Neuwied

Zuchterfolg bei Saruskranichen: Freude über Küken im Neuwieder Zoo

Sarus-Handaufzucht im Neuwieder Zoo
Saruskranich-Mama „Hope“ mit einem ihrer Küken. Beide Jungtiere gedeihen laut Zoo Neuwied „prächtig“. Foto: Zoo Neuwied/Ben Ulrich

Die Vögel sind in ihrem natürlichen Lebensraum bedroht, trotzdem werden sie in Zoos selten erfolgreich nachgezogen – in der neuen Anlage der Deichstädter Einrichtung ist das aber nun gelungen.

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Des einen Freud, des anderen Leid: Es herrschen hochsommerliche Temperaturen im größten Zoo von Rheinland-Pfalz, und obwohl ihm der Schweiß auf der Stirn steht, strahlt Maximilian Birkendorf mit der Sonne um die Wette. Der Grund dafür stakst im Gehege hinter ihm auf langen Beinchen durchs hohe Gras. „Wir haben erstmals in der Geschichte des Zoo Neuwied erfolgreich Saruskraniche nachgezogen“, wird der Kurator in einer Pressemeldung zitiert. „Saruskraniche sind nicht nur in ihrem natürlichen Lebensraum in Südostasien hochbedroht, sie werden auch selten in Zoos gezeigt und noch seltener erfolgreich nachgezogen. In Deutschland hat nur der Zoo Karlsruhe regelmäßig Nachwuchs bei dieser Art.“

Saruskraniche sind nicht nur in ihrem natürlichen Lebensraum in Südostasien hochbedroht, sie werden auch selten in Zoos gezeigt und noch seltener erfolgreich nachgezogen.

Maximilian Birkendorf, Kurator

Den Grund für den diesjährigen ersten Zuchterfolg der Saruskraniche, die schon seit mehr als 30 Jahren in Neuwied gehalten werden, sieht Birkendorf vor allem in der neuen Anlage, die der Zoo im Frühjahr 2023 eröffnet hat. „Die Anlage bietet mit ihrer Weitläufigkeit und Struktur viel bessere Bedingungen für die scheuen Vögel, ihr natürliches Balz- und Brutverhalten auszuleben“, erklärt er. Trotzdem war es während der Brutzeit notwendig, die Anlage bis auf einen kleinen Besuchereinblick durch die Scheibe komplett abzuschirmen, da der Hahn das Gelege vehement verteidigt hat. „Darüber hinaus hat sich unser engagiertes Vogelteam in den vergangenen Jahren immer tiefer in die speziellen Bedürfnisse dieser Art eingearbeitet und diese Beharrlichkeit wurde endlich belohnt.“

Pfleger müssen Saruskranichnachwuchs zwischenzeitlich per Hand aufziehen

Auch die Tatsache, dass jetzt zwei statt nur ein Küken ihrer Mutter hinterherläuft, ist nicht selbstverständlich. „Wir mussten zwischenzeitlich ein Jungtier in die Handaufzucht nehmen, da es arttypische Aggressionen zwischen den Geschwistern gab und das kleinere Küken Gefahr lief, ernstlich verletzt zu werden“, berichtet der Kurator.

Allgemein setzen Zoos vieles daran, Handaufzuchten zu vermeiden, berichtet die Neuwieder Einrichtung in ihrem Schreiben: Derart aufgezogene Tiere entwickeln bei unprofessioneller Ausführung häufig Fehlprägungen und betrachten dann Menschen als Sozialpartner, was zu unnormalen Verhaltensweisen führt und ein Zusammenleben mit Artgenossen schwierig bis unmöglich macht. „Zum Glück verstehen sich die Zoos als Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt, sodass wir vom Wissen anderer Zoos mit mehr Erfahrung in der Kranichaufzucht profitieren konnten“, sagt Birkendorf dankbar. „Dadurch wussten wir, dass die Prägung bei Kranichen in mehreren Phasen verläuft, die unmittelbar nach dem Schlupf und dann erst wieder nach etwa vier Wochen stattfinden.“

Schwächeres Küken wird von Geschwistern und Mutter getrennt

In den Wochen dazwischen wurde das schwächere Küken räumlich von den anderen getrennt, wobei es jedoch durch ein Gitter Sichtkontakt halten und sich mit den anderen verständigen konnte. Versorgt wurde es durch die Tierpfleger, die das Küken mithilfe einer Kopfattrappe, die einem erwachsenen Saruskranich nachempfunden ist, zur Futteraufnahme animierten, wie es auch die Eltern tun. Der Kurator ist überzeugt: „Dieser Aufbau hat es ermöglicht, dass das Küken ungefährdet wachsen und gedeihen konnte und gleichzeitig nicht den Anschluss an seine Familie verloren hat, und damit den entscheidenden Unterschied macht.“

Der Erfolg gibt ihm Recht: Die Zusammenführung mit Mutter ‚Hope‘ und der mittlerweile kaum noch größeren Schwester hat vergangene Woche problemlos funktioniert. Die Mutter führt und versorgt beide Jungtiere gleichermaßen, und die Küken gedeihen prächtig, ohne sich dabei besonders für Menschen zu interessieren. „Zwischen den Geschwistern ist es mittlerweile auch friedlich, abgesehen von gelegentlichen Reibereien“, berichtet Birkendorf zufrieden und ergänzt: „Ich bin selbst mit Schwestern aufgewachsen – manchmal nerven die einfach, das gehört dazu.“