Kreis Altenkirchen

Spenden und Soforthilfe für die Flutopfer: Menschen aus dem AK-Land mit großer Hilfsbereitschaft

Von Michael Fenstermacher, Ralf Grün
Große Hilfsbereitschaft: Dennis Eichel (links), Vereinsgründer Katastrophenhilfe Rhein-Westerwald-Sieg, nimmt eine Spende der Group Schumacher für die Flutopfer entgegen, die von Andreas Schmidt angeliefert wird.
Große Hilfsbereitschaft: Dennis Eichel (links), Vereinsgründer Katastrophenhilfe Rhein-Westerwald-Sieg, nimmt eine Spende der Group Schumacher für die Flutopfer entgegen, die von Andreas Schmidt angeliefert wird. Foto: Sonja Roos

Dutzende Todesopfer, noch immer zahlreiche Vermisste und viele Hundert Menschen, die kein Dach über dem Kopf haben und mit dem Nötigsten versorgt werden müssen. Die Unwetterkatastrophe im Kreis Ahrweiler sprengt jegliche Maßstäbe – und hat auch im Kreis Altenkirchen eine große Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst.

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Vorneweg waren bereits seit Mittwochabend die Feuerwehren aus dem Kreis im Katastrophengebiet im kräftezehrenden Einsatz, den sie laut Mitteilung der Kreisverwaltung, Stand Freitagmittag, beendet hatten – und auf dem Rückweg ins AK-Land waren. Andere Hilfskräfte sind noch im Einsatz – oder schon wieder einsatzbereit. Außerdem wird Hilfe von Vereinen und privaten Initiativen organisiert. Die RZ gibt einen Überblick.

Riesengroß ist die Bereitschaft, die Flutopfer an der Ahr mit Sach- oder Geldspenden zu unterstützen. Hilfe wird auch dringend benötigt, denn den Menschen im Katastrophengebiet fehlt es teils am Zugang zu sauberem Trinkwasser, und die Stromversorgung ist vielfach noch nicht wiederhergestellt, weiß der Altenkirchener Unternehmer Dennis Eichel. „Es gibt auch keine Lebensmittelgeschäfte mehr, in denen man sich einfach etwas zu essen kaufen kann“, fügt er hinzu. „Die Notlage der betroffenen Menschen macht mich fassungslos“.

Deshalb hat Eichel mit einigen Mitstreitern gestern per „Expressgründung“ den Verein Katastrophenhilfe Rhein-Westerwald-Sieg aus der Taufe gehoben. Der Vereinszweck: In Zusammenarbeit mit etablierten Hilfsorganisationen Nothilfe leisten – zuerst im Ahrtal, aber künftig auch in anderen Krisenregionen. Durch die Vereinszugehörigkeit wird dabei der Versicherungsschutz der Helfer über die Unfallkasse sichergestellt, so Eichel.

Bereits am heutigen Samstag soll ein erster Konvoi mit Hilfsgütern in Richtung Ahr aufbrechen. Dringend benötigt werden auch weiterhin: Abgepacktes Trinkwasser in Flaschen, eingeschweißte, nicht kühlbedürftige Lebensmittel des täglichen Bedarfs (Brot, Aufstrich, etc.), neuwertige Kleidung, rezeptfreie Medikamente und Medizinprodukte wie Verbandsmaterial und antiseptische Salben sowie Corona-Schutzmasken. Mehrere Firmen hätten gleich palettenweise Wasser gespendet, so der Initiator. Dennis Eichel, der sich ehrenamtlich im Katastrophenschutz engagiert, ist es besonders wichtig, dass die Hilfslieferung koordiniert und professionell erfolgt.

„Es bringt überhaupt nichts, dort mit Privatautos hinzufahren. Das Gebiet ist auch teilweise abgesperrt“, so der Vereinsgründer. Deshalb soll der Konvoi in Abstimmung mit dem DRK aus Katastrophenschutzfahrzeugen bestehen, die mit Sonderzeichen ausgerüstet sind und mit der Einsatzleitung vor Ort kommunizieren können. Entgegengenommen werden die Hilfsgüter an der Kölner Straße 96 in Altenkirchen (Maschinen Center Eichel Westerwald). Kontakt Tel. 0177/862 11 86 oder E-Mail an deeichel@me.com

Darüber hinaus hat auch der Kreisfeuerwehrverband Altenkirchen eine Spendensammelaktion gemeinsam mit der Spedition Wolfgang Herrmann in Kirchen gestartet. Benötigt werden Erwachsenen- und Kinderkleidung in allen Größen, Schuhe, Decken, Handtücher, Hygieneartikel, Spielsachen, Tiernahrung, Haushaltsartikel und vieles mehr. Die Freiwillige Feuerwehr Altenkirchen ruft auf ihrer Facebook-Seite eindringlich zur Beteiligung auf.

