Idar-Oberstein. Kurz vor Weihnachten und einen Tag nach dem Fest treffen sich in Idar-Oberstein auf dem Platz „Auf der Idar“ sogenannte Montagsspaziergänger: Sie hatten durch die – vom Verfassungsschutz beobachteten – „Freien Pfälzer“, dem pfälzischen Ableger der „Freien Sachsen“, überall in Rheinland-Pfalz zu Aufzügen und Versammlungen zum Protest gegen die Corona-Maßnahmen aufgerufen.
Rund 150 Anhänger der fragwürdigen Proteste sind es am 20. Dezember, deutlich weniger bei der zweiten Auflage am 27. Dezember.
Die Polizei fordert die Personen beim ersten Spaziergang mehrfach auf, die Corona-Regeln einzuhalten und sich zu entfernen: Die Veranstaltung war im Vorfeld nicht ordnungsgemäß angemeldet worden. Dieser Aufforderung kommen einige „Spaziergänger“ nur widerwillig und zögerlich nach, wie die Polizei berichtet. Mehrere strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, tätlichem Angriff und versuchter Gefangenenbefreiung werden in der Folge eingeleitet.
Darüber hinaus erstattet die Polizei mehrere Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstößen gegen die Corona-Vorschriften. In Morbach und Idar-Oberstein habe man „teils sehr aggressive Personen“ unter den Corona-Maßnahmen-Kritikern festgestellt, mehrere Personen seien kurzzeitig in Gewahrsam genommen, Platzverweise ausgesprochen und strafprozessuale Maßnahmen eingeleitet worden, sagte Polizeidirektor Ralf Krämer, der den Gesamteinsatz für die Einsatzorte in Morbach, Trier und Idar-Oberstein leitet, am Tag nach dem Einsatz.
Für die Stadtverwaltung Idar-Oberstein ist das der Anlass, dem Beispiel anderer Kommunen zu folgen, und derartige Aufmärsche in Idar-Oberstein per Allgemeinverfügung zu untersagen. Am 27. Dezember kommen die Maßnahmengegner zunächst ohne Plakate und Parolen zwischen dem Platz „Auf der Idar“ und dem Marktplatz zusammen. Laut Polizei Trier werden die Personalien von rund 40 Personen aufgenommen und 23 Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet.
Die Polizei geht davon aus, dass die nicht bekannten Veranstalter das Ende des legalen Geschehens auf dem Platz „Auf der Idar“ abgewartet hatten, um dann doch wieder zu einer Kundgebung mit Kerzen und „lauten Meinungsäußerungen“ (so ein Polizeisprecher) loszuziehen.
Seine ersten beiden öffentlichen Auftritte hat zeitgleich bei beiden Montagsspaziergängen das Demokratische Bündnis Hunsrück-Hochwald, das am 8. November gegründet worden war. Die Position der Akteure des Demokratiebündnisses ist eindeutig: Idar-Oberstein dürfe nicht die Augen verschließen, frei nach dem Motto: „Wenn ich es nicht sehe, ist das Problem nicht da, oder es geht von selbst vorbei.“ „Wir geben all jenen eine Stimme, die aus Solidarität gegenüber den Schwächeren alle verhältnismäßigen Maßnahmen unterstützen. Wir positionieren uns ganz klar gegen Hass, Hetze und Spaltung. Wir stellen uns gegen die Bestrebungen rechter und rechtsradikaler Netzwerke, unsere Demokratie zu destabilisieren und abzuschaffen“, sagt Mitinitiatorin Monja Roepke.
Die Hoffnung, dass Querdenker zu Nachdenkern würden, scheine von Woche zu Woche zu schwinden. Überall seien die „Spaziergänger“ unterwegs, „aufgestachelt und unterwandert von gewaltbereiten Rechten, von Reichsbürgern und im Schulterschluss mit ihrem verlängerten Arm in den Parlamenten, der AfD“, erklärt Roepke.