Die Branche leidet unvermindert unter den Folgen der Corona-Pandemie - Aktionstage sind am 10. und 11. September
Kinobranche leidet noch immer: 5-Euro-Ticket soll Publikum zurückholen
Manche Filme ziehen das Publikum noch stark an, etwa „Die Känguru-Verschwörung” mit Dimitrij Schaad – der Vorgängerfilm "Die Känguru-Chroniken" spielte rund 5 Millionen Euro ein. „Die Känguru-Verschwörung” von Marc-Uwe Kling läuft zurzeit im Kino. Doch insgesamt haben es die Häuser schwer.
picture alliance/dpa/X Verleih

Mit dem Begriff Katastrophe ist Kinobetreiber Ralf Holl aus dem Kino-Center Nastätten im Rhein-Lahn-Kreis vorsichtig geworden. Auch wenn er damit noch im vergangenen Jahr die Situation in der Kinobranche beschrieben hat. Doch seit er gesehen hat, was das Unwetter im Ahrtal angerichtet hat, wählt er andere Formulierungen – wenngleich sich die wirtschaftliche Lage für die Kinos seit Corona nicht geändert habe.

Aktualisiert am 05. September 2022 14:28 Uhr

Manche Filme ziehen das Publikum noch stark an, etwa „Die Känguru-Verschwörung” mit Dimitrij Schaad – der Vorgängerfilm "Die Känguru-Chroniken" spielte rund 5 Millionen Euro ein. „Die Känguru-Verschwörung” von Marc-Uwe Kling läuft zurzeit im Kino. Doch insgesamt haben es die Häuser schwer.
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„Es ist hart und schwierig und nachhaltig existenzgefährdend für viele unserer Kollegen“, sagt Holl, der auch Mitglied im Hauptausschuss des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater ist.

Im ersten halben Jahr haben die Kinos in Deutschland noch immer nicht annähernd die Besucherzahlen erreichen können wie in Zeiten vor der Pandemie. Laut Holl sind es bundesweit im ersten Halbjahr rund 31,8 Millionen Besucher gewesen – knapp 17,4 Millionen weniger als im selben Zeitraum 2019. In Rheinland-Pfalz sind die Rückgänge vermutlich sogar noch stärker ausgefallen.

Es fehlen große Säle im Land

Während die Besucherzahlen sich insgesamt wegen Corona noch nicht erholt haben, könnten die Kinos für die großen Blockbuster den Angaben nach mehr Tickets verkaufen – es fehlen jedoch die Säle. Jochen Seehuber, einer der Betreiber des „Capitol & Palatin“ in Mainz, bestätigt, dass die Besucherzahlen „vom gewohnten Maß noch weit entfernt sind“. Das betreffe insbesondere die Programmkinos, die traditionell ein deutlich älteres Publikum hätten als die Multiplexe.

Doch Ketten wie Cinestar leiden noch immer unter der aktuellen Situation. Zwar kämen die Gäste „allmählich zurück“, so Geschäftsführer Oliver Fock, aber man sei noch nicht wieder bei den Besucherzahlen des letzten Vorpandemiejahres 2019 angekommen.

Nostalgisches Flair gehört in den Mainzer „Capitol & Palatin“-Kinos dazu – da das Publikum des Programmkinos traditionell im Schnitt wesentlich älter ist als in den Multiplexkinos, macht sich hier Zurückhaltung wegen Corona auch deutlicher bemerkbar. Foto: Hannes P. Albert/dpa
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Auch Theater und Festivals betroffen

Von der negativen Entwicklung sind nicht nur Kinos betroffen, wie ein Blick in die Vorverkaufs- und Ausladungszahlen anderer Anbieter von Theatern bis hin zu Sommerfestivals zeigt. Ralf Holl bestätigt den Eindruck, dass sich vor allem die älteren Besucherschichten noch schwer tun, Veranstaltungen in Innenräumen zu besuchen. „Und das trotz all unserer Bemühungen von Hygienekonzepten und Verbesserungen der Klima- und Lüftungsanlagen“, sagt er. „Denn da tun die Kinos aktuell echt viel.“ Er selbst habe in seinem Haus in Nastätten dafür 80.000 Euro investiert. Allein in einer Stunde werde die Luft achtmal komplett ausgetauscht.

Dass die Besucherzahlen längst noch nicht die Zeiten wie vor Corona erreicht haben, ist nach Ansicht Seehubers angesichts der Umstände kein Wunder. „Die Pandemie ist nicht vorbei, die Ängste vor Ansteckung und Verschlimmerung der Situation sind nach wie vor präsent.“ Hinzu käme die überall spürbare Verteuerung: Was an Geld für Kultur ausgegeben werde, erreiche aktuell „sicher kein übliches Niveau“. In der Kinobranche käme noch hinzu, dass die Projektoren immens viel Strom verbrauchen und bald Säle beheizt werden müssen.

Energiesparen liegt auch für Kinos an

„Natürlich steht auch die Kinobranche nach 2,5 Jahren Pandemie und in Anbetracht steigender Energiepreise, der Inflation und der noch nicht endgültig absehbaren pandemischen Situation im Herbst vor großen Herausforderungen“, sagt Christine Berg, die Vorsitzende des Verbandes HDF Kino. „Aktuell kümmern wir uns sehr intensiv um das Thema Energiesparen.“

So sei man bereits dabei, ein Eckpapier zu erarbeiten, mit dem die Kinos zum Energiesparen beitragen könnten. Für die Zukunft sei sie jedoch „vorsichtig optimistisch“ und sehe einen Aufwärtstrend. Zumal auch Initiativen wie die Kampagne „Kino. Fühlst Du.“ und das bundesweite Kinofest am 10. und 11. September ganz sicher ihren Teil dazu beitragen würden, „den Besuchern vor Augen zu führen, was den Erlebnisort Kino einfach einzigartig macht“.

25 Kinos im Land machen mit

Auch Rheinland-Pfalz ist bei den beiden Aktionstagen dabei – mit 25 teilnehmenden Abspielstätten mit 136 Leinwänden und rund 23.000 Plätzen. Das sind rund ein Drittel aller rheinland-pfälzischen Abspielstätten. Alle Filme kosten einheitlich 5 Euro, zudem gibt es Rahmenprogramme und Sonderaktionen.

Eine Initiative, die auch Oliver Fock begrüßt, weil sie „so richtig Lust auf Kino machen“ könne. Deshalb beteilige sich das Cinestar mit allen 47 Standorten – darunter Mainz und Ludwigshafen – daran. In anderen Ländern wie etwa Frankreich gebe es solch ein Kinofest schon seit einigen Jahren und sei dort sehr erfolgreich.

Kino holt dich in eine andere Welt, das ist viel mehr als das Abspielen von Blockbustern.

Kinobetreiber Ralf Holl

Auch Ralf Holl setzt große Hoffnungen in solche Aktionen, um dem Publikum deutlich zu machen, dass der Erlebnisort Kino einzigartig sei und auch durch das Streamen zu Hause nicht ersetzt werden könne. „Kino holt dich in eine andere Welt, das ist viel mehr als das Abspielen von Blockbustern“, sagt er. Dies müsse man in die Köpfe der Besucher bringen und ihnen den Mehrwert verdeutlichen.

Trotz aller Probleme blickt auch Ingrid Kraus vom Kino Achteinhalb optimistisch in die Zukunft. „Ich bin eher hoffnungsvoll, weil das Kino schon zigmal gestorben ist“, sagt sie. Ganz nach dem Motto: „Totgesagte leben länger.“