Die große Caterina Valente wird 80

Genf. In den 60er-Jahren war Caterina Valente die wohl populärste Schlagersängerin in Deutschland. „Fiesta Cubana“ (1955), „Wo meine Sonne scheint“ (1957), „Spiel noch einmal für mich, Habanero“ (1958), „Tschau, Tschau Bambina“ (1959) waren nur einige der Ohrwürmer, die jedes Kind auf der Straße trällerte und die die Sehnsucht der Deutschen nach Vergessen und Urlaub widerspiegelten.

Die Valente ist ein Kind des deutschen Wirtschaftswunders, das inzwischen das Seniorenalter erreicht hat: Heute feiert die in Paris geborene Entertainerin ihren 80. Geburtstag.

Sie habe der Wiederaufbau-Ära der Bundesrepublik aus der Seele gesungen, schrieb einer ihrer Bewunderer, der Publizist und Schriftsteller Dieter Bartetzko. Die Sängerin, die aus einer Artistenfamilie stammt, wurde geliebt für ihre große Stimme, ihr Lachen, ihren Witz, ihre Weltläufigkeit und unerhörte Vielseitigkeit, wie die „Berliner Zeitung“ schrieb. Für die Öffentlichkeit ist Caterina Valente schon lange nicht mehr zu erreichen. Seit Langem lebt sie in Lugano im Tessin – zurückgezogen in ihrem Refugium.

Letztes Interview liegt schon zwei Jahre zurück

Wie Valente im November auf ihrer Webseite mitteilte, ist sie bei bester Gesundheit. Ihr letztes Interview – eines von Tausenden, wie sie einschätzt – gab sie vor zwei Jahren der Schweizer „Weltwoche“. Darin war zu lesen, dass Valente sich nach eigenem Bekunden nicht mehr an einen Lieblingsfilm erinnern kann – es waren zu viele. Aber zu einem steht sie: „Zirkus und Schweizer Berge – es gibt nichts Schöneres.“

Früher hatte Valente den Rummel gesucht. „Obwohl mir die ganze Aufmerksamkeit schmeichelt, muss ich gestehen, dass mir ein klein wenig unwohl dabei ist“, schrieb sie ohne einen Anflug von Koketterie. Weit mehr als 1000 Fernsehauftritte und 1500 Lieder, etwa „Ganz Paris träumt von der Liebe“ (1955) – Valente war ein Multitalent, das sich nie schonte. Gleichzeitig zog die Musikerin zwei Söhne auf.

Valente war eine deutsche Schlagersängerin, als das Wort noch keinen negativen Beigeschmack hatte. Da Deutsch nicht ihre Muttersprache war, ist das Moderieren und Schauspielern in Deutsch nicht einfach gewesen, sagt sie. Das Sing-, Tanz- und Spieltalent, das gut eineinhalb Jahrzehnte lang die westdeutschen Showbühnen beherrschte, wurde auch ein internationaler Star. In den USA nannte man Valente das „Malaguena-Girl“. Ihren erfolgreichsten Schlager hat sie mehr als 13 000 Mal gesungen. Und mit der deutschen Fassung gelang ihr dann auch in Deutschland der Durchbruch.

Artistenkind bekam Lob von den ganz Großen

Der unvergessliche Perry Como oder auch Megastar Frank Sinatra waren des Lobes voll über die Sängerin, die sich musikalisch in zwölf Sprachen ausdrücken konnte. Valente machte Aufnahmen mit Chet Baker, Dean Martin, Danny Kaye und Bing Crosby und erhielt 1965 den amerikanischen „Fame Award“ als beste Sängerin. Ihr Vater, der Italiener Giuseppe, war ein Akkordeonvirtuose, der in Varietés auftrat. Die ebenfalls aus Italien stammende und in Leningrad aufgewachsene Mutter Maria war einer der besten weiblichen Musical-Clowns der Welt. Valentes Urgroßvater war Zirkusdirektor.

Erste Auftritte hatte der Spross einer Künstlerfamilie als Fünfjährige mit ihren drei Geschwistern Silvio Francesco, Pietro und Nina. Mit ihrem im Jahr 2000 gestorbenen Bruder Silvio Francesco verband sie eine enge Beziehung. Er trat in vielen ihrer Shows auf, stand aber wohl immer im Schatten seiner hochbegabten Schwester. „Für uns alle war er das Musikgenie schlechthin“, sagte sie. Sie hat eben immer allen viel gegeben.

Von Heinz P. Dietrich