Ellern. Im zarten Alter von 36 Jahren saß er 1984 erstmals im Kreistag. Jetzt, nach vier Jahrzehnten, hört Dietmar Tuldi als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker auf. Als Dietmar Tuldi zum ersten Mal dem Gremium angehörte, war der verstorbene Joachim Mertes Fraktionsvorsitzender der SPD, ein Amt, das er später im Mainzer Landtag unter Kurt Beck übernahm.
Und 1984 war noch Armin Jäger Landrat. Tuldi hat also sogar vier Landräte durchgehalten, denn neben Jäger erlebte Tuldi außerdem die Landräte Bertram Fleck, Marlon Bröhr und zuletzt Volker Boch. Nicht vergessen werden soll hier Rudolf Heidenbluth, der als Erster Kreisbeigeordneter ein knappes Jahr während der Übergangsphase zwischen Jäger und Fleck dem Landkreis vorstand. Umgekehrt erlebten die drei Landräte Fleck, Bröhr und Boch Dietmar Tuldi als Kreisbeigeordneten.
Das ist auch der Grund, warum er in der obigen Laudatio von Landrat Boch nicht aufgelistet ist. Dietmar Tuldi war die vergangenen drei Legislaturperioden als Beigeordneter für den Kreis im Einsatz. Und als Beigeordneter scheidet er – wie Rita Lanius-Heck, die ebenfalls künftig ein Leben ohne Kommunalpolitik führen wird, und wie Dieter Schneider – erst aus dem Amt aus, wenn in der konstituierenden Sitzung des neuen Kreistags am 11. Juli die neuen Beigeordneten gewählt sind. Eine Würdigung der Verdienste der drei Kreisbeigeordneten werde noch erfolgen, kündigte der Landrat an.
Wer lange einem Gremium angehört, hat auch eine Fülle an Ämtern übernommen. Tuldi saß im Kreistag von 1984 bis 2009, von 2009 bis 2024 war er Beigeordneter. Dem Kreisausschuss gehörte er von 1989 bis 2009 an, der Hauptversammlung des Landkreistages von 1989 bis 2009 und von 2014 bis 2019. Zu seinen Tätigkeiten zählte auch von 1988 bis 1991 die Mitgliedschaft in der Verweigererkammer. „Ich habe manchen versucht, Brücken zu bauen, damit ihre Wehrdienstverweigerung auch durchging, bei einigen von ihnen war das aber vergebene Liebesmüh“, erinnert sich Tuldi.
Was war anders in den Anfangsjahren? „Gefallen hat mir damals, dass wir abwechselnd in den Gemeinden und Städten tagten und nicht im Sitzungssaal, da kam man viel näher ran an die Menschen in den Gemeinden“, erinnert sich Tuldi. „Und es wurde immer geraucht und getrunken.“ Der scheidende Beigeordnete muss schmunzeln: „Gehen Sie mal ins Vorzimmer und holen Sie den Cognac – an den Satz kann mich noch gut erinnern.“
Wie hat er es eigentlich mit 36 schon in den Kreistag geschafft? „Ich war SPD-Ortsvereinsvorsitzender in Ellern und wollte neue Wege gehen. Wir haben damals Friedens- und Konfliktforschung gemacht, früh einen Kindergarten im Dorf auf den Weg gebracht, einen Jugendraum realisiert und Seniorennachmittage organisiert. Dadurch wurde ich bekannt. Die Leute haben gesagt: Der dut jo ebbes.“
Im Kreisstag habe damals ein anderer Wind geweht als heute. „Als ich begann, gab es zwei Leute, die entschieden haben. Mertes und Mallmann, wenn die sich einig waren, war jede Diskussion überflüssig.“ Genosse Joachim Mertes und CDU-Mann Walter Mallmann hätten einander zwar zuweilen schwer behakt, „aber gemeinsam haben sie viel bewirkt. Die beiden waren schon ne große Nummer.“
Die eine große Nummer, Mertes, hat er dann am 1. Januar 1992 beerbt. Dietmar Tuldi wurde Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag, nachdem Mertes nach Mainz gegangen und der Bopparder Norbert Neuser Kreisbeigeordneter geworden war. Und als Neuser 2009 ins Europaparlament wechselte, erbte Tuldi wiederum dessen Amt als Beigeordneter – und behielt es drei Wahlperioden bis heute.
Dabei habe er die Kreisverwaltung näher erlebt als zuvor. „Wir haben eine gute Verwaltung. Die Mitarbeiter haben es nicht leicht. Und wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht verrückt machen mit unserer Bürokratie.“
Zu den Großthemen, die ihm im Laufe der 40 Jahre begegneten, zählt Tuldi die Abgabe der Trägerschaft des damaligen Kreiskrankenhauses an die Kreuznacher Diakonie zwischen 1989 und 1994. In die Amtsperiode fielen auch die ersten Gehversuche des Zivilflughafens Hahn. Und dann die Rhein-Hunsrück-Entsorgung. „Damals hat Bertram Fleck viel Mut bewiesen, heute sind wir froh über die Erfolgsgeschichte.“ Der Begriff passt auch auf das Projekt „Arbeit und Bildung statt Sozialhilfe“, das nach dem Zuzug der russischen Spätaussiedler nicht nur vielen Neubürgern Beschäftigung brachte, sondern auch viel sozialen Sprengstoff entschärft habe.
Rückblickend zieht Tuldi zufrieden Bilanz: „Ich bin froh, dass ich es machen durfte. Ich habe viel gelernt, Selbstbewusstsein erlangt. Ich konnte viel machen, aber nach 40 Jahren ist es genug.“
Von Thomas Torkler