Washington

Waffen für die Ukraine: Eine US-Option?

Der Tabubruch: Eine US-Raketenbatterie für die Ukraine?
Der Tabubruch: Eine US-Raketenbatterie für die Ukraine? Foto: picture alliance

Es ist kein Dementi, nicht einmal ein halbes. Ben Rhodes hat einmal Barack Obamas außenpolitische Reden geschrieben, heute ist er stellvertretender Sicherheitsberater, ein Künstler des geschliffenen diplomatischen Worts, bei dem es manchmal ja nur darum geht, alles im Ungefähren zu lassen.

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Von unserem US-Korrespondenten Frank Herrmann

Nein, die Antwort auf die Krise um die Ukraine könne nicht darin bestehen, „einfach mehr Waffen einzuspeisen und in eine Art ‚Wie du mir, so ich dir‘ gegenüber Russland zu verfallen“, sagt der 37-Jährige im „Situation Room“ von CNN. Die Antwort bestehe in Verhandlungen, um eine Entspannung zu erreichen.

Das mag nach Deckungsgleichheit mit den Europäern klingen, nicht zuletzt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Sonntag nach Washington fliegt. Deutlich wird aber vor allem, dass das Weiße Haus den Druck auf Wladimir Putin erhöht, indem es die Gedankenspiele im Innern der Machtzentrale öffentlich inszeniert. Man halte Wirtschaftssanktionen noch immer für den besten Weg, um Russland zum Umdenken zu bewegen, sagt Rhodes pflichtgemäß, dann folgt der wichtigere Satz. Ja, der Präsident habe sein Team angewiesen, sich sämtliche Optionen anzuschauen, Waffen für Kiew eingeschlossen.

Konkreter wird eine Studie dreier amerikanischer Thinktanks, des Atlantic Council, der Brookings Institution und des Chicago Council on Global Affairs. Demnach soll Washington die Ukraine mit modernen Radargeräten versorgen, damit russische Raketenwerfer entdeckt werden können, Raketenwerfer, die für rund 70 Prozent der ukrainischen Verluste verantwortlich seien. Auch Aufklärungsdrohnen, gepanzerte Humvee-Geländewagen, Elektronik zur Abwehr russischer Drohnen sowie bessere Kommunikationstechnik solle man zur Verfügung stellen.

Darüber hinaus, das ist der eigentliche Tabubruch, raten die Autoren zur Lieferung tödlicher Waffen. An erster Stelle nennen sie Panzer brechende Raketen, um Panzer russischer Bauart wirksam bekämpfen zu können. Von 2015 bis 2017, lautet ihr Rat, möge der US-Kongress 3 Milliarden Dollar Militärhilfe für Kiew beschließen, jährlich jeweils 1 Milliarde: Es wäre fast das Zehnfache der 350 Millionen Dollar, die das Parlament nach heutigem Stand vorgesehen hat. Um die ukrainische Luftabwehr zu verbessern, seien Nato-Partner wie Polen, die noch wie die Ukraine mit Technik aus der ehemaligen Sowjetunion operieren, gefragt.

Was dem Papier Aufmerksamkeit sichert, ist allein schon die Liste seiner Verfasser. Strobe Talbott diente unter Bill Clinton als Vizeaußenminister, heute leitet er Brookings, einen der renommiertesten Thinktanks des Landes. James Stavridis war Nato-Oberkommandierender in Europa, Michele Flournoy als Pentagon-Chefin im Gespräch, bevor sich Obama für Chuck Hagel entschied. John Herbst und Steven Pifer haben die USA als Botschafter in Kiew vertreten.

Man gebe sich nicht der Illusion hin, die Ukraine könnte mit westlicher Hilfe ein militärisches Gleichgewicht gegenüber Russland herstellen, schreiben die Autoren. Wohl aber müsse der Westen eine Situation schaffen, in der der Kreml Militäraktionen in der Ukraine als zu kostspielig ansehe. Wenn für Moskau das Risiko steige, könne man es eher von offensiven Operationen abhalten, erläutert Talbott den Ansatz.

Putin, sagt er, spiele ein doppeltes Spiel: „Rede am Verhandlungstisch und töte vor Ort in der Ukraine.“ Sollte Amerika nicht den Einsatz erhöhen, werde Putin so weitermachen.