Autor Uli Jungbluth veröffentlichte Buch
Buch gibt Einblicke: Zur Geschichte der Wäller Jugend geforscht
Fahne mit einer Friedenstaube
Frieden war ein Anliegen der Jugend in den 1950er- bis 1970er-Jahren.
Hammerschmidt/dpa/dpa-Bildfunk. dpa

Der Westerwälder Historiker und Autor Uli Jungbluth hat ein Buch mit dem Titel „Jeans, Love and Peace“ veröffentlicht. Seine umfangreiche Recherche befasst sich mit der Geschichte der Jugendbewegung in den Kreisen Westerwald und Altenkirchen in Zeiten sich forcierender Angloamerikanisierung – also dem Zeitraum von Mitte der 1950er- bis Ende der 1970er-Jahre.

Westerwälder Jugendliche wurden damals selbst aktiv und gründeten die ersten Jugendklubs oder Jugendzentren in Hachenburg, Gehlert, Nauort und Nomborn. Weitere Jugendräume folgten in Altenkirchen, Horbach, Wirges, Montabaur, Bad Marienberg, Heilberscheid, Ransbach-Baumbach, Selters, Westerburg, Ötzingen, Limbach, Betzdorf, Höhr-Grenzhausen und Wallmenroth. „Im Zuge dessen wurden auch alternative Jugendzeitungen gegründet, um die Anliegen der Jugendlichen publik zu machen“, berichtet Jungbluth unserer Zeitung.

Mit dem Hören und Machen von Beatmusik ging eine Politisierung einher, da sich viele Jugendliche im Umfeld der Beatmusik dezidiert als Jugendliche bewusst wurden, die ihren eigenen Lebensraum beanspruchten. Aus den privaten Beatkellern/Kellerbars entstand das Bedürfnis nach Jugendklubs und Jugendzentren.

Jugendklubs boten Freiraum

Was die Jugendlichen damals bewegte, waren etwa Themen wie religiöse Toleranz, Frieden und „manipulative“ Medien. Man engagierte sich für bessere Lebensqualität und Selbstverwirklichung, Sensibilität und Kreativität, Selbstregulierung, für Entfaltungs-, Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten ohne Konsumzwang und Kontrollen.

Hierbei waren Jugendräume zum Beispiel auch Spielräume des Experimentierens, Flirtens, Knutschens mit (potenziell) gleich gesinnten Gleichaltrigen. Mit den Klubs reagierten die Betroffenen auf nicht mehr zeitgemäße kirchlicher Jugendarbeit und den Kommerz in Diskotheken, Kneipen und Kinos. „Die meisten der 19 Jugendzentren unseres Untersuchungsgebiets wurden im Zeitraum von 1968 bis 1974 gegründet. Acht von ihnen bestehen noch bis heute“, erzählt Jungbluth.

Verhältnis zur Presse schwierig

Wichtig war ein guter Kontakt zur lokalen Presse – was aber eher die Ausnahme (so in Montabaur) blieb. „Da die meisten Redakteure der etablierten Presse nichts oder nur sehr verkürzt, sinnentstellend und/oder negativ berichteten, wurden eigene Jugendzeitungen (insgesamt acht) gegründet. Damit verschafften sich die jungen Leute das erforderliche Gehör“, so Jungbluth. Vor Wahlen waren sich dann alle Parteien einig, etwas für die Jugend tun zu wollen, nach den Wahlen sah das wieder anders aus. Die Initiativgruppen wurden weiter skeptisch beäugt, ignoriert, nicht ernst genommen. Die Jugendlichen gingen daher selbst auf Raumsuche, machten Umfragen und zeigten auf Kommunalprojekte, die teurer und sinnloser waren als ein Jugendzentrum.

Protest gipfelte in Rangeleien

Die Initiativen befanden sich in dem Dilemma, einerseits Selbstverwaltung und Unabhängigkeit von kommunaler Kontrolle anzustreben und andererseits in ihren Forderungen nach Geld, Räumen und Personal auf ebendiese Kommunen angewiesen zu sein. Auf die Hinhaltetaktik, zum Beispiel der Stadt Montabaur, reagierte die Initiative mit dem ultimativ, illegalen, aber legitimen Mittel der Hausbesetzung.

Aufgrund des Bedarfs kamen die Jugendlichen in solchen Massen, dass es Konflikte mit den Anwohnern und dem Bürgermeister gab (etwa in Hachenburg). Sie erzeugten Lärm, wenn sie mit ihren Mopeds kamen, Rangeleien blieben nicht aus. Da die soziale Zusammensetzung der Besucher grob in „unauffällig“ und „verhaltensauffällig“ differenziert war, gab es unterschiedliche Ansprüche und Haltungen, engagiert oder gleichgültig. Sehr problematisch war das Ausscheiden oder Abwandern (Studium, Zivildienst, Bundeswehr) der Aktiven. Wenn sie nicht dezidiert für Nachwuchs sorgten, ging das Jugendzentrum zugrunde: Es fehlte dann die aktiv-kritische Masse, um ihm ein Überleben auf Dauer zu ermöglichen (dezidiert in Horbach).

Uli Jungbluth: „Jeans, Love and Peace. Raum-Aneignung und Gegenkultur. Zur Geschichte der jungen Leute im Westerwald.“ Bestellungen nur über den Autor (nicht im Buchhandel) per E-Mail an goebeljungbluth@aol.com