Kreis Ahrweiler

Jäger im Kreis Ahrweiler ziehen Bilanz: Drohneneinsatz rettet mehr als 100 Rehkitze vor dem Mähtod

Kitzrettungsaktion des Vereins Wildtierretter Sachsen-Anhalt
Wildtierretter tragen in einem Korb ein Rehkitz an den Rand einer Wiese, um das Tier vor der Mähmaschine zu schützen. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/picture alliance/dpa

In den vergangenen Monaten klingelte der Wecker der Jäger sowie der Helfer der Rehkitzretter Rhein-Ahr und der Wildtierrettung Eifel oft vor Sonnenaufgang. Der Grund: Jungwild, insbesondere Rehkitze, vor dem Mähtod zu bewahren. Der Einsatz hat sich gelohnt: Viele Kitze, Junghasen und Bodenbrüter wurden auch in diesem Jahr vor dem Tod gerettet. Das teilt die Kreisjägerschaft in einem Presseschreiben mit.

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Es gab aber auch schlechte Erfahrungen – die Ehrenamtlichen hoffen auf mehr Umsicht und Verständnis der Bevölkerung, wie der Pressemitteilung zu entnehmen ist.

Viel ehrenamtliche Hilfe notwendig

Das Frühjahr ist für neugeborene Wildtiere eine gefährliche Zeit, da die Brut- und Setzzeit mit der Frühjahrsmahd zusammenfällt. Landwirte tragen die Verantwortung, unnötiges Tierleid zu vermeiden, indem sie die Wiesen vor dem Mähen absuchen und sicherstellen, dass keine Jungtiere verletzt oder getötet werden. Diese Aufgabe erfordert jedoch Unterstützung, weshalb der ehrenamtliche Einsatz der Jäger und Helfer unverzichtbar ist. Die Kreisgruppe Ahrweiler im Landesjagdverband engagiert sich seit Jahrzehnten in der Jungwildrettung und setzt dabei im Gegensatz zu den traditionellen, zeitintensiven Methoden der manuelle Absuche und der visuellen Abschreckung durch Fahnen auf moderne Methoden wie den Einsatz von Wärmebilddrohnen.

Früh morgens, wenn die Temperaturen noch niedrig sind, machen sich die Retter auf den Weg. Mit den Drohnen fliegen sie die zu mähenden Flächen ab und suchen nach versteckten Rehkitzen und anderem Jungwild. Die Drohnen erkennen die Körperwärme der Tiere, wodurch diese schnell und zuverlässig lokalisiert werden können. Rehkitze drücken sich bei Gefahr flach auf den Boden und verharren bewegungslos. Sie haben kaum Eigengeruch. Die Ricke, das Muttertier, hält sich fern vom Kitz und besucht es nur zum Säugen, um keinen Geruch zu hinterlassen, der Feinde anziehen könnte.

Helfer wissen genau, was sie tun

Wurden die Tiere lokalisiert, werden sie von den Helfern behutsam eingesammelt und außerhalb des Gefahrenbereichs gebracht. Nach dem Mähen werden die Kitze schonend und an der richtigen Stelle wieder freigelassen. Das erfordert ein hohes Maß an Koordination und Sensibilität, um keinen menschlichen Geruch zu hinterlassen und den Tieren keinen zusätzlichen Stress zu bereiten. Es muss sichergestellt werden, dass die Mutter ihr Kitz wiederfindet.

Der Austausch zwischen Landwirten, Jägern und Vereinen funktioniert im Kreis Ahrweiler sehr gut. Das muss er auch, denn da der Mähtermin wetterabhängig ist, findet die Arbeit oft kurzfristig und gleichzeitig an mehreren Orten statt. Ein einzelnes Team könnte diese Aufgabe nicht bewältigen, so die Mitteilung weiter. Durch die Zusammenarbeit konnten in dieser Saison Hunderte Flächen abgesucht werden.

Vermeintliche Hilfe führt zu tragischem Fall

Patrick Terstegen, Mitgründer der Wildtierrettung Eifel und Jäger der Kreisgruppe, berichtet, dass der Verein etwa 150 Flächen absuchte, auf denen 38 Rehkitze gefunden wurden. Das Team um Daniela Wahl mit Tochter Dorothea Hargens von den Rehkitzrettern Rhein-Ahr zählt 67 gerettete Kitze. Dazu kommen Dutzende weitere Rehkitze, die durch die Jäger der Kreisgruppe Ahrweiler vor dem Mähtod gerettet werden konnten. Insgesamt wurden im Kreis Ahrweiler weit mehr als 100 Kitze sowie einige Junghasen und Bodenbrüter vor dem Mähtod bewahrt.

Neben den Erfolgen äußern die Jungwildretter auch Sorgen über zunehmende Ignoranz und falsch verstandene Hilfsbereitschaft. So werden etwa während der Brut- und Setzzeit die Wald- und Feldwege verlassen und Hunde nicht an der Leine geführt. Wichtig ist den Jägern und Helfern auch, dass die Jungwildrettung nur in qualifizierte Hände gehört. Gut gemeinte Hilfe durch unerfahrene und kurz entschlossene „Retter“ führt leider immer wieder zu unnötigem Tierleid.

Zusammenarbeit soll besser organisiert werden

Ein tragischer Vorfall ereignete sich im Juni in Grafschaft-Bölingen, berichten die Rehkitzretter Rhein-Ahr. Eine Hundehalterin beschloss ein gefundenes Rehkitz mit einer Freundin aufzuziehen, statt eine fachkundige Rückführung zu organisieren und den Jagdpächter zu kontaktieren. Das Ende vom Lied: Das Rehkitz wurde unzureichend gefüttert und nach sechs Stunden in einer Hundebox wieder in die Wiese gesetzt – viel zu spät, um von der Mutter noch akzeptiert zu werden. Die Nacht ohne Fütterung hinterließ ein völlig dehydriertes und ausgehungertes Kitz, das dann in einer Aufzuchtstelle in Trier abgegeben wurde – wo es letztlich nicht mehr gerettet werden konnte.

Um die Rehkitzrettung in Zukunft noch effektiver zu gestalten, planen die Beteiligten eine noch engere Zusammenarbeit. Die Kreisjägerschaft hat nach eigenen Angaben Infos zur Jungwildrettung auf ihrer Internetseite bereitgestellt und versucht, die Absprachen zwischen den Rettungsteams zu intensivieren. Ziel ist es, die Hilfe für die Landwirte auf mehrere Schultern zu verteilen und die Rettungsaktionen effizienter zu koordinieren, so die Mitteilung abschließend. red