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Boppard

Diskussionen in Boppard und Simmern: Direktkandidaten auf den Zahn gefühlt

Von Charlotte Krämer-Schick
Moderierten den Abend selbstbewusst und pointiert: Hannah Seus und Moritz Mayeh.  Foto: Krämer-Schick
Moderierten den Abend selbstbewusst und pointiert: Hannah Seus und Moritz Mayeh. Foto: Krämer-Schick

Mächtig auf den Zahn fühlten den aktuellen Direktkandidaten zur Bundestagswahl einige Oberstufenschüler des Bopparder Kant-Gymnasiums. Die Moderatoren Hannah Seus und Moritz Mayeh, die die Veranstaltung in der Aula der Schule selbstbewusst und mit Verve moderierten, ließen jedenfalls nicht locker, wenn sich einer der Anwesenden zu ausschweifend oder nicht klar genug ausdrückte. Mayeh ließ sich da manches Nachhaken nicht nehmen und verteilte auch gern die ein oder andere Spitze, die für Lacher im Publikum sorgte.

Lesezeit: 2 Minuten
Mit den Direktkandidaten des Wahlkreises 200 Mosel/Rhein-Hunsrück Michael Maurer (SPD), Julian Joswig (Grüne), Landrat Marlon Bröhr (CDU) und Harald Bechberger (AfD), in Vertretung für Carina Konrad (FDP) Friedrich Sartorius, Bewerber im Wahlkreis 205 (Mainz), und für die Partei Die Linke mit dem Landesvorsitzenden Jochen Bülow stand eine reine Männerrunde auf ...
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Mit Friedensinitiative diskutiert: Militärisch bündnistreu oder alternativ zivil verteidigen?

Rund 30 Zuhörer kamen ins Simmerner Schloss auf Einladung der Friedensinitiative Rhein-Hunsrück, um mit Direktkandidaten für den Wahlkreis 200 Mosel-Rhein-Hunsrück über Atomwaffen, zivile Verteidigung und Rüstungsexporte zu diskutieren.

An der friedenspolitischen Podiumsrunde, moderiert von Uli Suppus von der Friedensinitiative, nahmen die Direktkandidaten Carina Konrad (FDP), Julian Joswig (Bündnis 90/Die Grünen) und Michael Maurer (SPD) teil. Komplettiert wurde die Runde durch den Landtagsabgeordneten und CDU-Kreisvorsitzenden Tobias Vogt, der den Bewerber der Union für den Wahlkreis 200, Marlon Bröhr, vertrat sowie durch Bianca Steimle, die sich für die Partei Die Linke im Nachbarwahlkreis 201 Bad Kreuznach um das Direktmandat bewirbt. Im Wahlkreis 200 hat die Linke keine/n Vertreter/in nominiert.

Uli Suppus verwies auf „die derzeit sehr desolate Situation in Afghanistan“ und bat darum, diese nicht zu sehr zu thematisieren, um die angedachten Themenbereiche nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Das Podium hielt sich daran, aber dennoch wurde lebhaft diskutiert. Zunächst fragte der Moderator, ob sich die Wahlkreisbewerber im Falle ihres Einzugs in den Bundestag dafür einsetzen würden, dass Deutschland den Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) unterzeichnet. Der AVV ist eine internationale Vereinbarung, die Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Kernwaffen verbietet.

Verweis auf Bündnispartner

Die FDP-Kandidatin startete ihre Antwort mit einer Plattitüde („Frieden will ja jeder von uns“), um dann darauf zu verweisen, dass Deutschland Bündnispartner in der NATO ist. „Wir können nicht einseitig abrüsten“, ergänzte Konrad und prognostizierte: „Würden wir als Bündnispartner diesen Vertrag unterschreiben, würde es nicht dazu führen, dass Atomwaffen verschwinden.“ Der Grüne Julian Joswig sagte dazu: „Der AVV ist eine tolle internationale Botschaft. Wir werden uns dafür einsetzen“.

