Oberkirn/Niedersohren. Das größte Fußballspiel des SV Niedersohren hat am 27. April 1980 stattgefunden – und es ist in der Saison 1979/80 auch das größte Spiel im Kreis Hunsrück/Mosel gewesen. Am letzten Spieltag der Kreisliga B Süd standen sich die punktgleichen Tabellenführer SV Oberkirn und SV Niedersohren gegenüber, der Sieger würde in die A-Klasse hochgehen. Niedersohren gewann vor mehr als 800 Zuschauern 3:2 und stieg auf.
Der RZ-Bericht vom letzten Spieltag der Kreisliga B Süd 1979/80 und insbesondere vom „Titelendspiel“ zwischen Oberkirn und Niedersohren (2:3).
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Der letzte Spieltag und die Abschlusstabelle in der Kreisliga B Süd in der Saison 1979/80. Niedersohren wurde Meister, Vize Oberkirn verlor auch das Aufstiegsspiel gegen den B-Nord-Zweiten Buch/Mörsdorf mit 4:5 nach Elfmeterschießen. Es gab in der B Süd zwei Absteiger, die in einer Entscheidungsrunde der punktgleichen Vereine Werlau, Sohren und Neuerkirch/Külz ermittelt wurden. Werlau gewann beide Spiele, Sohren und Neuerkirch/Külz stiegen 1980 in die C-Klasse ab.
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Die Mannschaften des SV Oberkirn (kniend) und des SV Niedersohren vor dem Titelfinale am 27. April 1980 in der B Süd. Geleitet wurde das Duell vor mehr als 800 Fans von Walter Desch (stehend, rechts). Niedersohren gewann am letzten Spieltag mit 3:2 und stieg in die A-Klasse auf.
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Solch ein Kopf-an-Kopf-Rennen hat es im Hunsrück/Mosel-Fußball selten gegeben. Mit 18:8 Punkten standen der SV Niedersohren und der SV Oberkirn an Weihnachten 1979 punktgleich vorne – genau wie vor dem 26. und letzten Spieltag. Niedersohren verspielte seinen Mini-Vorsprung am vorletzten Spieltag mit einem 2:2 beim TuS Kirchberg. Es kam zum Showdown in Oberkirn. Das „Titelfinale“ elektrisierte die Massen und war überall Gesprächsthema. Auch bei den Schiedsrichtern. Denn der damals noch recht unerfahrene Walter Desch, vor kurzem für seine mehr als 50 Jahre anhaltende Schiedsrichtertätigkeit geehrt, wurde für das Spiel eingeteilt. „Es gab so einige ältere Kameraden, die mich auf das Spiel ansprachen und warnten. Oberkirn war damals als recht körperbetontes Pflaster bekannt“, erinnert sich der heutige Verbandspräsident aus Alterkülz: „Da ich aber auch vorher schon in Oberkirn gepfiffen hatte, kannte ich die Stimmung.“
Mehr als 800 Zuschauer säumten bei kühlem Wetter Ende April den Rasenplatz. Niedersohrens Trainer Heinz Mähringer sorgte für eine Überraschung, er setzte seinen Torjäger Manfred „Mennes“ Herrmann auf die Bank. „Unerklärlicherweise“, erinnert sich der 69-Jährige: „Ich wollte vor Wut gar nicht mitfahren, aber die Kerle haben mich dann beschwätzt.“
Auch ohne Herrmann ging es gut los für Niedersohren, Dietmar Satter köpfte den SVN in Front. Doch Oberkirn, damals von Joachim Schneider aus Fronhofen trainiert, glich schnell durch Günther Rämmler aus und ging nach dem Seitenwechsel durch einen Elfmeter von B.W. Endres mit 2:1 in Front. Direkt danach schickte Gäste-Trainer Mähringer seinen Torjäger Herrmann doch aufs Feld. Herrmann wurde zusammen mit seinem 2016 verstorbenen Bruder Gerhard zum Matchwinner. In der 70. und 80. Minute legte „Mennes“ seinem Bruder jeweils den Ball quer, Gerhard Herrmann schob zweimal ein. Niedersohren hatte die Partie gedreht und verteidigte dank Torwart Hans-Jürgen Kunz den 3:2-Vorsprung.
Die Oberkirner waren geschlagen, zeigten sich aber als faire Sportsmänner. „Ich habe mein Bierchen und meine Bratwurst bekommen“, lacht Schiedsrichter Desch, der laut Manfred Herrmann das „Titelfinale“ sehr gut leitete. Die Niedersohrener feierten bis zum nächsten Morgen. „Wir haben die Oberkirner Party vermasselt, denn die hatten Kirmes und wollten dort die Meisterschaft begießen“, erinnert sich Herrmann: „Aber es gab keinen Stress, im Gegenteil: Wir hatten seitdem mit den Oberkirnern ein super Verhältnis.“
Den SV Oberkirn, der später im Südwestverband fast bis in die Verbandsliga aufgestiegen ist, gibt es seit 2011 nicht mehr. Der SV Niedersohren spielte nach dem legendären Aufstieg in Oberkirn nur zwei Jahre in der A-Klasse, 1982 ging es wieder bergab und 1983 in eine Spielgemeinschaft mit Sohren, die noch heute Bestand hat.