Biberach. Die Aktion kommt bestens an: Mehr als 120 Rentner haben in Biberach (Baden-Württemberg) seit Januar ihren Führerschein freiwillig abgegeben – und dafür gratis eine Jahreskarte für den Nahverkehr bekommen. „Das ist eine gigantische Zahl“, freut sich Christian Walz, der städtische Seniorenbeauftragte. „Mit einer solchen Resonanz haben wir nicht gerechnet.“
Wer in der 32.000-Einwohner-Stadt mindestens 65 Jahre alt ist, erhält das kostenlose Ticket „65plus“ für einen großen und bis Ulm reichenden Verkehrsverbund – vorausgesetzt, man lässt seinen Führerschein entwerten. Regulär kostet das Ticket 518,40 Euro, eine Partnerkarte gibt es vergünstigt. Im Tausch für den Führerschein fahren Rentner ein Jahr kostenlos. Wie das Seniorenbüro feststellt, sind die meisten Umsteiger im Alter zwischen Ende 70 und Ende 80. Die Kosten teilen sich die Stadt und das Verkehrsunternehmen.
„Das Ticket soll Anreiz sein, die Angebote zu testen und den Umstieg zu erleichtern“, sagt Walz unserer Zeitung. Nach dem Gratisjahr wüssten die Senioren dann, ob sie dieses Ticket weiter nutzen, um beispielsweise öfter mit dem Zug nach Ulm zu fahren. Wer nur noch in der Stadt unterwegs ist, kaufe sich eine günstigere Jahreskarte.
Die Aktion kommt so gut an, dass jetzt auch der Kreistag Biberach diskutiert, ob er dem Beispiel folgt, sagt Walz nicht ohne Stolz. Erfunden hat er es nicht, eher abgeschaut – beispielsweise von Ulm. Aber dort sei die Nachfrage längst nicht so groß wie im daher überraschten Biberach. Anders als im Kreis Waldshut habe es in Biberach zuvor keinen schweren Unfall gegeben – eher nur Blechschäden.
Grundsätzlich fällt es kaum jemandem leicht, sich vom Führerschein zu trennen, stellt Walz klar. Schließlich gebe man ein Stück Freiheit und Selbstständigkeit preis. Aber er hört auch viel Dank für die Aktion, die einem Senior „den letzten Anstoß gab“ oder einer Seniorin „viele teure Taxifahrten erspart“. Ursula Samary