„Bei einer lebensbegrenzenden Erkrankung tauchen spätestens zum Lebensende hin Konflikte rund ums Essen auf“, erklärte Ruth Rieckmann, Ernährungsberaterin, Diplom-Oectrophologin und Resilienzcoach. Wenn ein schwerkranker Mensch stark an Gewicht verliere und keinen Appetit mehr habe, wolle das Umfeld dagegen ansteuern. „Man glaubt und hofft, dass man auch in späten palliativen Lebensphasen so wie bei gesunden Menschen durch viel ‚gutes‘ Essen, durch Lieblingsessen, das Leben verlängern und die Gesundheit stärken kann. Das ist in den letzten Tagen, Stunden und Wochen indes eher nicht der Fall.
Im Gegenteil: Da kann es sein, dass sich Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Erschöpfung oder Durchfälle einstellen oder verstärken oder sich Luftnot, Wassereinlagerungen im Körper oder Rasselatmung verschlimmern“, führte Kursleiterin Rieckmann aus. Zu viel Flüssigkeit in der finalen Phase verhindere oft die Ausschüttung bestimmter Endorphine, die wiederum den Sterbeprozess für den Sterbenden angenehmer machten.
„Je nachdem, in welcher Lebensphase sich ein Mensch befindet, ist es nicht mehr sinnvoll zu ‚päppeln‘ oder künstlich zu ernähren, sondern dann gilt es, entsprechend der palliativen Haltung und zum Wohle des Sterbenden dessen verbleibende Lebensqualität in den Mittelpunkt zu stellen.“ Manchmal wollten die Erkrankten nicht mehr essen, könnten tatsächlich nicht mehr, trauten sich aber nicht, Essen abzulehnen, weil sie merkten, was es den Angehörigen bedeute – nämlich oft auch geäußerte Liebe und Zuwendung: „Da sind viele Emotionen drin.“Praktische Lösungen gezeigt
Rieckmann brachte den Teilnehmerinnen der Fortbildung Abläufe und praktische Lösungen nahe. Hospizbegleiter und Ehrenamtliche des Hospizvereins Rhein-Ahr, die an der Fortbildung teilnahmen, könnten zwischen den Angehörigen und den Erkrankten moderierend wirken, bei Konflikten helfen und den Sterbeprozess so für alle Seiten leichter machen. Liebe und Zuwendung, die Angehörige den Erkrankten etwa mit der Essenszubereitung ausdrücken wollen, könnten sie auch anders, etwa durch wohltuende Handmassagen, ausdrücken. Statt Riesenportionen könnten auch kleine Häppchen zubereitet werden, die die Erkrankten immer noch an ihre Kindheit erinnerten, ihnen schmeckten und gut täten, ohne das Maß zu überschreiten zu viel zu sein.
Eine Alternative sei die Gabe von Schäumen in den Lieblingsgeschmacksrichtungen der Erkrankten. Solche Schäume seien auch bei Schluckstörungen einsetzbar, weil sie im Mund zergehen. Die Kursteilnehmerinnen stellten einen Maracuja- und einen Rotweinschaum her und waren beim Probieren angetan, dass so wenig Masse eine solche Geschmacksfülle im Mund hervorzurufen vermag. Thema war auch die Mundpflege mit in Saft, Rosenwasser oder Öl getauchten Stäbchen. Auch wenn man glaube zu wissen, was die Erkrankten mögen, ist es laut Rieckmann erforderlich, auf deren nonverbale Reaktionen zu achten, da sich Vorlieben ändern können.