Seit September 2011 arbeitet Dr. Daniela Thress als Badeärztin im Crucenia-Gesundheitszentrum. Sie trat in dir Fußstapfen von Sanitätsrat Dr. Hans Jöckel und ermöglicht so die Zukunft der Radontherapie. Wir sprachen mit der 48-jährigen Allgemeinmedizinerin.
Frau Dr. Thress, wie sieht das Arbeitsprofil einer Badeärztin im Jahr 2017 aus?
Zunächst einmal ist die badeärztliche Tätigkeit ein relativ geringer Teil meiner allgemeinmedizinischen Praxis. Das kann auch nicht anders sein, denn mit der reinen badeärztlichen Tätigkeit kann man heute keinen Praxisbetrieb mehr unterhalten. Um die Bad Kreuznacher Kurmittel verordnen zu können, musste ich die Zusatzausbildung zum Badearzt, andererseits eine Strahlenschutz-Qualifikation absolvieren, um die Radontherapie verschreiben zu können. Als Badeärztin bin ich sehr viel stärker als in manchen anderen ärztlichen Berufsfeldern Gesprächspartner und Ansprechpartner der Patienten, denn ich will ja, dass sie möglichst viel aus der Kur in ihr häusliches Umfeld mitnehmen können.
Was sind Ihre Hauptaufgaben, und was hat sich gegenüber früher geändert?
Meine Hauptaufgabe ist es, mit den Patienten den jeweils angemessenen Therapieplan zu erarbeiten und zu erstellen. Dem Vorgespräch kommt dabei eine große Bedeutung zu. Zudem begleite ich mit Kontrolluntersuchungen und Abschlussgespräch die gesamte Maßnahme und gewährleiste so eine Erfolgskontrolle. Wir haben es heute im Gegensatz zu früher viel mehr mit Rehapatienten oder mit Patienten nach Operationen als mit reinen Vorsorgekuren zu tun.
Welche Angebote und Anwendungen hält das Crucenia-Gesundheitszentrum vor?
Anwendungen, die nur über das Gesundheitszentrum abgegeben werden können, sind die Solebäder, Heilerdepackungen mit der Haslauer Wanne und die Radoninhalationen. Dazu kommt ergänzend eine große Palette physiotherapeutischer Angebote von der Massage über die Elektrotherapie bis zur Krankengymnastik mit indikationsbezogenen Ausprägungen.
Welche Rolle spielen dabei präventive Maßnahmen?
Die sogenannten Vorsorgemaßnahmen im anerkannten Kurort gehen immer mehr zurück. Das liegt wohl daran, dass viele Menschen diese Möglichkeit nicht mehr kennen, dass damit ein bürokratisches Genehmigungsverfahren verbunden und natürlich seitens der Kostenträger eine sehr viel restriktivere Genehmigungspraxis gegeben ist als noch vor 25 Jahren – zu den Spitzenzeiten der Kur. Allerdings ist zu beobachten, dass privat finanzierte Kuren, vor allem bei der Radontherapie, Zuwächse verzeichnen. Dazu ist aber eher die Bereitschaft aufgrund einer Vorerkrankung da als bei der reinen Vorsorge.
Wie wird in der Balneologie ein Therapie- und Behandlungsplan erstellt?
In einem ausführlichen Gespräch erörtere ich mit dem Patienten die Vorgeschichte, die akute Indikation beziehungsweise Beschwerden, die Lebensumstände und die Erwartungshaltung des Patienten (Schmerzfreiheit, Verbesserung der Beweglichkeit etc.). Wir wählen dann aus den therapeutischen Angeboten des Heilbades Möglichkeiten aus, wobei die persönlichen Voraussetzungen und die Belastbarkeit der Anwendungen über die Eignung entscheiden. Verordnet wird nur, was zweckdienlich und erfolgsversprechend ist. Die Dauer der Behandlung hängt dann natürlich von den persönlichen Gegebenheiten ab (Kostenübernahme Kassen, Privatzahler etc.).
Wie sehen der Kurablauf und der Alltag eines Kurpatienten aus?
Die Patienten beantragen zu Hause bei ihrem Hausarzt oder bei dem behandelnden Facharzt die Kur, wenn die Sozialversicherung der Kostenträger sein soll. Ich als Arzt stelle den Antrag, die Krankenkasse genehmigt oder auch nicht. Der Kurmittelschein gibt Anspruch auf einen großen Teil der Kosten für die therapeutischen Anwendungen. Außerdem gewährt er Anspruch auf eine Tagespauschale als Zuschuss für Unterkunft und Verpflegung. Das muss der Gast aber privat organisieren. Hat man dann den Kurmittelschein, sucht der Patient im staatlich anerkannten Kurort den Balneologen auf. Der Kurmittelschein bedeutet die Übernahme eines großen Teils der Kosten für die therapeutischen Anwendungen durch die Sozialversicherung. Als Badeärzte, die für gesetzlich und privat Versicherte infrage kommen, haben wir in Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein außer mir noch die Herren Fahmy, Goerz, Rabel und Sikora. Herr Fahmy, Herr Görtz, Herr Rabel und ich können auch die Radontherapie verordnen. Eine Abstimmung mit den Kollegen auch im Hinblick auf Vertretungsregelungen ist möglich. Mit dem Badearzt wird der Behandlungsplan festgelegt. Die Terminierung und zeitliche Verteilung der Anwendung erfolgt in der Reservierungszentrale des Crucenia-Gesundheitszentrums. Die Kombination von Haus des Gastes, Gesundheitszentrum und Thermalbad ermöglicht es auch, Zwischenzeiten zu überbrücken. Die Gäste kombinieren meist die medizinischen Anwendungen mit den örtlichen Entspannungs- und Unterhaltungsangeboten. Wichtig sind Kontroll- und Abschlussuntersuchung.
Welche Bedeutung hat die Radontherapie heute?
Die Radontherapie ist das einzige Alleinstellungsmerkmal des Heilbades. Während Heilwasser in über 200 Kurorten angeboten wird, gibt es die Inhalationstherapie im Sanitätsrat Dr.-Jöckel-Stollen nur bei uns. Ein weiterer Stollen befindet sich in Bad Gastein. Die Radonkuren sind in den vergangenen Jahren im Unterschied zu den Solebädern stark angestiegen – und es gibt hier einen großen Anteil von Privatzahlern, weil die Schmerztherapie den Patienten für ihre Lebensqualität so wichtig ist. Viele Schmerzmittel werden in der Dosis oder der Frequenz nach der Therapie reduziert. Manche Patienten benötigen sogar für längere Zeit keine Schmerzmittel mehr. In beiden Fällen werden unerwünschte Nebenwirkungen verringert. Die Radontherapie hat auch deshalb für Bad Kreuznach einen hohen Stellenwert, weil man versucht, die Schmerztherapie mit Soleanwendungen und Bewegungstherapie zu kombinieren.
Was reizt Sie persönlich an Ihrer Tätigkeit als Badeärztin?
Ich empfinde die persönliche Beziehung zu den Patienten und die Wirkungsmöglichkeit in einem überschaubaren Zeitraum als angenehm. Es ist sehr gut nachvollziehbar, ob in der zur Verfügung stehenden Zeit die verordneten Maßnahmen zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes oder des Wohlbefindens führen. Ist das der Fall, ist das auch für mich ein Erfolgserlebnis.
Die Fragen stellte Harald Gebhardt