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Koblenz

Protest gegen Hotelprojekt in Koblenzer Altstadt wird lauter: Wie sah die Firmungstraße früher aus?

Trotz der vielen jungen Gebäude werden Teile der Firmungstraße immer noch von Barockhäusern geprägt. Leider wurde das Gebäude der Familie Herlet (Mitte, links) bereits vor zehn Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Erhalten geblieben ist der Garten mit seinen prägenden Mauern. Initiativen, eine direkte Verbindung vom Garten zum Görreshaus herzustellen, blieben bis jetzt erfolglos.
Trotz der vielen jungen Gebäude werden Teile der Firmungstraße immer noch von Barockhäusern geprägt. Leider wurde das Gebäude der Familie Herlet (Mitte, links) bereits vor zehn Jahren wegen Baufälligkeit abgerissen. Erhalten geblieben ist der Garten mit seinen prägenden Mauern. Initiativen, eine direkte Verbindung vom Garten zum Görreshaus herzustellen, blieben bis jetzt erfolglos. Foto: privat Rüdiger Brenning

Nach 20 Jahren ergebnisloser Planungen soll endlich die Baulücke Firmungstraße 14 geschlossen werden. Ein Hotel ist geplant, gravierende Auswirkungen für den rückwärtigen Bereich bis zur Nagelsgasse inklusive Hochbunker sind bereits absehbar – sehr zum Missfallen einiger Anlieger.

Lesezeit: 5 Minuten
Eine „Widerstandsbewegung“ hat sich formiert, die verhindern will, dass der im großen Freigelände hinter dem Abbruchgrundstück gelegene Bürgergarten Herlet im Zuge der Bauarbeiten verschwindet und dann durch eine „seelenlose“ Nachfolgelösung ersetzt wird. Für die Rhein-Zeitung ist dies alles ein Anlass, den Blick auf die Geschichte der östlichen Altstadt zu lenken: Angesichts der ...
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Eine Chronik

Die wichtigsten Daten: Ehrgeizige Pläne, Kriege und Neubeginn

1350: Erste urkundliche Erwähnung der „Virmyngstraße

1563: Kurfürst Johann VI. von der Leyen will das Rheinufer besser mit den Kernbereichen verbinden. Das Rheintor wird errichtet, die Achse Rheinstraße-Firmungstraße geschaffen. Von einem planmäßigen Ausbau ist man jedoch noch weit entfernt.

1581: Der sogenannte Schulbau des Jesuitenkolleges wird fertiggestellt. Weitere Gebäude folgen.

1582: Von einer durchgehenden Bebauung der Achse Rheinstraße-Firmungstraße kann immer noch nicht die Rede sein. Prägend sind immer noch Gärten.

1585: In Rom beginnt auf Drängen des Papstes Sixtus I. die Neugestaltung von Straßen und Plätzen. Die Maßnahme findet auch in den kleinen Residenzstädten wie Koblenz viel Beachtung. Sichtbare Ergebnisse wird es aber im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg geben.

1600: Weite Teile der dem Jesuitenkolleg gegenüberliegenden Südteils der Firmungstraße sind – abgesehen von einem Haus – noch unbebaut. Dieser Abschnitt wird noch von Gärten geprägt.

1663: Die Firmungstraße wird mit der Kornpfortstraße verbunden. Dafür muss ein Gebäude abgebrochen werden.

1688: Im Zuge des Pfälzischen Erbfolgerkrieges werden weite Teile von Koblenz zerstört.

1701: Der Wiederaufbau des zerstörten Schulbaus des Jesuitenkollegs wird nach Plänen des kurtrierischen Hofbaumeisters Johann Christopherus Sebastiani fertiggestellt. Das Gebäude ist heute Teil des Rathauses, hier befindet sich auch der historische Sitzungssaal.

1706: Der Ausbau des Paradeplatzes (heute Görresplatz) beginnt. Eine weitere Ausbaustufe erfolgt 1748 nach dem Ankauf des zum Stift St. Kastor und zum Jesuitenorden gehörenden Geländes.

