlungen, mit denen ein Haus Geld verdient. Solche Einnahmen werden dringend gebraucht, um einen Standort wirtschaftlich zu führen.“

Zu den wirtschaftlichen Herausforderungen trägt auch bei, dass die Zahl der stationären Behandlungen bundesweit immer noch unter dem Vor-Corona-Niveau liegt. In der Pressemitteilungen werden konkrete Zahlen genannt. Im Jahr 2022 waren es bundesweit 13,4 Prozent weniger. Im Herz-Jesu-Krankenhaus liegt der Rückgang bei 3,7 Prozent gegenüber 2019.

Hausärztemangel treibt Patienten in Notaufnahmen

„Dagegen ist das Patientenaufkommen in der Notaufnahme im Herz-Jesu-Krankenhaus in den vergangenen Jahren von 18.000 auf rund 23.000 jährlich deutlich gestiegen“, erklärt Geschäftsführerin Sabine Raimund und fährt fort: „Dies hat verschiedene Gründe. So führt auch das Fehlen von Hausärzten in der Region zu einem stärkeren Patientenansturm. In Nachtzeiten ist aufgrund er überlasteten Kapazitäten in den Notaufnahmen umliegender Häuser die Auslastung zusätzlich stark gestiegen.“ Schlimmstenfalls geben auch niedergelassene Ärzte zum Beispiel aufgrund des Ärztemangels die Notaufnahme im Falle ihres Urlaubs als Anlaufstelle für ihre Patienten an.

Problem in Dernbach: Platzmangel

Ein Problem, das in Dernbach besteht, ist der Platzmangel. Dazu erklärt Manfred Sunderhaus, ebenfalls Geschäftsführer der Katharina-Kasper-Gruppe: „Trotz ständiger Investitionen wie zuletzt in die völlige Neugestaltung der Geriatrischen Station ist die jetzige Gebäudeinfrastruktur nicht auf lange Sicht zukunftsfähig, weshalb wir parallel mit dem Ministerium für Gesundheit in Gesprächen über die bauliche Entwicklung unseres Krankenhaus-Campus in Dernbach sind. Mit den Alexianern haben wir einen erfahrenen Hauptgesellschafter, der uns unter anderem durch die dortige Planungsabteilung unterstützt.“

Doch dafür brauche es neben der Finanzierung vor allem Planungssicherheit, betont Sunderhaus und nennt in diesem Zusammenhang den Begriff Landeskrankenhausplan. Es müssten zukunftsfähige Strukturen für die Krankenhauslandschaft entwickelt werden. Da sind sich Sunderhaus und Groß einig.