Das neue iPad im Test: Viel Licht, wenig Schatten

Mehr als drei Millionen neue iPads hat Apple innerhalb von nur 72 Stunden nach dem Verkaufsstart vor einer Woche verkauft – Rekord. Doch hält der Flachcomputer, was er verspricht? In unserem Test offenbart das iPad viel Licht und nur wenig Schatten.

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Mehr als drei Millionen neue iPads hat Apple innerhalb von nur 72 Stunden nach dem Verkaufsstart vor einer Woche verkauft – Rekord. Doch hält der Flachcomputer, was er verspricht? In unserem Test offenbart das iPad viel Licht und nur wenig Schatten.

Das neue iPad ist vor allem eins: scharf. Eine kaum für möglich gehaltene Detailtreue in der Darstellung macht das Lesen zum Vergnügen und bringt Fotos zum Strahlen.

Das erkennt man paradoxerweise vor allem an älteren Fotos auf dem neuen iPad – wenn man sie mit höher aufgelösten Fotos vergleicht. Das Auge gewöhnt sich ganz schnell an die neue Schärfe des Geräts. Und im direkten Vergleich mit dem Vorgängermodell iPad 2 oder durch Aufrufen älterer Fotos, die auf dem iPad 2 passabel aussahen, offenbart sich der neue scharfe Blick. Die alten Bilder nutzen die Fähigkeiten des neuen iPads nicht aus, und das sieht man: Wer beispielsweise seine Aufnahmen gerne beim Fotodienst Instagram veröffentlicht und dafür herunterrechnet, entdeckt in seinen Bildern auf dem neuen iPad manche bisher verborgene Unschärfe. Fotoenthusiasten dürften das neue iPad daher lieben lernen, Vielleser ebenso.

Noch viel deutlicher wird der Unterschied bei Videos. Wenn sich das Auge einmal an die Schärfe des iPads gewöhnt hat, Videos darauf in Full-HD-Qualität gezeigt wurden, dann wirken manche Videos aus dem Web plötzlich wie matschige Pixelpampe.

Das liegt an der neuen Auflösung des iPads: 1536 x 2048 Pixel zeigt das unzerkratzbare, heller strahlende Display. Der Vorgänger hatte 768 x 1024 Pixel – eine Vervierfachung also. Das Ergebnis ist schärfer als das bekannte HDTV auf dem Fernseher, und das auf einer viel kleineren Fläche als beim TV. Besonders bei der Schrift macht sich der Unterschied bemerkbar. Da sind beim Lesen keine einzelnen Pixel mehr erkennbar. Fast scheint es, als lese man in einem Hochglanzmagazin. Wer etwa die Rhein-Zeitung in unserem E-Paper unter http://epaper.rhein-zeitung.de als Abonnent aufruft, kann auf dem neuen iPad sogar die kleinsten Schriften auf der vollen Zeitungsseite lesen – und mit der Magie des iPads, dem Vergrößern durch Auseinanderziehen von Zeigefinger und Daumen, stufenlos vergrößern.

Doch wächst für diese bessere Darstellung der Aufwand – zum einen durch schnellere eingebaute Prozessoren, zum anderen durch größere Datenmengen, die fürs Ausnutzen der neuen Schärfe plötzlich transportiert werden müssen. Das kostet Strom. Und so ist der eingebaute Akku zwar um 70 Prozent größer als beim Vorgänger und das Gerät dadurch unmerklich dicker, doch haben die ersten Tests gezeigt, dass die Ausdauerleistung eher sinkt als steigt. Das allerdings auf hohem Niveau: Sieben Stunden permanentes Surfen im Internet sind damit drin oder zehn Stunden Videogucken. Das sind zwei Stunden weniger als beim Vorgänger, kann aber kaum ein Laptop. Das Testlabor von „ComputerBild“ hat herausgefunden, dass das Aufladen eines eingeschalteten neuen iPads mehr als neun Stunden dauert. Beim Vorgänger betrug dieser Wert sechs Stunden. Die Akkuleistung ist in der Summe also schwächer.

