New York
Patrick Stewart wird 75: Viel mehr als "Captain Picard"

New York. Zuletzt hat Patrick Stewart mit einem Kuss Schlagzeilen gemacht. Diesmal war es nicht eine deutlich jüngere Frau, sondern ein etwas älterer Mann: Ian McKellen, gefeierter Schauspieler und Schwulenaktivist. Der innige Kuss hinterließ im Juni Verwirrung, dabei war es offenbar nur ein Spaß zwischen zwei alten Freunden, die es lieben, in verrückten Posen Schabernack zu treiben. Und das im gesetzten Alter: Patrick Stewart, wird am Montag (13.7.) 75 Jahre alt.

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Von Chris Melzer

Wer hätte gedacht, dass man einen mittellosen Schulabbrecher aus Nordengland einmal mit „Sir“ anreden würde? Dass ein Mann ohne höhere Bildung einmal Universitätskanzler wird? Patrick Stewart hat das alles durchs Spiel geschafft, dank eines engagierten Englischlehrers. Der hatte ihm eine Shakespeare-Ausgabe in die Hand gedrückt und gesagt: „Und nun stehe auf und spiele!“ Das tat er. Erst auf der Schulbühne, später am Stadttheater und dann mit der Royal Shakespeare Company. Da befreundete er sich mit einem jungen Kollegen namens Ben Kingsley – der später den Oscar für „Gandhi“ bekam. Auch für Stewart war noch nicht Schluss, es folgten Broadway und schließlich Hollywood, aber so ganz linear ist das alles nicht, denn Stewart wanderte immer zwischen Bühne und Kamera, Europa und Amerika hin und her. Es scheint, dass der Mann einfach macht, was ihm Spaß macht.

Im früheren Leben war der Captain auch schon Lenin

Dazu zählte auch „Raumschiff Enterprise“. Stewart schien die Idealbesetzung. Denn er hatte zwar in „Excalibur“ und „Dune – Der Wüstenplanet“ mitgespielt und war einmal sogar Lenin (wie übrigens auch sein Freund Kingsley). Aber ein Star war er nicht. Ein brillanter, aber unverbrauchter Schauspieler, dazu noch Europäer – das war den Machern von „Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert“ gerade recht. Sieben Serienjahre und vier Kinofilme saß er auf der Brücke der „Enterprise“. Die Rolle habe ihm mehr Spaß gemacht als alle Könige und Helden Shakespeares, sagte er einmal.

Gute Schauspieler müssen wandlungsfähig und dabei glaubhaft sein – Stewart ist es. Gleich nach dem entschlossenen Captain Picard spielte er den schwulen Sterling in „Jeffrey“. Betont feminin warf er sich einen weiten roten Schal um die Schultern und fragte „Kann ich das tragen? Oder sehe ich damit aus wie ein schwuler Superheld?“ König Lear und Captain Picard waren da ganz weit weg.

Steward for president!?

Dürften nur „Enterprise“-Fans und Comicleser wählen, wäre Stewart die Weltherrschaft sicher. Denn er wird auf Comicmessen weltweit nicht nur als Raumschiffkapitän, sondern auch als „Professor X“ in einem halben Dutzend „X-Men“-Filmen gefeiert. Im heimischen Nordengland ist er dazu noch Kanzler der kleinen University of Huddersfield – und begeisterter Unterstützer des dortigen Fußballvereins.

In den USA kann man Stewart jeden Sonntagabend hören, aber nicht sehen. Naja, irgendwie doch. Denn die Figur des CIA-Vizechefs Avery Bullock in der Trickfilmserie „American Dad“ wird nicht nur von Sir Patrick gesprochen (mit englischem Akzent!), sie ist ihm auch äußerlich nachempfunden mit spitzem Kopf und Glatze. In einer Folge vor ein paar Wochen wurde Bullock auf „Raumschiff Enterprise“ angesprochen. „Manche von uns“, antwortete er spitz, „haben die 90er-Jahre nicht mit solch einem Müll verschwendet.“

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