Mit dem Handy im Ausland: Was sich ändert
Anrufe, SMS, mobiles Internet – was kostet das künftig in der EU?
Der Verbraucher kann aufatmen: Die bisherigen Zuschläge, die die Provider für das Weiterleiten von Telefonaten, Kurznachrichten oder Daten durch ein Fremdnetz berechnet haben, fallen weg. Der Kunde bezahlt den gleichen Preis wie zu Hause.
Sind diese Kosten denn in meinem Tarifpaket daheim inbegriffen?
Ja, die im Ausland getätigten Anrufe, die versendeten SMS und die verbrauchten Daten werden mit dem heimatlichen Vertrag abgegolten. Wer also eine Flatrate für Telefonate und Daten hat, braucht keine Zusatzkosten mehr zu fürchten – egal ob er auf Mallorca Urlaub macht, in Frankreich studiert oder in einem grenznahen Bereich wohnt, wo die Netzverbindungen mal vom heimischen, mal vom Unternehmen im Nachbarland hergestellt werden.
Für welche Länder gilt das?
Die Vereinbarung gilt für alle 28 EU-Mitgliedstaaten ab dem 15. Juni. Island, Norwegen und Liechtenstein werden die Regelung in den Tagen danach ebenfalls übernehmen. Wichtig für Urlauber: Die Nicht-EU-Staaten Schweiz und Türkei sind nicht dabei.
Roaming in Nicht-EU-Ländern bleibt also teuer?
Ja. Besondere Vorsicht geboten ist nicht nur in der Schweiz und der Türkei, sondern auch auf der Isle of Man, den britischen Kanalinseln und kleinen Ländern wie San Marino, Andorra oder Monaco. Für diese Länder und Gebiete gilt die EU-Verordnung nicht. Trotzdem ordnen manche Provider sie der EU-Länderliste zu, andere aber nicht. Vor allem Reisende in Grenzgebieten müssen aufpassen. Wer zum Beispiel von Deutschland nach Italien unterwegs ist und über den Gotthard- oder San-Bernardino-Pass fährt, sollte nach dem Passieren der Schweizer Grenze die Gebühren-Info-SMS des heimischen Netzbetreibers genau studieren, bevor er das Datenroaming aktiviert oder länger telefoniert, raten die Experten. Die Hinweis-Kurznachrichten der Provider treffen spätestens einige Minuten nach dem ersten Einbuchen des Telefons in ein ausländisches Netz ein – auch dann, wenn es sich um einen EU-Mitgliedsstaat handelt, der unter die EU-Roaming-Verordnung fällt. Außerhalb der EU gilt die Verordnung nicht. Im Zweifel sollte deswegen im Zielland die Datenverbindung und die Mailbox-Weiterleitung deaktiviert werden. Und man sollte das Handy auf manuelle Netzauswahl umstellen. Sonst kann es sein, dass sich das Telefon unbemerkt im Netz im Nachbarland anmeldet. Das kann teuer werden.
Bin ich weiter vor überhöhten Mobilfunkrechnungen geschützt?
Ja, wenn der Daten-Konsum die Grenze von 59,99 Euro überschreitet, muss der Provider den Kunden darauf hinweisen und fragen, ob er ein Überschreiten hinnehmen will. Verneint der Kunde, kann er nicht mehr surfen. Akzeptiert er, muss er allerdings mit höheren Gebühren rechnen.
Ich habe für mein Handy bereits einen EU-Zusatztarif gebucht. Läuft der automatisch aus?
Die Provider haben zugesagt, diese Spezialtarife und Zusatzpakete entweder automatisch auslaufen zu lassen oder aber den Kunden vorher zu fragen.
Kann ich mein deutsches Handy dauerhaft im EU-Ausland ohne Zusatzkosten betreiben?
Nein. Bisher gilt die Faustregel, dass der Verbraucher länger im Heimatnetz eingebucht sein muss als in einem ausländischen. Konkret dürfte das so aussehen, dass die Mobilfunkunternehmen nach einem nicht unterbrochenen, viermonatigen Aufenthalt in einem anderen Land den Verbraucher anrufen und befragen.
Ich reise wenig. Deshalb brauche ich gar keinen Europa-Tarif. Was kann ich dann tun?
Eine Reihe von Anbietern haben inzwischen reine Deutschland-Tarifmodelle im Angebot. Diese funktionieren ausschließlich in der Bundesrepublik und sind deshalb deutlich billiger.
Gelten die Regelungen auch bei Kunden mit Prepaid-Tarifvertrag?
Tatsächlich müssen nicht nur Kunden von Prepaid-SIM-Karten aufpassen, sondern auch alle, die ein Gebührenmodell mit fest vereinbarten Kontingenten haben. Denn wenn diese während eines Aufenthalte sin einem anderen EU-Land aufgebraucht sind, dürfen die Provider doch wieder einige Zuschläge verlangen. Diese betragen derzeit 3,2 Cent pro Minute für einen Anruf nach Hause (alle Angaben plus Mehrwertsteuer), 1 Cent für eine SMS ins heimische Netz und maximal 7,70 Euro pro Gigabyte Datenvolumen. Ein Beispiel aus der Kalkulation der Unternehmen: Wer zu Haus eine Bundle-Vertrag über unbegrenztes Telefonieren, SMS und drei Gigabyte an Daten für 30 Euro gebucht hat (inklusive Mehrwertsteuer), darf dieses Datenkontingent auch in der EU verbrauchen. Übersteigt er diese Menge aber, fallen Zusatzgebühren an.
Ich habe eine Kreuzfahrt entlang der Küsten der EU geplant. Gilt die Abschaffung der Roaminggebühren auch auf hoher See?
Nein. Das liegt daran, dass sich Mobiltelefone dann mit dem Bordnetzwerk des Schiffes verbinden. Sobald das Land für das Handy nicht mehr erreichbar wird, können Telefonate und mobiles Surfen teuer sein. Deshalb sollte man auf hoher See die automatische Netzwahl abschalten.
Kann ich künftig mit meinem Handy am Strand Filme aus meinem Netflix- oder Amazon-Abo gucken oder Fußball via Sky Go?
Nein, das wird noch dauern. Denn dabei geht es nicht nur um Roamingzuschläge, sondern um die Rechte an diesen Angeboten. Die EU regelt dies gerade in einer neuen Richtlinie, die 2018 in Kraft tritt.
Ich stelle bei der ersten Rechnung nach dem 15. Juni fest, dass mir die Auslandszuschläge weiter in Rechnung gestellt werden. Was kann ich tun?
Die EU-Kommission rät, sich den Provider zu kontaktieren. Sollte der den Fehler nicht einsehen und zu viel gezahltes Geld erstatten, kann sich der Kunde in Deutschland an die Bundesnetzagentur unter www.bundesnetzagentur.de wenden. Das ist die deutsche Aufsichtsbehörde, die die Einhaltung der Gesetze überwacht.
Detlef Drewes