Rzewuski ließ auf seine Weise Musik in allen Farben erscheinen, er wechselte in kluger Manier Literatur mit wirkungsvollen Improvisationen. Von dem französischen Komponisten Luise Vierne (1870–1937) stellte er zu Beginn das strahlend bewegte Allegro aus der zweiten Orgelsinfonie e-Moll als Kontrast zu seiner anschließenden Improvisation, einem zarten und gefühlvollen Adagio gegenüber, wo er mit verhaltenen, aber auch hüpfenden Passagen den Hymnus „Adoro te devote“ von Thomas von Aquin zitierte und verarbeitete. Dazu wählte er die zartesten romantischen Register aus England, die in jüngster Zeit den Klangschatz der Rieger-Orgel vortrefflich bereichern.
Mit Musik Licht ins Dunkle gebracht
In strenger Manier mit dem immer wiederkehrenden Thema der Bach'schen Passacaglia c-Moll zauberte Rzewuski eine bewegte Ruhe wie stärker werdendes Licht in die gleichzeitig größer werdende Dunkelheit der Nacht. Seine vortreffliche Registerauswahl, die sein meisterhaftes Spiel zudem noch verfeinerten, zeugte von seiner stilsicheren Interpretation aller Darbietungen, die nahezu eins wurden mit der in zarten Blau- und Rottönen getauchten frühgotischen Basilika. Das bewies allemal, dass er sich intensiv mit den immensen Möglichkeiten dieses großen Instruments in kürzester Zeit überzeugend vertraut gemacht hatte.
Als Hommage an seine Heimat durfte im Programm das virtuose Capriccio fis-Moll opus 36 von Mieczysław Surzynski (1866–1924) nicht fehlen, welches perfekt den Übergang zum Allegro aus der VI. Orgelsinfonie g-Moll opus 42 Nummer zwei von Charles-Marie Widor (1844–1937) schaffte.
Raumfüllende Harmonien
Das orchestral anmutende Scherzo mit perlenden Läufen und voluminös anschwellendem Schluss bereitete mit raumfüllenden Harmonien das Preludio festivo aus der zweiten Orgelsinfonie g-Moll opus 45 Nummer zwei des polnisch-deutschen Musikers Feliks Nowowiejski (1877–1946) vor. Intensive Hand- und Fußarbeit des Orgelvirtuosen brachte auch hier die Akustik der Kirche zum Schwingen, das auch der zweite Choral h-Moll von César Franck (1822–1890) nicht weniger einforderte. Die finale Improvisation mit dem bekannten Motiv des „Salve Regina“ steigerte sich bis zum gewaltigen vollen Werk der Rieger-Orgel, wo die barocken spanischen Trompeten mit der bassbegeisterten Kontrabombarde im Pedal noch obendrauf einen Höhepunkt setzten.
Stehende Ovationen motivierten Rzewuski zu einer Zugabe, die sanft und leise begann, fröhlich und volkstümlich einherging und als Symbiose zur lichterfüllten Nacht mit dem Liedzitat „Guten Abend, gute Nacht …” im inneren Frieden endete.
So geht es weiter
Die Abteikonzerte finden im September ihre Fortsetzung mit dem Orgeltriduum:
- Am Sonntag, 1. September, 15.15 Uhr, spielt der Franzose Laurent Jochum Werke von Bach, Mendelssohn Bartholdy, Widor und anderen.
- Am Freitag, 6. September, gibt es ab 19.30 Uhr Illuminationen im Hochchor zu Werken von Bach, Reger, Schönberg und Improvisationen von Martin Sturm aus Weimar.
- Am Sonntag, 8. September, erklingt ab 15.15 Uhr „Orgel im Kontrast mit französischem Druckwind-Harmonium“, gespielt von Christian Ott (Versailles).
Weitere Information zu Konzerten in der Abtei Marienstatt gibt es unter https://www.abtei- marienstatt.de/musikkreis