Mainz (dpa/lrs) – Der Datenschutz steht nach Einschätzung des dafür zuständigen rheinland-pfälzischen Landesbeauftragten vor schwierigeren Jahren. Den Themen Wirtschaftsförderung sowie innere und äußere Sicherheit seien in dem Koalitionsvertrag von Union und SPD auf Bundesebene absolute Priorität eingeräumt worden, sagte Dieter Kugelmann der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Das durchzieht viele Passagen.»
Deutlich seltener würden der Datenschutz und die Freiheitsrechte erwähnt, das hätte er sich anders gewünscht. Dazu, was das für seine Arbeit bedeuten dürfte, sagte er: «Uns bläst der Wind ins Gesicht.» Die Arbeit für Datenschützer werde nicht leichter. Ganz unerwartet komme das nicht.
Unsicherheitsgefühl in der Gesellschaft
Der Koalitionsvertrag falle in eine Zeit einer geänderten gesellschaftlichen Grundstimmung, sagte Kugelmann. Auch in Rheinland-Pfalz sagten Menschen, sich auf der Straße nicht mehr sicher zu fühlen, trotz sinkender Kriminalitätszahlen «Es gibt ein Unsicherheitsgefühl in der Gesellschaft.» Das wolle die neue Regierung adressieren. Außerdem solle vom Koalitionsvertrag die Botschaft ausgehen: «Wir machen es der Wirtschaft leichter.»
Damit einher gehe die weit verbreitete Erzählung, dass Datenschutz eher ein Hemmnis sei. Dem wolle er entschieden entgegenwirken, betonte Kugelmann. Seine Behörde plane eine Informations-Offensive, auch ein parlamentarischer Abend in Berlin sei angedacht, um Abgeordnete zu informieren.
Im Koalitionsvertrag heißt es: «Auf europäischer Ebene wollen wir erreichen, dass nichtkommerzielle Tätigkeiten (zum Beispiel in Vereinen), kleine und mittelständische Unternehmen und risikoarme Datenverarbeitungen (zum Beispiel Kundenlisten von Handwerkern) vom Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung ausgenommen werden.» Bei einer Entlastung für kleinere Unternehmen und Vereine gehe er mit, sagte Kugelmann. Es sei zu hinterfragen, ob ein Weingut eine 40-seitige Datenschutzerklärung brauche. Lockerungen in der Datenschutz-Grundverordnung könne er sich auch bei der Nutzung von Forschungsdaten vorstellen.
Wird die Datenschutzaufsicht gebündelt?
Deutlich kritischer sieht Kugelmann eine andere Passage. In der heißt es, zur Gewährleistung einer effektiven Strafverfolgung und zügiger Verfahren sei eine grundlegende Überarbeitung der Strafprozessordnung unumgänglich. Die flächendeckende Einführung neuer oder Ausweitung vorhandener Befugnisse für Eingriffe wie der Vorratsdatenspeicherung oder der biometrischen Überwachung im Internet lehne er ab.
Auch eine Erweiterung der Kataloge der Straftaten, die Anknüpfungspunkte für besondere Ermittlungsmaßnahmen seien, halte er verfassungsrechtlich für kritisch, sagte Kugelmann. Es müsse immer zuerst geprüft werden, ob ein Ziel von Ermittlern auch mit milderen Mitteln erreicht werden könne.
Skeptisch sieht der oberste Datenschützer von Rheinland-Pfalz zudem das im Koalitionsvertrag formulierte Vorhaben, die Datenschutzaufsicht über Wirtschaftsunternehmen bei der Bundesdatenschutzbeauftragten zu bündeln. «Das ist der falsche Weg», sagte er. Seine Behörde berate viele kleine und mittelständische Unternehmen, aber auch große Konzerne im Land. Das halte er für sehr wichtig. «Kurze Wege bedeuten weniger Bürokratie, nicht mehr.»
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