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Neuwied

Serie über Jüdisches Leben: Friedrich Wolf war Arzt, Schriftsteller und Weltbürger aus Neuwied

Von Lieselotte Sauer-Kaulbach

Am 17. April 1919 schreibt Friedrich Wolf aus Elberfeld einen Brief an seine Eltern Ida und Max Wolf, der zentrale Gedanken seines Lebens und Arbeitens offenbart. „Ja, könnte man als Arzt Heilung und Heilkraft hingeben, ohne Kassenscheine dafür auszustellen und welche wieder einziehen zu müssen und das ganze ‚Geschäft‘ – Heilen als Passion, aber dann darf man den Geruch des Geldes auch nicht mal auf Kilometer riechen ... Ich bin Künstler und ich will's sein, weil ich nicht anders kann – und wenn ich als Arzt meine Familie tagsüber ernähren muß und spät und frühmorgens über einem neuen Stück sitze und wenn dieses Zwitterdasein mich in ¾ Jahren zerreibt und auffrißt, so ist das mein Los und ich klage nicht darüber. Ich kann nicht Arzt sein allein, und zumal nicht Arzt im Konkurrenzkampf. Arzt als Geschäftsmann. Ja, Arzt als Volksdiener, aber so?“ Heilen als Passion, als Volksdiener. Auch der dritte jüdische Arzt aus Neuwied, den wir in unserer Serie vorstellen, der am 23. Dezember 1888 als Sohn des angesehenen Geschäftsmanns Max Wolf und seiner Frau Ida Meyer geborene Friedrich Wolf, passt in die Reihe derer, die ihre Tätigkeit vor allem als Wohltat an und Verpflichtung gegenüber ihren Mitmenschen sahen.

Lesezeit: 4 Minuten
Vielleicht ist diese Haltung auch Resultat eines Schlüsselerlebnisses aus seiner Kindheit, an das sich Wolf der Arzt und Schriftsteller 1947 in seiner Erzählung „Nimm die Mütz’ ab, Junge“ erinnert. Darin beschreibt er, wie er mit einer Bande von Jungen die Ankunft eines Schiffes beobachtet, dessen Passagiere, „Männer in langen dunklen ...