Berlin (dpa) – Kleinere und mittelgroße Unternehmen sollten nach Einschätzung der neuen Bundesdatenschutzbeauftragten Louisa Specht-Riemenschneider von weiten Teilen der europäischen Digitalregulierung ausgenommen werden. Die zunehmende Komplexität von EU-Gesetzen wie der KI-Verordnung, dem Data Act und der NIS-2-Richtlinie hätten negative Auswirkungen auf den Mittelstand, Start-ups und die Wissenschaft, schrieb Deutschlands oberste Datenschützerin in einem Gastbeitrag für den Informationsdienst «Tagesspiegel Background»
Masse bringt keine Rechtssicherheit
Allein die schiere Menge an Gesetzen und Richtlinien führe zu einer Rechtsunsicherheit und binde Ressourcen. «Der schlichte Zuwachs an nicht aufeinander abgestimmten europäischen sowie nationalen Digitalrechtsakten, ob technikneutral oder technikspezifisch, horizontal oder vertikal, bringt nicht mehr Rechtssicherheit.»
Specht-Riemenschneider plädierte allerdings nicht für eine generelle Ausdünnung der EU-Gesetze, sondern für eine unterschiedliche Behandlung der Marktteilnehmer je nach Unternehmensgröße. Bei der sogenannten «asymmetrische Digitalregulierung» sollte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von bestimmten Regularien entlastet werden, insbesondere wenn sie zum Wohle der Gesellschaft handeln. Diese Art der Regulierung verpflichte die Großen stärker als die Kleinen und komme gleichzeitig auf den Zweck des Digitalen zurück.
Erfolgsweg für Europa
Dieser Ansatz verspreche auch (im internationalen Wettbewerb) Erfolg: «Während die USA auf Kommerzialisierung um jeden Preis und China auf Überwachung setzen, haben wir die Möglichkeit, mit einer dritten Wirtschaftsordnung zu punkten, die europäische Werte nicht mit Füßen tritt, sondern ganz im Gegenteil sie in einer digitalen Zukunft realisiert, in der es sich zu leben lohnt.»
Specht-Riemenschneider wies auch die Vorwürfe des US-Vizepräsidenten JD Vance zurück, wonach die EU-Regulierung die Meinungsfreiheit gefährde. «Der Ton in den USA stimmt mich sorgenvoll», schrieb die Datenschützerin. «US-amerikanische und chinesische Dienste werden in Europa durch den DSA nicht überreguliert, es geht auch nicht um den absurden Vorwurf der Zensur, den US-Vizepräsident Vance in seiner Rede in den Raum gestellt hat. Wir stehen selbstbewusst ein für ein friedliches digitales Miteinander.»
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