Die Krise der Krankenhäuser ist die Folge eines selbst verschuldeten Kontrollverlusts der Politik. Seit Einführung des Systems der Fallpauschalen vor 15 Jahren versuchen Gesetzgeber und Kassen, die Daumenschrauben anzuziehen. Ziel war es immer, den Krankenhausmarkt zu bereinigen. Das ist ein offenes Geheimnis, auch wenn es niemand zugeben möchte.
Christian Kunst zur Krankenhauskrise in Rheinland-Pfalz
Doch seit Jahren ist klar, dass Deutschland deutlich zu viele Kliniken hat, die um Patienten, Pflegekräfte, Ärzte und auch Fördergeld buhlen. Das ist weder wirtschaftlich vernünftig noch ist es gut für die Patienten, die immer wieder in Krankenhäusern behandelt werden, die für hoch spezialisierte Eingriffe über keine ausreichende Erfahrung verfügen. Anstatt die Krankenhauslandschaft jedoch planvoll und patientengerecht neu zu gestalten, überlässt die Politik die Entwicklung der Krankenhäuser seit Jahren dem Spiel des Marktes, den sie immer wieder aufs Neue und widersprüchlich reguliert.
Diese Politik ist feige, weil sie keine Verantwortung für die Folgen ihrer Entscheidungen übernimmt. So zahlt das Mainzer Gesundheitsministerium den knapp 100 Kliniken in Rheinland-Pfalz, für deren Erhalt es kämpft, seit Jahren zu wenig Fördergeld für Investitionen. Das zwingt viele Krankenhäuser dazu, Überschüsse zu erwirtschaften, um Projekte zu finanzieren, die ihr Überleben sichern. Dafür werden sie bizarrerweise von Bürgern als profitgierige Konzerne beschimpft. Doch Profite lassen sich angesichts schrumpfender Einnahmen aus den Fallpauschalen, sinkender Patientenzahlen auf dem Land und diverser anderer Reformgesetze auf Bundesebene immer schwieriger erwirtschaften.
Eine mutlose und inkonsequente Politik führt mittlerweile dazu, dass einige Krankenhausträger wie die Marienhaus GmbH den Spieß aus der Notlage heraus umdrehen: Sie zwingen Fördervereine und Kommunen wie am Mittelrhein und in Adenau zu teils millionenschweren Engagements. Dies ist genauso wie die von Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) gelobte Sanierung in Eigenverwaltung eine Bankrotterklärung von Politik. Denn sie bürdet dem Steuer- und Beitragszahler enorme Kosten auf und überlässt die längst überfällige patientengerechte und wirtschaftlich notwendige Neuordnung der Krankenhauslandschaft Beratungsunternehmen und Insolvenzverwaltern, die dies deutschlandweit zu einem Geschäftsmodell entwickelt haben. Unterm Strich übernehmen sie die Aufgabe, die eigentlich zum Kerngeschäft der Politik gehört, die ihre Kontrolle so weitgehend an überwiegend betriebswirtschaftlich handelnde Berater abgibt.
Die von der Ministerin initiierte konzertierte Aktion ist da ein richtiger, wenn auch viel zu später Schritt. Die SPD-Politikerin, das zeigt sich gerade, kann Krisen managen. Aber ihr fehlt es bislang an Ideen und Mut, um eine zukunftsfähige Kliniklandschaft zu gestalten. Das offenbarte sich bereits 2018, als sie bei der Aufstellung des Landeskrankenhausplans ein selbst in Auftrag gegebenes Gutachten und Bedenken des Landesrechnungshofs ignorierte, die beide eine deutliche Reduzierung der Bettenzahl forderten. Diese Bereinigung übernehmen jetzt die Krankenhausträger – notgedrungen und verbunden mit hohen Kosten und unkalkulierbaren Folgen.
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