Kaum bemerkbar macht sich im Alltag die erhöhte Datenrate, mit der das iPad unterwegs per Mobilfunk Daten aus dem Internet lädt. Zwar werden dank neuer UMTS-Technik bis zu 42 Megabit pro Sekunde erreicht (statt 7,2 Mbit/s beim Vorgänger), in der Praxis dürften aber nur die wenigsten in den Genuss dieses Tempos kommen. Angeboten wird diese hohe Geschwindigkeit in Deutschland nur im Telekom-Netz und das auch nur in einem teuren Tarif „web'n'walk Connect XXL“ zu undiskutierbaren Kosten von 75 Euro im Monat. Der Otto-Normal-Surfer dürfte sich mit den für viele Anwendungen ausreichenden 7,2 Mbit/s in anderen Tarifen und von anderen Anbietern zufrieden geben, die es schon ab 7,95 Euro im Monat gibt. Wer ohnehin nur zu Hause mit dem iPad ins Internet einsteigt, mag gleich ganz auf die Mobilfunktauglichkeit verzichten. Dann ist das Basisgerät, das je nach Ausstattung zwischen 479 und 799 Euro kostet, 120 Euro billiger. Den Weg ins Internet findet es dann über ein selbst eingerichtetes WLAN-Funknetz oder im Urlaub über ein WLAN eines Hotels.

Nicht nutzbar ist in Deutschland die neue Funktechnik LTE, die das Gerät theoretisch beherrscht. Weil hierzulande andere Frequenzen eingestellt sind als in den USA, liegt der entsprechende Funkchip im iPad brach.

Es soll Leute geben, die mit dem iPad Fotos und Videos machen. Mit dem neuen iPad könnten dabei erstmals gelungene Aufnahmen herauskommen: Ein 5-Megapixel-Fotosensor schafft Filme in Full-HD-Auflösung und Fotos in brauchbarer Qualität – sieht man einmal davon ab, dass das Aufnehmen mit einem Tablett in beiden Händen kurios aussieht. Für das Schnappschussvideo im Urlaub reicht das allemal.

Nicht täuschen darf man sich, dass auch das neue iPad keinen Windows-Computer ersetzt. Fotos von einem USB-Stick oder von der Digitalkamera einzulesen gelingt nur über Umwege (zusätzliche Adapter wie das Camera Connection Kit), Drucken ist ein grundlegendes Problem, und die Steuererklärung dürfte man auf dem iPad kaum erledigen wollen. Dennoch taugt der Flachrechner wunderbar als Gelegentlichcomputer auf dem Sofa, fürs schnelle Abrufen der E-Mails oder für die Abfrage eines Rezepts in der Chefkoch-„App“.

Die App, englisch für „Anwendung“, steht für einen neuen Begriff von Programmen, die man einfach nur herunterladen und installieren kann, ohne sich mit Dateipfaden wie unter Windows beschäftigen zu müssen. Mittlerweile mehrere Millionen „Apps“ sind im iPad hinterlegt und mit zwei Fingerberührungen plus Kennworteingabe installierbar. Und teilweise zu bezahlen. Das Angebot reicht von Spielen über Rezeptsammlungen bis zu klassischen Medien. Das neue iPad setzt viele dieser Anwendungen noch besser in Szene – doch handelt es sich um einen Marktplatz, auf dem eben nicht mehr wie im Internet jeder mal eben eine sinnvolle Anwendung programmieren kann, sondern erst durch die gestrengen Apple-Richtlinien muss. Das iPad-Konzept jedenfalls hat weltweit viele Menschen überzeugt. Ob man deswegen unbedingt das neueste hochauflösendste Gerät haben muss, ist eine andere Frage. Das iPad 2 ist mittlerweile ab 399 Euro erhältlich.

Von unserem Onlinechef Marcus Schwarze