Es ist schon bemerkenswert, dass sich eine Klasse für ihren Lehrer so sehr engagiert und sogar bereit ist, ein Zeichen in der Öffentlichkeit zu setzen. Das zeigt, dass der betroffene Pädagoge in seinem Job offenbar vieles richtig gut gemacht hat. Er hat sich über das normale Maß hinaus engagiert, heißt es, und ist zur Vertrauensperson für die Schüler geworden. Nur verständlich, dass sich die jungen Menschen nicht damit abfinden wollen, ihren Klassenlehrer mitten im Schuljahr abgeben zu müssen. Dabei lernen sie auch noch fürs Leben: Sie lernen, dass sie eine Stimme haben und sich für ihre Rechte einsetzen können. Sie lernen, dass zu einem demokratischen System auch Streiks gehören. Und vielleicht erfahren sie ja auch, dass es lohnenswert sein kann, sich für eine Sache gemeinsam stark zu machen.
Der Fall zeigt aber auch, dass es nicht wirklich rund läuft im rheinland-pfälzischen Bildungssystem. Da gibt es bei den Lehrern eine Zweiklassengesellschaft aus fest angestellten Kollegen und Vertretungskräften mit befristeten Verträgen, die nicht nur finanziell schlechter gestellt sind, sondern auch regelmäßig um ihre Jobs bangen müssen. Da wird mitten im Schuljahr ein Lehrer abgezogen, um an einer anderen Schule eine Lücke zu füllen. Das macht sich auf dem Papier gut, denn der Stellenplan stimmt wieder. Pädagogisch und menschlich ist das aber durchaus anzuprangern. Was wird den jungen Menschen damit vermittelt? Dass das über Jahre gewachsene soziale Gefüge bei Behörden und Verträgen kaum zählt? Dass eine gute Leistung allein nicht ausreicht, sondern einfach kurzfristig über die Köpfe der Betroffenen hinweg entschieden wird? Bleibt zu hoffen, dass die ADD ein Einsehen hat und der Klassenlehrer zumindest noch bis Schuljahresende bleiben kann.