St. Goar

Deutschlands jüngster Fährmann schippert am Mittelrhein: „Kanus bringen einen schon mal ins Schwitzen”

Von Mona Wenisch
Schüler hinterm Steuer: Deutschland jüngster Fährmann
Der 18-jährige Mark Schmidt sitzt am Steuer der Rheinfähre „LoreleyIV“, die zwischen St. Goar und St. Goarshausen verkehrt. Foto: Thomas Frey/picture alliance/dpa

Unter der Woche geht er zur Schule, am Wochenende steuert Mark Schmidt eine Fähre auf dem Rhein: Wie Deutschlands jüngster Fährmann zu seinem besonderen Job kam – und was er für seine Zukunft plant.

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Seit er auf dem Gymnasium ist, fährt Mark Schmidt jeden Tag mit der Fähre über den Rhein zur Schule. Doch seit einem Monat ist er nicht mehr nur Fahrgast, sondern sitzt selbst am Steuer. Der 18-Jährige ist nach Verbandsangaben der jüngste Fährmann Deutschlands.

Unter der Woche paukt der 18-Jährige in der Schule fürs Abi, das nächstes Jahr ansteht. Seine Leistungskurse sind Erdkunde, Physik und Englisch. Am Wochenende setzt er sich dann hinter das Steuer der Rheinfähre, die Sankt Goar und Sankt Goarshausen verbindet. Spaß machen ihm vor allem die Herausforderungen seines Jobs, sagt er. „Man hat jedes Mal andere Umstände, anderen Verkehr, andere Witterungsbedingungen, Wasserstände.“

Ferienjob Fähre

Zur Fähre ist Schmidt über seinen Großonkel gekommen, der auf dem Rhein Schiffe fahre. Er sei immer mal wieder bei ihm mitgefahren, erinnert sich Schmidt. Mit 16 Jahren habe er dann angefangen, auf der Fähre vor seiner Haustür zu arbeiten. Zunächst habe er als Ferienjob Fahrgäste abkassiert. „Und dann eben ein bisschen hochgearbeitet“, sagt der 18-Jährige.

Dass das überhaupt möglich ist, verdankt Schmidt einer Gesetzesänderung. Die ist vor rund zwei Jahren beschlossen worden und hat das Mindestalter für den Fährführerschein auf 18 Jahre runtergesetzt, sagt Michael Maul, Vorsitzender des Deutschen Fährverbandes. Zuvor lag die Grenze bei 21 Jahren. Seitdem sei Schmidt der erste ihm bekannte Fährmann, der so jung sei.

Nachwuchs fehlt in der Branche

„Es war eine große Erleichterung“, sagt Maul zur Gesetzesänderung. „Die Branche hat Schwierigkeiten, Personal zu bekommen. Es ist neben der Klimaneutralität der Schiffe das große Thema für uns.“ Gerade kleinere Betriebe fänden keine Angestellten.

Schüler hinterm Steuer: Deutschland jüngster Fährmann
Wenn Schmidt nicht auf dem Wasser unterwegs ist, trifft man ihn etwa auf dem Fußballplatz. An seinem Job mag er die Mischung aus menschlichen Kontakten und Technik.
Foto: Thomas Frey/picture alliance/dpa

Um seinen Führerschein zu bekommen, musste Schmidt Fahrstunden nachweisen, ein Führungszeugnis vorlegen und eine ärztliche Untersuchung bestehen. Und dann folgte die Prüfung. Nervös sei er auf jeden Fall gewesen, sagt Schmidt. „War schon was Besonderes.“ Aber: „Hat gut geklappt.“ Und so darf er seit einem Monat über den Rhein fahren: Immer zwischen Sankt Goar, seinem Wohnort, und Sankt Goarshausen, seinem Schulort, hin und her. Wenn er nicht auf dem Rhein ist, dann spielt Schmidt gerne Fußball oder geht ins Stadion.

Eine Überfahrt auf seiner Strecke dauert gerade mal ein paar Minuten. Autos, Busse, Lastwagen, Fahrradfahrer und Fußgänger hat Schmidt schon sicher über den Rhein gebracht. Von dem Sitz ganz oben auf der Fähre hat er alles bestens im Blick. Herausfordernd sei vor allem die Sportschifffahrt, sagt er. „Da muss man dann schon immer ein bisschen aufpassen mit so Kanufahrern und allen. Die bringen einen schon manchmal ins Schwitzen.“ Bei Nachtfahrten müsse er vor allem bei höheren Wasserständen auf Treibholz achten. „Weil man die im Dunkeln kaum sieht“, sagt Schmidt. „Und eben generell bei Nebel auch die Sichtweite, die geht irgendwann auf den Kopf.“

Es ist sehr spannend und abwechslungsreich, gerade auf Fähren, weil man sowohl mit Kunden als auch der Technik zu tun hat.

Mark Schmidt, 18-jähriger Fährmann aus St. Goar

In dem Beruf gebe es viele positive Begegnungen, etwa mit den Kunden, sagt Maul. „Es ist sehr spannend und abwechslungsreich, gerade auf Fähren, weil man sowohl mit Kunden als auch der Technik zu tun hat.“ Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, fordert Maul von der Politik vor allem weniger Bürokratie. „Wir haben in den letzten Jahren eine zunehmende Flut an Regelungen, sowohl beim Personal als auch bei der Technik“, sagt er. „Die einzelnen Regeln sind nicht so schlimm. Die Menge an Regeln erdrückt uns.“

Dennoch legt Schmidt den Beruf des Fährmanns anderen jungen Menschen nahe. „Ich kann's auf jeden Fall empfehlen, gerade auch den Weg, den ich genommen habe dahin, als Ferienjob vielleicht“, sagt er. „Macht auf jeden Fall sehr viel Spaß.“ Auch nach dem Abitur will er nicht gleich damit aufhören. Noch etwa ein Jahr will er bleiben, dann vielleicht ein paar Monate ins Ausland. Danach würde er gerne das Steuer wechseln und vom Wasser in die Luft aufsteigen – als Pilot.