Tobias Vogt würde den Vertrag wie Konrad nicht unterzeichnen, wenn das Bündnis dies nicht tue. Und: „Solange sich die Atommächte dem nicht anschließen, halte ich den Vertrag für nicht sehr wirksam.“ Michael Maurer skizzierte seinen politischen Werdegang als in den 1970er-Jahren politisch sozialisierter Juso, der sich wegen der Ächtung von Atomwaffen in die Politik gegangen sei. Auch wenn er persönlich gegen Atom- und Massenvernichtungswaffen sei, bekräftigte Maurer: „Wir können nicht unterschreiben, weil wir Bündnispartner sind.“

Klare Kante zeigte dagegen die Linke Bianca Steimle. Sie ist für die Unterzeichnung. Zum Gegenargument der Treue gegenüber den Bündnispartnern der NATO merkte sie an: „Müssen wir uns nicht gegenüber allen Ländern gerecht verhalten?“ Steimle forderte eine weltweite Reduzierung aller Rüstungsausgaben um 10 Prozent. „Und wir wollen ein Rüstungsexportkontrollgesetz.“

Zu dem Thema gab es später noch einen regen Austausch. Zuvor merkte August Dahl aus dem Publikum zum Thema Bündnistreue an, dass die NATO schließlich ein Verteidigungsbündnis sei: „Alles, was darüber hinaus geht, ist ein Vertragsbruch.“

Ob denn die NATO überflüssig sei, wollte Moderator Suppus dann wissen. „Die Grünen stehen zur NATO“, so Joswig. Konrad sagte: „Die NATO als Bündnispartner infrage zu stellen, stelle ich infrage.“ Und August Dahls Anregung, die Bundeswehr finanziell stärker auszustatten, damit diese mehr Brückenpanzer und Bagger beschaffen kann, konterte die Liberale: „Die Bundeswehr ist kein Bauunternehmen. Sie muss für ihr Kerngeschäft gut ausgerüstet werden.“ Uli Suppus leitete dann über zum Themenkomplex „Alternative Verteidigung“, in dem es darum gehe, gewaltfreie Konfliktlösungen voranzutreiben. „Es gibt politische Spielräume jenseits von Konfrontation und Abschreckung“, betonte der Moderator.

Ein kleiner Fleck auf der Landkarte

Michael Maurer betonte, man müsse mit allen Staaten im Gespräch bleiben und zitierte Helmut Schmidt: „Solange man redet, schweigen die Waffen.“ Tobias Vogt hält alternative Verteidigung für spannend, er räumte aber ein, ihm fehle die Fantasie dafür, dass dies in absehbarer Zeit gelingen könne. „Nichtsdestotrotz muss die Diplomatie im Vordergrund stehen“, so Vogt. Carina Konrad ist dafür, klar zu benennen, was in anderen Ländern schief läuft. Allerdings müsse man einsehen: „Wir sind nur ein kleiner Fleck auf der Landkarte, deswegen müssen wir Bündnisse schmieden, um wirtschaftlich stärker zu werden und mehr Gehör zu bekommen.“ Die Linke Bianca Steimle blieb sich treu: „Die Politik der Militarisierung führt in die gesellschaftliche Sackgasse. Wir Linke stehen für gewaltfreie Konfliktlösung.“

Heidrun Kisters von der Friedensinitiative stellte klar: „International mehr Verantwortung zu übernehmen, heißt nicht automatisch mehr Aufrüstung, sondern mehr auf diplomatischer Ebene zu tun.“ Dazu seien die Vereinten Nationen aber total unterfinanziert, merkte Julian Joswig an. Also „mehr Geld für zivile Friedensarbeit?“, fragte der Moderator. „Steht im Wahlprogramm der SPD“, antwortete Michael Maurer. Steimle: „Ja.“ Vogt: „Ja, aber nicht zuungunsten der militärischen Ausstattung der Bundeswehr.“

Bei den Rüstungsexporten Deutschlands waren sich die Podiumsmitglieder weitgehend einig. Bianca Steimle will sie „komplett stoppen“, während alle anderen sich dafür aussprachen, Rüstungsexporte nur noch an Bündnispartner zu erlauben und auch den Weiterverkauf an Dritte zu kontrollieren. Carina Konrads Forderung, dabei in Europa einheitlich vorzugehen, konterte Heidrun Kisters: „Wir können doch nicht warten, bis sich alle einigen.“

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