So ein Chaos, hat es selten gegeben bei einer Kommunalwahl. So unangenehm die Geschichte für Verwaltung, OB und die Fraktionen auch ist: Wenn vom Land zur Verfügung gestellte Software streikt und der Kundendienst nicht erreichbar ist, wird es eng. Das Land ist hier in der Pflicht, sich zu erklären.
Ob eine Neuauszählung nötig ist? Nein. Denn es gibt nicht den Hauch eines Hinweises, dass Stimmen nicht korrekt gezählt wurden. Eine Neuauszählung würde Vertrauen, Geld und Zeit kosten – und am Ergebnis mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts ändern.
Grünen wussten, dass es schwierig wird
Kommen wir zum (hoffentlich endgültigen) Wahlergebnis: Bei einigen wie Grünenchefin Jutta Niel sitzt der Schrecken darüber, wie viele Bürger für die AfD in Kreis und Europa gestimmt haben, tief. Niel kämpfte in der Stadthalle förmlich mit ihren Emotionen. Dies hatte wohl weniger mit dem eigenen Ratsergebnis zu tun, denn damit lag man noch über den Kreisgrünen. Natürlich hatte man auf vier oder mehr Sitze gehofft, dass die Ausgangslage bei dieser Stimmungslage im Bund aber schwierig ist, wussten alle.
Bei der CDU kann man sich gleich mehrfach freuen: Man bleibt nicht nur stärkste Fraktion, sondern ergattert auch zwei Ratssitze mehr. Endlich wieder mal wieder positive Nachrichten für Lahnsteins Christdemokraten nach dem Debakel bei der Oberbürgermeisterwahl vor zwei Jahren. Neben dem Bundestrend gibt es viele Gründe für diesen Erfolg. Neben einer Liste, die viele bekannte Gesichter aus Vereinen versammelte, bot man diesmal einen zeitgemäßen Wahlkampf, war sehr präsent, sowohl im Stadtbild als auch in den Sozialen Medien. Außerdem warb man geschickt um jene Wähler, die sich vielleicht enttäuscht von den ersten beiden Amtsjahren des OBs zeigten. Die Kirsche auf der Torte für die CDU war sicherlich der Umstand, dass die ULL keinen Sitz hinzugewinnen konnte ...
Viele offene Fragen bei der SPD
Die SPD hatte insgeheim gehofft, ihre sieben Sitze halten zu können – Pessimisten befürchteten aufgrund des Generationswechsels gar einen Absturz auf fünf. Und so wirkten viele Genossen durchaus erleichtert. Spannend wird nun zu beobachten sein, wie die Fraktion ihre Führung regelt. Bleibt Jochen Sachsenhauser Beigeordneter? Wird er Fraktionschef?
Leicht verbessern konnte die ULL ihr starkes Ergebnis von vor fünf Jahren. Und doch wirkten viele durchaus enttäuscht, gerade nach dem Erfolg bei der OB-Wahl hatte man auf Zugewinne bei den Ratssitzen gehofft. Im Wahlkampf selbst war man entsprechend selbstbewusst aufgetreten, am Ende blieb es trotzdem bei sechs Sitzen.
Auch wenn es den fünften Ratsplatz nun doch nicht gibt, kann die FBL zufrieden sein. Die große Bekanntheit der vorderen Kandidaten, das Kümmererimage von Paul Arzheimer und die Tatsache, dass man nichts mit dem Parteiengezeter im Bund zu tun hat, spielten der FBL in die Karten.
Zwei Plätze für die FDP ein Erfolg
Einen erleichterten Eindruck machte die FDP, die mit zwei Kandidaten in den Rat zog. Das muss bei dieser Stimmungslage im Land erst mal einer nachmachen. Der langjährige Fraktionschef Sascha Weinbach und Stefan Mross, der sogar mehr Stimmen holte, lagen sich in den Armen. Die starke Abgrenzung vom Bund, Weinbachs sachliche Ratsarbeit und Mross' intensive Wahlwerbung dürften Gründe gewesen sein.
Die neuen Gesichter im Rat, aber auch die veränderte Sitzverteilung versprechen Spannung. Ob künftig Sachlichkeit vor persönlicher Animosität geht? Abwarten. Zur Feuerprobe wird die Hauptsatzung: Sollen zwei Beigeordnete einen eigenen Geschäftsbereich bekommen? Denkt eine Fraktion gar an einen hauptamtlichen Bürgermeister? Und wer stellt die Beigeordneten?