Viele Menschen treibt die Frage um: Wie geht es weiter? Doch es fällt schwer, nach vorne zu schauen. Niemand weiß, wie viele Menschen noch unter den Trümmern liegen. Inmitten von Aufräumarbeiten läuft die Bergung, wird nach Bestattern gefragt. Jacob Carnott, der Junior der Hoteliersfamilie, die in fünfter Generation das Hotel-Restaurant Ruland betreibt, versucht, trotzdem gelassen zu bleiben. Doch der 18-Jährige, der am Mittwoch vor der Flut noch seinen Geburtstag gefeiert hat und jetzt Trümmerberge vor dem Hotel abträgt, weiß: Das sind das längst nicht alle im Ort. Die immer noch verschlammten Straßen verbreiten üble Gerüche. Dort, wo die braune Masse getrocknet ist, wirbeln Staubmassen durch die Luft, wenn ein Lkw Sperrmüll, Reste von eingestürzten Häusern und Brücken oder Geröll abfährt. Die Uferpromenade ist eine Steinwüste, der gegenüberliegende Hang bis zum Bahnhofsgebäude eine einzige Abrisskante. Carnott findet es merkwürdig, jetzt noch von Vermissten zu sprechen. Realistischer sei, von weiteren Toten auszugehen. Die Frage, ob er sich nicht früh genug vorgewarnt gefühlt habe, verneint er. Hier könne man keinem etwas vorwerfen. Das Wasser kam unheimlich schnell. Den Versuch, die Türen des 2014 neu errichteten Gebäudes im Souterrain noch gegen die einlaufenden Wassermassen abzudichten, habe man schnell aufgegeben, als man bereits hüfthoch in der Flut stand.
Kein Verständnis hat er dafür, dass die Kommunikation nur schlecht funktioniert. „Da stehen Bundeswehrleute in Bereitschaft und werden deshalb nicht abgerufen?“ Für ihn haben die Verantwortlichen da versagt. Stattdessen kämen Menschen unkontrolliert mit ihren Autos nach Altenahr und parkten die Lücken zu.
Wie es weitergeht? Das Peter-Joerres-Gymnasium in Ahrweiler, das Jacob Carnott besucht, ist stark beschädigt. Im nächsten Jahr will er dort Abitur machen. „Doch wer soll die Schule so schnell aufbauen?“, fragt er sich. Trotz der Horrorkulisse, die ihn umgibt, bleibt das Ahrtal seine Heimat. „Die Landschaft ist deformiert. Aber es hat sich nur das Bild, das wir von der Heimat im Kopf haben, geändert“, sagt er. Heimat, das seien für ihn vor allem die Menschen, die jetzt enger zusammenrücken und sich gegenseitig puschen unter dem Motto: Komm, morgen geht es weiter.“
Die Hoffnung, ihren Friseursalon „Am Roßbach“ wieder öffnen zu können, hält auch Andrea Müller aufrecht in all dem Chaos, das sie umgibt. Unter den zerstörten Dingen, die sie loslassen muss, ist ihr Hochzeitsbild, das jetzt verschlammt an der Straße steht. „Es hing 26 Jahre an der Wand“, sagt sie. Sie wünscht sich, dass Menschen, die jemanden verloren haben, wieder in die Zukunft blicken können. Irgendwann. Beate Au