Nach dem rechtsextremen Terroranschlag in Halle sind sich alle Parteien im rheinland-pfälzischen Landtag einig: „Antisemitismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.“ Dieser Satz ist gut gemeint, hat aber mit der Realität nichts zu tun. In Deutschland bedrohen vier Millionen Antisemiten knapp 100.000 jüdische Mitbürger. Daher: Judenhass gehört zu Deutschland. Leider. Halle markiert ein zivilgesellschaftliches und rechtsstaatliches Totalversagen.
Carsten Zillmann über grassierenden Antisemitismus
„Wir lassen nicht zu, dass Juden und Jüdinnen in unserem Land bedroht werden“, sagt Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Auch hier ist die Intention wohlgemeint, jedoch: Wir lassen es zu. Wir lassen sogar zu, dass Jüdinnen und Juden Opfer von Straftaten werden. 31- mal ist das seit dem 1. Januar 2019 passiert. 30 der Taten stufen die Behörden als rechtsextrem motiviert ein. 2019 wird – davon darf man ausgehen – einen neuen beschämenden Rekordwert bringen. Rund ein Drittel dieser Fälle wurde nicht aufgeklärt. Die Täter sind also unbekannt. Sie sind eine herumstreunende Bedrohung für jüdisches Leben in Rheinland-Pfalz. Flammende Bekenntnisse in Sonntagsreden an Plenardienstagen reichen nicht.
Die Täter gehören zu einer Minderheit, allerdings zu einer vier Millionen Menschen starken Minderheit. 5,8 Prozent der Deutschen stuft das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld als „klassisch antisemitisch“ ein. Die Anti-Defamation League fand heraus, dass 30 Prozent der Deutschen glauben, dass Juden gehasst werden, weil sie sich wie Juden verhalten. Dieses Drittel glaubt auch, dass Juden zu viel Macht in der Geschäftswelt und auf den Finanzmärkten haben. Solange sich solche Verschwörungstheorien – wie auch immer – in Millionen von Gehirnen etablieren können, sterben in Deutschland Juden durch Gewalt. Im Mittelalter, im Deutschen Reich, im Dritten Reich. Schon wieder! Immer wieder!
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