«Habe vor Schmerzen geschrien»
Autor Rushdie trifft vor Gericht auf seinen Angreifer
Prozess zu Messerattacke auf Salman Rushdie
Prozess zu Messerattacke auf Salman Rushdie
Elizabeth Williams. DPA

Damals war es ein Auftritt wie jeder andere für Schriftsteller Salman Rushdie - bis er fast starb. Im Gerichtssaal schildert er die folgenschwere Attacke vom August 2022. Und hebt seine Brille.

Aktualisiert am 12. Februar 2025 03:01 Uhr

New York (dpa) - Zweieinhalb Jahre nach dem Attentat auf Salman Rushdie ist der Schriftsteller vor Gericht jenem Messerangreifer gegenübergetreten, der ihm damals fast das Leben nahm. Der 77-Jährige schilderte im Bezirk Chautauqua im Westen des US-Bundesstaats New York, wie er den dramatischen Vorfall im August 2022 erlebte. «Mir war ganz klar, dass ich sterbe», sagte Rushdie übereinstimmenden US-Medienberichten zufolge. «Und das war mein vorherrschender Gedanke.»

Der Autor wurde damals auf offener Bühne bei einer Veranstaltung in Chautauqua attackiert. Ihm seien zunächst die dunklen und wilden Augen des herannahenden Angreifers aufgefallen, erzählte Rushdie nun am Tag nach dem Prozessauftakt. Im Gerichtssaal vermied es der auf der Anklagebank sitzende Täter Hadi Matar - ein US-Amerikaner aus New Jersey - anwesenden Reportern zufolge, sein Opfer anzuschauen.

Matar hat auf nicht schuldig plädiert. Angesichts des vor zig Augenzeugen begangenen und auf Video festgehaltenen Angriffs gibt es aber keinen Zweifel daran, dass er die Tat begangen hat. Seine Verteidigung scheint darauf abzuzielen, bei den Geschworenen Zweifel daran zu säen, dass er einen vorsätzlichen Mord begehen wollte. Bei Erfolg könnte sich das in einer geringeren Haftstrafe niederschlagen. Matar ist wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung angeklagt, ihm drohen mehr als 30 Jahre Haft.

«Das ist, was davon übrig ist»

Zuerst, erzählte Rushdie, habe er gedacht, er werde geschlagen. Doch dann habe er bemerkt, dass «sehr viel Blut auf meine Kleidung floss». Immer wieder stach der Täter in der Folge auf ihn ein - in die Wange, den Hals und sein rechtes Auge. «Sehr schmerzhaft und gefährlich» sei das gewesen, schilderte der Autor. «Danach habe ich vor Schmerzen geschrien.»

Das Messer durchtrennte seinen Sehnerv - seitdem ist Rushdie auf einem Auge blind und trägt stets eine Brille mit einem abgedunkelten Glas. «Das ist, was davon übrig ist», sagte er zu den Geschworenen und hob die markante Brille an. Dahinter schien sein zerstörtes Auge «New York Times» größtenteils geschlossen zu sein.

Rushdie zufolge stach der Angreifer rund 15 Mal auf ihn ein. Während des Verhörs zeigte er auf die Körperteile, die verletzt wurden: sein Gesicht, seine Hand, seine Taille. 

Unter Schock und großen Schmerzen habe er dann bemerkt, dass sich Menschen auf den Angreifer geschmissen und ihn von ihm heruntergezogen hätten. Deswegen «habe ich wohl überlebt», so Rushdie. Die bleibenden Folgen seien nicht auf seine geminderte Sehkraft beschränkt: «Ich bin nicht mehr so ​​energisch wie früher», sagte er. «Ich bin körperlich nicht mehr so ​​stark wie früher.»

Rushdie hatte den Vorfall in seinem im April 2024 veröffentlichten Buch «Knife: Gedanken nach einem Mordversuch» verarbeitet. Doch schon vorher hatte er um sein Leben fürchten müssen: 1989 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ayatollah Chomeini wegen des als blasphemisch empfundenen Romans «Die satanischen Verse» zur Ermordung des Autors aufgerufen.

© dpa-infocom, dpa:250212-930-372287/2

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