Als Referentin Sabrina Scharf im Lenné-Schlösschen anfragte, ob sie dort ihren Vortrag halten könnte, rannte sie bei Geschäftsführerin Aniko Schweigert offene Türen ein. Sie wisse aus Gesprächen mit Lehrern der drei Gymnasien in der Kreisstadt, dass Magersucht ein immer größer werdendes Thema sei.
Nachgefragt bei den Schulleitern ergibt sich folgendes Bild: Annette Gies, Schulleiterin des Gymnasiums Calvarienberg, kann nicht bestätigen, dass sie eine Zunahme von klassischen dramatischen Fällen von Magersucht beobachtet, das Spektrum von Essstörungen habe sich aber erweitert. Und: „Was ich ganz klar sehe, ist, dass sich die Essgewohnheiten der Schüler geändert haben, sie sind sehr bedacht darauf, sich gesund zu ernähren, und informieren sich über soziale Netzwerke, wo Influencer ihre Proteinpulver vertreiben und an den Mann bringen wollen, ob das dann aber so gesund ist, sei mal dahingestellt.“
Nina Pfeil, Schulleiterin des Are-Gymnasiums, erlebt diese Generation von Schülern grundsätzlich als psychisch labil, betont aber, dass es immer schon verschiedene Formen von Essstörungen, Depressionen oder Angst- und Panikattacken gegeben habe. „Der Unterschied zu früher ist, dass sich Eltern und die Gesellschaft insgesamt dieser ganze Bandbreite nun eher stellen und als Aufgabe ansehen, während es früher mehr tabuisiert wurde“, so die Schulleiterin.
Krisen und Kriege
Corona und die Flutkatastrophe wären schon eine sehr fordernde Zeit für den Nachwuchs gewesen, hinzu kämen aktuell die ganzen Krisen und Kriege. „Das macht was mit denen. Die Pubertät kommt noch obendrauf. Es gab immer schon verschiedene Möglichkeiten der Ausflucht, um mit Problemen umzugehen. Früher aus der Tabuzone herauszugehen, hilft auch, früher mit der Diagnostik beginnen zu können“, sagt Pfeil.
Eine Kumulation von Essstörungen kann Lutz Hasbach, Direktor des Peter-Joerres-Gymnasiums, nicht an seiner Schule feststellen. Als problematisch sieht er allerdings insbesondere für junge Mädchen das auch in den sozialen Medien propagierte Schönheitsideal an.