„Wir waren in den letzen Tagen vor Ort und waren entsetzt über die Zerstörung von Ahrweiler. Viele Menschen haben alles verloren“, so der Appell der Wehrleute. Die Spenden können bei der Spedition Herrmann, Jungenthaler Straße 61 in Kirchen, wie folgt abgegeben werden und zwar am heutigen Samstag von 7 bis 15 Uhr und am Sonntag von 10 bis 12 Uhr. Dazu besteht heute von 8 bis 15 Uhr auch die Möglichkeit, Spenden bei der Geschäftsstelle Betzdorf des Caritasverbands Rhein-Sieg-Wied abzugeben.

Die Kreisverwaltung Altenkirchen weist unterdessen darauf hin, dass sie keine Kleider- oder Möbelspenden im Kreishaus entgegen nimmt, da es derzeit kein offizielles Hilfeersuchen gibt und aktuell auch die logistischen Möglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Sollte der Kreis eine eigene Sammelstelle einrichten, wird hierzu informiert, so die Mitteilung aus dem Kreishaus.

Landwirte aus dem Westerwald, darunter auch viele aus dem Kreis Altenkirchen, leisten derzeit Soforthilfe im Katastrophengebiet entlang der Ahr. Mitten in der Nacht auf Freitag hatte sich ihr Konvoi mit mehr als 50 Traktoren, Radladern und Lkws von Neuwied aus in Richtung Bad Neuenahr-Ahrweiler in Bewegung gesetzt. Vier Stunden später, etwa um 6.30 Uhr, erreichten sie ihr Ziel – und fanden eine Situation vor, „die nicht in Worte zu fassen ist“, wie Martin Eudenbach im RZ-Gespräch berichtet. Der Waldbreitbacher Landwirt zählt zum Vorstand des Vereins Landschaft Verbindung Westerwald-Taunus, die die Hilfsaktion in kürzester Zeit auf die Beine stellte.

Als unsere Zeitung Eudenbach in der Mittagszeit telefonisch erreichte, war er gerade dabei, eine Tiefgarage mithilfe eines mitgebrachten Güllefasses leer zu pumpen. „Sie machen sich keine Vorstellung, was hier los ist. Wir sind vom Einsatzleiter der Feuerwehr empfangen worden. Der hat im Grunde gesagt, fahrt los und helft, wo ihr helfen könnt. Es fehlt offensichtlich an Kräften und Organisation, das ist Wahnsinn.“ Jetzt würden vor allem Tiefbaufirmen mit ihrer Ausrüstung gebraucht. Zudem müsste es noch deutlich mehr Schmutzwasserpumpen geben, sagt der Landwirt.

Was die Schäden durch die Flutkatastrophe betrifft, habe Eudenbach nie Vergleichbares angetroffen. „Die Aufräumarbeiten werden Monate dauern, wenn nicht ein Jahr“, vermutet er angesichts horrender Bilder. Auf die Frage, was am Ende dieses Tages aus der Hilfsaktion wird, sagt Eudenbach: „Das steht jetzt noch nicht fest. Fakt ist, die Maschinen bleiben auf jeden Fall im Ahrtal.“ Und die Landwirte müssten dann zusehen, ob sie Übernachtungsmöglichkeiten finden können. Auch da ist ein Anwohner, der das Telefonat mit der RZ verfolgt, nicht um einen Hinweis verlegen: „Oben im Haus steht eine Wohnung leer“, sagt er und hofft sicherlich, dass die Landwirte aus dem Westerwald auch am Wochenende noch helfen.

Einsatzbereit gemeldet für die Hilfe im Katastrophengebiet hatten sich ab dem gestrigen Nachmittag auch wieder der Kreisverband des DRK mit seinen Schnelleinsatzgruppen (SEG). Das Besondere dabei: Die Rotkreuzler sind erst am frühen Freitagmorgen gegen 3 Uhr aus einem kräftezehrenden, gut 20-stündigen Einsatz im Ahrtal zurückgekehrt. „Losgefahren sind wir am Donnerstagmorgen um 7 Uhr“, berichtet Kreisbereitschaftsleiter Udo Schmidt aus Katzwinkel. 70 Einsatzkräfte in 26 Fahrzeugen umfasste die von ihm geleitete Delegation aus dem Kreis Altenkirchen.

Entsprechend ihrer Aufgabengebiete waren die drei SEG Verpflegung, Betreuung und Transport dabei über das ganze stark betroffene Gebiet verteilt im Einsatz. Die SEG Transport habe zum Beispiel Transporte von Verletzten in Krankenhäuser in Bonn, Köln oder Koblenz übernommen, da die Kliniken im Kreis Ahrweiler stark überlastet waren, so Schmidt. „Das waren zum Teil Bilder, die man nicht so schnell vergisst“, fasst er seine Eindrücke zusammen. Ähnlich wird es vielen Rotkreuzlern gehen – umso beeindruckender, dass sie nach kurzer Rast schon wieder bereitstehen.

Eine Übersicht der Spendenkontos und Hilfsangebote für die Hochwasseropfer findet man unter ku-rz.de/spenden