Rheinland-Pfalz

IHKs zur Lage der Wirtschaft: Trend zu Rezession verfestigt sich in Rheinland-Pfalz

Maschinenbau
"Der Trend zur Rezession verfestigt sich", sagt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Chef der IHK Koblenz. Foto: Oliver Berg/picture alliance/dpa

Die Zahlen ihrer neuen Konjunkturumfrage bezeichnen die Industrie- und Handelskammern in Rheinland-Pfalz als alarmierend: Die Stimmung hat sich insgesamt eingetrübt, die Aussichten auf die nächsten zwölf Monate sind auch nicht die besten. Die IHKs prangern einmal mehr schlechte Rahmenbedingungen für die Wirtschaft an und konstatieren: Es fehlt Vertrauen in die Wirtschaftspolitik.

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Die Konjunkturprognosen der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handelskammern (IHK) sind trübe: Laut dem neuen Konjunkturbericht für den Herbst 2024 verfestigt sich der Rezessionstrend in der Wirtschaft, teilt die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz mit.

Ein klarer Indikator für diesen Trend ist der Konjunkturklimaindex, das Stimmungsbarometer für aktuelle Geschäftslage und zukünftige Perspektiven der gewerblichen Wirtschaft. Laut der neuesten Umfrage der vier IHKs im Land ist der Index um 5 Punkte gefallen und liegt nun insgesamt bei 86 Punkten – deutlich unter der 100er-Marke, die als Grenze zwischen positiver und negativer Gesamtstimmung gilt.

Einzelhandel
„Der Trend zur Rezession verfestigt sich“, sagt Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Chef der IHK Koblenz.
Foto: Fabian Sommer/picture alliance/dpa

Die Stimmung ist also quer durch alle Wirtschaftsbereiche schlechter geworden. Mit Blick auf einzelne Branchen zeigen sich im Klimaindex aber durchaus Unterschiede: Im Dienstleistungssektor finden sich mit 93 Prozent noch die besten Werte, auch wenn die Stimmung im Frühjahr noch besser war. Hier lag sie im Klimaindikator bei 96 Punkten. Im Handel sind die Aussichten am schlechtesten, hier liegt der Index bei 76 Punkten (Frühjahr: 84 Punkte). Mit leichtem Rückgang, aber dennoch relativ konstant, steht das Baugewerbe im Klimaindex: 91 Punkte (Frühjahr: 92 Punkte)

1122 Unternehmen wurden befragt

Mit Blick auf die gesamte Wirtschaft bewerten aktuell 21 Prozent der Betriebe ihre wirtschaftliche Situation als gut. Dem stehen 30 Prozent gegenüber, die von einer schlechten Geschäftslage berichten. Die Geschäftsaussichten bleiben verhalten: 57 Prozent erwarten laut IHK für die kommenden zwölf Monate eine unveränderte Geschäftslage. 31 Prozent gehen von einer schlechteren Entwicklung aus. Lediglich 12 Prozent rechnen mit einer Verbesserung ihrer Geschäftstätigkeit. An der Herbstumfrage nahmen laut IHK-Arbeitsgemeinschaft vom 9. September bis 8. Oktober 1122 Unternehmen mit rund 152.000 Beschäftigten teil.

Es fehlt an grundlegendem Vertrauen in die Wirtschaftspolitik und an wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen.„

Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Chef der Koblenzer IHK

Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Chef der Koblenzer IHK, bilanziert angesichts dieser und weiterer Zahlen, dass sich der Trend zur Rezession in der heimischen Wirtschaft sich weiter verstärkt hat und sich zu verfestigen droht. Und: “Es fehlt an grundlegendem Vertrauen in die Wirtschaftspolitik und an wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen„, sagt Rössel. Wegen der schlechten Stimmung in der Wirtschaft hatte die IHK Koblenz jüngst einen Brandbrief an die rheinland-pfälzischen Abgeordneten des Europaparlaments sowie die Bundes- und Landtagsabgeordneten geschrieben – unterzeichnet vom gesamten IHK-Präsidium.

Auch im Konjunkturbericht findet Rössel klare Worte: Aus der Umfrage gingen einmal mehr Warnsignale hervor, die die Politik nicht weiter ignorieren könne.

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Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz und Chef der IHK Koblenz.
Foto: IHK Koblenz / Fotostudio Reuther
“Es braucht jetzt auf allen politischen Ebenen gezielte Maßnahmen, um die Belastungen zu senken und den Vertrauensverlust der Unternehmen in den Standort abbauen zu helfen.„ Die IHKs hätten schon Vorschläge für solche Maßnahmen unterbreitet, “die schon lange vorliegen„, so Rössel.

Deutliche Warnsignale

Zu besagten Warnsignalen zählt der IHK-Chef, dass die befragten Unternehmen mit jeweils 59 Prozent der Stimmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Inlandsabsatz als größte Geschäftsrisiken betrachten – bei der Frühjahrsumfrage waren es noch 4 beziehungsweise 3 Prozentpunkte weniger. Ein wachsender Faktor für die gedämpfte Stimmung in der Wirtschaft sind demnach zunehmend auch die Arbeitskosten. 55 Prozent bezeichnen sie als Risiko – und damit 6 Prozentpunkte mehr als noch bei der Umfrage im Frühjahr. Auch der Fachkräftemangel sorgt die Unternehmen (53 Prozent). 45 Prozent haben Probleme, offene Stelle längerfristig zu besetzen.

Wie steht es um Jobs?

Apropos Personal: Was die Zahl der Beschäftigten anbelangt, planen 26 Prozent der befragten Unternehmen im Land, Personal abzubauen. Nur 11 Prozent rechnen mit damit, mehr Menschen zu beschäftigen. 63 Prozent planen keine Veränderungen. Bei Investitionen – neben Arbeitsplätzen ein weiterer Indikator für Wachstum – wollen 36 Prozent der befragten Unternehmen weniger Geld ausgeben, 43 planen mit gleichbleibenden Investitionen, 21 Prozent wollen ihr Budget aufstocken.

Im Exportgeschäft erwarten ein Drittel der befragten Unternehmen Rückgänge, 11 Prozent rechnen mit einem Zuwachs – der Rest rechnet mit etwa gleichbleibendem Geschäft.

Chemieindustrie
Die Konjunktur in Rheinland-Pfalz gibt in allen Branchen nach, geht aus dem aktuellen IHK-Konjunkturbericht für den Herbst hervor. Alarmierende Zahlen gibt es besonders in der Industrie.
Foto: Uwe Anspach/picture alliance/dpa

Wie es um die “Konjunkturlokomotive Industrie„ steht

Bemerkenswert: Laut IHK liegt der Konjunkturklimaindex der Industriebetriebe bei 86 Punkten, also in etwa so stabil wie vor einem Jahr. Gleichwohl wollen sämtliche Industriebetriebe bei Personal und Ausgaben sparen und erwarten weniger Exportgeschäfte. Die aktuellen Auftragsbestände liegen laut IHK-Konjunkturexperte Fabian Göttlich auf einem Rekordtief – “mit einem Saldo von 38 Prozentpunkten„. Diese und weitere Zahlen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Industrie bezeichnet Göttlich als alarmierend: “Die Zahlen verdeutlichen die tiefe Verunsicherung in der Branche und signalisieren einen dringenden Handlungsbedarf, um einen weiteren Abwärtstrend der Konjunkturlokomotive Industrie zu verhindern."