San Francisco

Twitter: Die 140-Zeichen-Firma steckt in der Krise

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Twitter wird zehn, doch ausgerechnet zum ersten runden Geburtstag hat der Kurzmitteilungsdienst wenig zu feiern. Zuletzt ging erstmals die Zahl aktiver Nutzer leicht zurück, Quartal für Quartal stehen tiefrote Zahlen in der Bilanz und die Aktie hängt im Kurskeller deutlich unter dem Ausgabepreis des Börsengangs von 2013 fest.

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Von Andrej Sokolow und Christoph Dernbach

Der Kurznachrichtendienst Twitter hat die Welt verändert, einen einzigartigen Kanal geschaffen. „Jeder kann seine Ideen und Informationen sofort und über Grenzen hinweg teilen“, lautet das offizielle Motto von Twitter. Doch daraus ein profitables Geschäft aufzubauen, erweist sich als äußerst schwierig.

Zum Start von Twitter vor zehn Jahren ging es zunächst auch nicht darum, einen Online-Service zum Geldverdienen zu gründen. Der Dienst entstand eher zufällig nebenbei. Die kleine Firma Odeo in San Francisco wollte eigentlich einen Audio-Dienst für das Netz entwickeln. Bei einem Brainstorming schlug der Entwickler Jack Dorsey vor, kurze Statusmeldungen an alle Teammitglieder per SMS zu senden, damit jeder weiß, woran die anderen arbeiten. In zwei Wochen entstand ein Prototyp. „Just setting up my twttr“, lautete die erste heute noch auffindbare Kurzmitteilung von Dorsey am 21. März 2006. Im März 2007 gelang Twitter der Durchbruch, einen Monat später wurde die Firma Twitter Inc. ausgegründet.

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10 Jahre Twitter: Was ist Ihr liebstes soziales Netzwerk?

Twitter wird zehn, doch ausgerechnet zum ersten runden Geburtstag hat der Kurzmitteilungsdienst wenig zu feiern. Zuletzt ging erstmals die Zahl aktiver Nutzer leicht zurück, Quartal für Quartal stehen tiefrote Zahlen in der Bilanz und die Aktie hängt im Kurskeller deutlich unter dem Ausgabepreis des Börsengangs von 2013 fest. Sind Sie (noch) bei Twitter? Welches ist Ihr liebstes soziales Netzwerk?

Definitiv Twitter! Ich bleibe dem Kurznachrichtendienst treu.
3%
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Von was redet ihr da?
77%
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Inzwischen gibt es kaum ein großes Ereignis, das nicht auch bei Twitter stattfindet. Die Notwasserung des Passagierflugzeugs bei New York im Januar 2009, die Demonstrationen beim „arabischen Frühling“ ab 2011, der Bombenanschlag auf den Marathon in Boston, Selfies aus der Kabine des Fußball-Weltmeisters Deutschland, der Schrecken der Terrorattacken von Paris. Und das sind nur einige historische Momente, die man ohne Twitter anders wahrgenommen hätte.

Doch wie geht es jetzt weiter mit Twitter? Irgendwann muss jedes Unternehmen Geld verdienen. Mitgründer Jack Dorsey steht in seiner zweiten Runde als Twitter-Chef vor einer gewaltigen Herausforderung. Er muss den Kurznachrichtendienst reparieren – darf dabei aber nicht die Millionen zufriedener Twitter-Nutzer und „Power-User“ wie Politiker oder Prominente vergraulen.

Unter Druck scheint Jack Dorsey an jeder Schraube zu drehen, die er findet. Vor zwei Monaten deutete er an, dass die anfangs noch wegen der SMS als Basis eingeführte Obergrenze von 140 Zeichen pro Tweet fallen könnte. Das ist vom Tisch. Zugleich experimentiert Twitter mit einer Sortierung der Posts nach Relevanz-Algorithmen statt der üblichen chronologischen Reihenfolge – und handelte sich damit sofort einen Aufstand der eingefleischten Nutzer ein.

Konkurrenz auf den Fersen

Derweil wollen sich Rivalen wie Facebook, Google und Snapchat auch verstärkt als Kanal für News etablieren. Google lässt inzwischen Politiker im US-Wahlkampf mit kurzen Direktbotschaften „Google Posts“ zu Worte kommen.

Ende 2015 hatte Twitter 305 Millionen aktive Nutzer. Das waren zwei Millionen weniger als noch drei Monate zuvor. Trotz aller Herausforderungen kann Twitter darauf bauen, dass viele Prominente sich über den Dienst direkt an ihr Publikum wenden. So verbreitet US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump seine Gemeinheiten über die politische Konkurrenz und andere Botschaften bevorzugt auf Twitter. An der Spitze der Twitter-Prominenten steht aber Popstar Katy Perry (84,5 Millionen Follower). US-Präsident Barack Obama hat immerhin noch 71,1 Millionen Abonnenten.