Es hatte sich abgezeichnet: Am Ende konnte Hans-Dirk Nies noch so strampeln und verzweifelt letzte Register ziehen. Er hatte sich vor dem ersten Wahlgang bereits so sehr vergaloppiert, dass Bettina Dickes der haushohe Sieg auf dem Silbertablett serviert wurde.
Es ist müßig zu diskutieren, ob es vorrangig eine Pro-Dickes- oder eine Anti-Nies-Wahl war. Jetzt werden die Karten an der Kreisspitze neu gemischt – wiewohl der Job am Gipfelkreuz des Defizitgebirges wahrlich nicht vergnügungssteuerpflichtig ist.
Fatal ist fürs politische Gefüge aus SPD-Sicht nicht nur, dass Nies nicht gewonnen hat, sondern dass er androhte – und jetzt wahr machen muss –, dass er zumindest mittelfristig den Beigeordnetenposten und seine Parteiämter abgeben wird. Damit erweist er den Sozialdemokraten einen gewaltigen, schmerzlichen Bärendienst und bestraft die Partei für seine eigenen Ausrutscher und Taktikpannen.
Der Posten des Ersten Beigeordneten, der ihm und der SPD bis 2022 sicher wäre, wird preisgegeben – und bestimmt von der Mehrheitskoalition nicht aus Mitleid wieder in rote Hände gegeben.
Nach Nies' Abgang taumelt die ohnehin oft machtlose SPD-Kreistagsopposition ein Stück mehr ins Bedeutungsnirwana. Nutznießer könnte einer der kleinen Koalitionäre Grüne oder FWG sein. Der politischen Arithmetik geschuldet, dürften am ehesten die Grünen profitieren. Mag sein, dass es da im Vorfeld Signale gegeben hat. Zumindest waren die dann diskreter und geschickter platziert als der unsensibel-plumpe Nies-Versuch der Anbiederung ans Schumann-Wahlvolk. Dem Wähler/Nichtwähler und Kreisbürger ist es letztlich vielleicht sogar egal, wer der für ihn abstrakten Kreispolitik vorsteht. Und der Unterlegene wird, wenn er mag, irgendwo im Schoße der Mutter Sozialdemokratie und ihrer Stiftungsverwandten sanft aufgefangen werden. Es muss ja nicht gerade als Wahlkampfberater oder Kampagnenmanager sein ...
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