Corinna Schön aus Düngenheim will mit ihrer Weihnachtsgeschichte den Lesern ein Lächeln in Gesicht zaubern
Nur einen Sherry aus medizinischen Gründen: Eine weihnachtliche Kurzgeschichte aus Beuren
Weihnachten ist das Fest der Familie. Dabei geht es bisweilen ganz leicht chaotisch zu; so auch in der Weihnachtsgeschichte von Corinna Schön aus Düngenheim. Foto: David Ditzer
David Ditzer. nn

Die nachfolgende Kurzgeschichte hat Corinna Schön aus Düngenheim, geboren im Jahr 2005, der RZ zur Verfügung gestellt. „Schon als Kind las ich immer gerne mit meinem Großvater Ihre Zeitung“, schreibt sie dazu. Und sie hoffe, dass die Kurzgeschichte „Ihren Lesern ein Lächeln auf das Gesicht zaubert“. Handlung und Protagonisten sind frei erfunden:

Die Fensterscheiben in der Stube waren beschlagen vom Atem der Familienmitglieder. Ihre Stimmen dröhnten durch den vom Kerzenschein erleuchteten Raum. Der Duft von Zimtgebäck, Mandarinen und Zigarettenrauch lag in der Luft.

Meine Hände umklammerten die heiße Tasse Kakao, die mir Tante Franziska gegeben hatte. Der aufsteigende Dampf des Heißgetränkes drehte sich tanzend mit dem bläulichen Rauch der Zigarette meines Vaters und beide Dämpfe verschmolzen wie in einer perfekten Harmonie in Zeitlupe zu einem Wirbel, der anmutig über die Köpfe der Anwesenden schwebte.

Während Oma Else heimlich einen großzügigen Schuss Rum in ihren Kakao goss, tänzelte Tante Franziska um den Tannenbaum. Einzelne Haarsträhnen lösten sich allmählich aus dem wilden Ballen auf ihrem Kopf und ihre Strumpfhosen hatte mehrere Laufmaschen bekommen. Wie ein Raubtier stürzte sie sich auf ihre Geschenke, sie stöhnte bei jedem Einzelnen auf und umarmte den Geber. Danach machte sie sich an die Geschenke der anderen heran und verteilte diese mit einem verschmitzten Lächeln. „Hier Engelchen, das ist für dich!“, kreischte sie euphorisch und gab es mir.

Das Geschenk war in dunkelblauem Geschenkpapier eingewickelt, darauf fuhren Schneemänner Ski. Eine kleine Schleife klebte in der oberen linken Ecke, aber sie lenkte nicht von den Verpackungskünsten meines Cousins ab.

Max war zwar schon längst in seinen Dreißigern, aber innerlich sei er noch ein Kind, zumindest sagt das Tante Franziska. Ich sehe ihn eher als riesenhaftes Baby, was nicht ohne Mama kann, was auch seine zwei gescheiterten Ehen erklärt. Aus der Küche drang das Klirren von Geschirr, man hörte, wie meine Mutter leise fluchte. Ein neuer beißender Geruch kroch zu uns. „Die Kartoffeln sind angebrannt!“, schrie Mama. „Mensch Anita!“, antwortete mein Opa, „Kannst du eigentlich irgendwas?“ Sein brummender Basso profundo rüttelte Oma Else wach, die nach mehreren Kakaos eingeschlafen war.

Nach wenigen Minuten versammelten sich alle im Esszimmer, die Tafel war reich gedeckt: Es gab Berge an Fleischgerichten, Saucieren voller verschiedenster Soßen, Schüsseln gefüllt mit Kroketten, Klößen und – versteckt hinter dem Adventskranz – die angebrannten Kartoffeln. Während des Essens schwiegen alle, nur das Kratzen des Bestecks, das Rücken der Schüsseln und das Schmatzen gewisser Familienmitglieder war zu hören.

Nachdem auch der letzte Bissen Nachtisch verputzt war, zündete mein Vater, zur Feier des Tages, eine Zigarre an. „Albert!“, schrie meine Mutter, „nicht im Esszimmer! Geh raus mit dem Zeug.“ „Ja ja, ich geh‘ ja schon“, gab Vater zurück. „Warte ich komm‘ mit!“ sagte Oma Else. „Nein, die Männer sollten nicht mit den Frauen rauchen“, meinte Papa.

Oma verschränkte pampig die Arme vor der Brust: „Dann will ich aber einen Sherry!“ „Mutter!“, beklagte Tante Franziska. „Was? Nur einen Sherry aus medizinischen Gründen“, erklärte Oma Else.

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