1773: Nach langen Auseinandersetzungen setzt sich Kurfürst Clemens Wenzeslaus von Sachsen durch – die Einrichtung des Jesuitenplatzes in der Form, wie wir ihn heute kennen, kann beginnen.

1888: Nach dem Einstieg von Investoren verändert sich die östliche Altstadt gravierend. Eltzerhof- und Görresstraße werden neu angelegt.

1903: Das Barockhaus Firmungstraße 14, das spätere Herlet-Haus, soll umgebaut und in „Löwenhof“ umgebaut werden. Großzügige Stuckaturen sollen angebracht werden. Zu diesem Zeitpunkt hat das Gebäude an der Firmungstraße eine Breite von 11,46 Meter, die Bebauung des Grundstücks erreicht eine Gesamttiefe von 37 Meter.

1944: Weite Teile der Altstadt werden zerstört. Es folgt der notdürftige Wiederaufbau. Der verlorengegangenen Zwerchgiebel des Hauses Firmungstraße wird nicht rekonstruiert.

Bürger wollen Garten Herlet komplett erhalten

Koblenz. Dem Garten Herlet in der östlichen Altstadt sind gleich zwei Facebook-Gruppen gewidmet. Das zeigt: Viele Bürger wollen sich für den Erhalt der grünen Oase im Herzen der Innenstadt einsetzen. Diese könnte jedoch temporär verschwinden, um Raum für den schon lang geplanten Hotelneubau samt Infrastruktur zu machen. Das hierfür erforderliche, seit gut zehn Jahren unbebaute Grundstück an der Firmungstraße hat Kenan Tayhus schon vor längerer Zeit erworben. Auch der Bunker in der Nagelsgasse ist nach Aussage der Stadt inzwischen Eigentum des Koblenzer Unternehmers. Dieser plant und realisiert seine Immobilienprojekte inzwischen über die Einstein Real-Estate.

Wie mehrfach berichtet, plant der Investor zwei Hotelgebäude, eines an der Firmungstraße und eines an der Stelle des Hochbunkers, der zu diesem Zweck zurückgebaut werden soll. Die Verbindung zwischen beiden Trakten mit insgesamt rund 300 Hotelbetten soll ein gläserner Steg herstellen. Der Garten Herlet könnte also im Originalzustand erhalten bleiben, wäre da nicht die vorgesehene Tiefgarage mit rund 70 Plätzen, die unter beiden Gebäuden geplant ist. Mit diesem Projekt will der Investor seine Stellplatzverpflichtung erfüllen, die die Landesbauordnung vorgibt. In der Praxis bedeutet das, dass der Garten für längere Zeit verschwinden und dann durch eine neuere Lösung ersetzt wird. Gegen dieses Konzept laufen nicht nur die Anlieger Sturm. Die Kritiker hoffen, auf den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Einfluss nehmen zu können, den der Investor auf eigene Kosten entwickeln muss. Rechtliche Grundlage wird ein sogenannter städtebaulicher Vertrag sein, der nach Auskunft der Verwaltung derzeit noch bearbeitet wird und folglich noch nicht unterschrieben ist.

Das Hauptargument vieler Bürger für den Erhalt des noch im städtischen Besitz befindlichen Gartens ist die besondere Atmosphäre des bestehenden Gartens, der von historischen Bruchsteinmauern geschützt wird. Diese würden im Falle einer Realisierung des Bauprojektes auf jeden Fall verschwinden. In den vergangenen Wochen haben Nachbarn und andere Altstädter einen Öffnungsdienst organisiert. Sie kümmern sich auch um die Pflege und tragen dazu bei, den Wunsch der früheren Eignerin zu erfüllen, dass der Garten für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Die Witwe Herlet hatte das Areal 1980 testamentarisch der Stadt vermacht, die sich zudem verpflichten musste, die Pflege ihres Grabes zu übernehmen.

Wie es angesichts des wachsenden Widerstandes weitergehen wird, ist noch offen. Fest steht nur, dass sich der Stadtrat wohl in seiner ersten Sitzung nach den Ferien am 18. August mit der Sache befassen wird. Reinhard Kallenbach

Umstrittenes Hotelprojekt in Koblenz
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