Im beschaulichen Lüchow in Niedersachsen droht Ärger: Die Herrentoiletten des Rolling-Stones-Museums sollen frauenfeindlich sein. Die Oral-Affäre bringt dem Museum ungeahnte Publicity. Was mit dem Bericht in einer lokalen Zeitung begann, droht zur Medienlawine zu werden. Von „unverhohlener Diskriminierung“ und „frauenverachtender Entgleisung“ ist in Leserbriefen die Rede.
Weil die Stadt 100.000 Euro für die Verwirklichung von Schröders Traum zugeschossen hat, wird auch von Steuerverschwendung gesprochen. Jetzt stehen die Fernsehteams bei Schröder Schlange. Ausgelöst haben den Wirbel zwei Pissoirs in der Herrentoilette des Museums.
Die „Kisses“-Urinale der niederländischen Künstlerin Meike van Schijndel sind eng an das Logo der Rocker angelehnt – geformt wie weit aufgerissene Münder, die Öffnungen eingerahmt von knallroten Lippen. Nur die Zunge fehlt. Vor Jahren gab es wegen der Becken schon wütende Proteste von Feministinnen in New York und Wien, jetzt ist die Sache in Lüchow angekommen.
„Es ist ein Aufschrei durch die Bevölkerung gegangen – allein bei mir hat sich etwa ein Dutzend Frauen beschwert“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Marianne Jönsson-Olm von der Samtgemeinde Lüchow. Die Urinale halte sie für nicht zumutbar, betont sie.
„Ich habe den Vorschlag gemacht, sie als Ausstellungsstücke ins Museum zu nehmen.“ Doch von den beiden Becken abgesehen, ist auch sie vom Museum begeistert: „Das ist richtig toll, was Ulli Schröder auf die Beine gestellt hat“, meint die 39-Jährige.
„Das ist Kunst“, verteidigt Schröder seine Becken tapfer. Und frauenfeindlich seien sie auch nicht: „Beim Originalmund der Stones mit der berühmten Zunge ist auch gar nicht klar, ob das ein Männermund oder ein Frauenmund sein soll“, erklärt der Ex-Banker mit den langen Haaren.
Die Sache ist für ihn keineswegs Pipifax: „Die Dinger waren sauteuer“, sagt er. Schröder ist nicht unglücklich über die Oral-Affäre, die Geschichte bringt ungeahnte Publicity.