Washington

Obama zieht Irak-Bilanz: Amerika zahlt hohen Preis

Gedenken an gefallenen US-Soldaten im Irak. M Foto: dpa
Gedenken an gefallenen US-Soldaten im Irak. M Foto: dpa

Von Siegesfeier keine Spur. Selten wirkte Barack Obama derart ernst und angespannt. Nach siebeneinhalb Jahren erklärte der US-Präsident offiziell die Kampfeinsätze der US-Truppen im Irak für beendet.

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Washington – Von Siegesfeier keine Spur. Selten wirkte Barack Obama derart ernst und angespannt. Nach siebeneinhalb Jahren erklärte der US-Präsident offiziell die Kampfeinsätze der US-Truppen im Irak für beendet. Doch bei seiner Rede an die Nation macht Obama ohne Wenn und Aber klar: Amerika hat einen hohen Preis bezahlt für den Krieg. Mehr als 4000 Gefallene und 32.000 Verwundete hat das Land zu beklagen – und auch finanziell und wirtschaftlich hat er Amerika schwer zugesetzt.

„Wir haben mehr als eine Billion Dollar im Krieg ausgegeben, häufig finanziert mit geliehenem Geld aus dem Ausland. Das hat Investitionen in unsere eigene Bevölkerung verknappt und zu Rekordschulden beigetragen.“ Selten zuvor hat Obama seinen Landsleuten das ganze Ausmaß der Kriegskosten derart ungeschminkt vor Augen geführt.

In der Dekade des Kriegs habe das Land notwendige Investitionen versäumt. Dies müsse nachgeholt werden. „Wir müssen der Industrie, die Arbeitsplätze schafft, Starthilfe geben und unsere Abhängigkeit von ausländischem Öl beenden.“

Das klingt fast so, als wolle Obama einen Schuldigen suchen für die derzeit flaue Konjunktur. Und für die Tatsache, dass sein Konjunkturprogramm die gewünschte Wirkung nach Meinung vieler bislang verfehlt hat. Zwei Monate vor den wichtigen Kongresswahlen: Steht Obamas Rede an die Nation bereits im Zeichen des Wahlkampfs? „Heute Abend erkläre ich, dass die amerikanische Kampfmission im Irak beendet ist“, sagte Obama. „Diesen Krieg zu beenden, ist nicht nur im Interesse des Iraks – es ist auch in unserem Interesse.“

Lediglich einen kleinen Triumph konnte sich Obama nicht versagen: Er betonte, dass er von Beginn an gegen den Krieg war. Dass es einer seiner Hauptwahlkampfversprechen war, diesen „dummen Krieg“ (so sagte er damals) möglichst schnell zu beenden. Es sei einer der längsten Kriege der USA gewesen.

Nach Angaben des Pentagons wurden 4418 US-Soldaten getötet, etwa 32 000 seien verwundet worden. Mindestens 9500 irakische Soldaten und Polizisten kamen ums Leben. Mehr als 112 600 irakische Zivilisten wurden getötet.

Obama räumte ein, dass es nach wie vor Gewalt im Irak gibt. Auch der Kampf gegen El Kaida geht weiter. Daher wollen die USA dem Irak weiter beistehen. „Unsere Kampfmission geht zu Ende, nicht aber unsere Verpflichtung für die Zukunft des Iraks.“ Daher bleiben rund 50 000 US-Soldaten weiter im Land, um irakische Sicherheitskräfte auszubilden und bei Anti-Terror-Einsätzen zu unterstützen. Sie sollen bis Ende 2011 abziehen.

Zugleich machte Obama klar, dass er an dem Abzugstermin aus Afghanistan festhält. Dort sollen die US-Truppen sich ab Juli 2011 zurückziehen. Die Geschwindigkeit des Abzugs werde allerdings von den Verhältnissen in dem Land abhängen. Er appellierte aber auch: „Wir können nicht für die Afghanen tun, was sie am Ende für sich selbst machen müssen.“

Bereits vor seiner Rede hatte Obama deutlich gemacht, dass es keinerlei Siegesfeiern geben wird. „Wir werden nicht in Eigenlob verfallen“, sagte er kurz vor seiner Rede bei einem Truppenbesuch. Unter allen Umständen wollte das Weiße Haus den Eindruck vermeiden, den sein Vorgänger George W. Bush 2003 hinterlassen hatte: Damals war Bush an Bord des Flugzeugträgers „Abraham Lincoln“ vor einem Banner mit den Worten „Mission accomplished“ (Mission erfüllt) aufgetreten. Wenig später fiel das Land in Chaos und Terror.

Und die Gewalt im Irak nimmt derzeit wieder deutlich zu: In der vergangen Woche kamen bei einer Terrorwelle mehr als 70 Menschen ums Leben. Hinzu kommt politische Instabilität: Auch rund ein halbes Jahr nach der Parlamentswahl im März konnten sich die Verantwortlichen immer noch nicht auf eine neue Regierung einigen.

Peer Meinert/Marco Mierke