Schweigend, auf seinen Krückstock gestützt, steht Alfred Born in der Kapelle der Schwarzen Madonna und sieht sich die Inschrift auf der eingelassenen Metallplatte an. „Vergeltung ist keine Liebe und Hass kein Boden, auf dem Frieden gedeihen kann“, ist da zu lesen. „Er hat immer wieder davon geredet“, sagt sein Sohn Alfred Born junior. Dieser hat seinem Vater einen lang gehegten Wunsch erfüllt und unternimmt gemeinsam mit seiner Ehefrau einen Ausflug in die Vergangenheit.
Der 96-Jährige war einer von rund 300.000 Kriegsgefangenen, die im Lager Goldene Meile unsägliches Leid erlebt haben und unter offenem Himmel Kälte, Regen, Hunger, Durst und Hitze ausgesetzt waren. „Ich war nur drei Wochen dort, ich war schwer verletzt“, sagt er und hebt seinen linken Unterarm, wo eine sehr lange und breite Narbe zu sehen ist. „Alles fing an, fürchterlich zu eitern“, erzählt er weiter und deutet mit einer Geste an, dass auch seine linke Körperseite schwer verwundet war.
Der gebürtige Essener war im Krieg von den US-Amerikanern in Köthen (Sachsen-Anhalt) gefangen genommen und mit anderen auf einem Transporter nach Remagen gebracht worden. „Wir sind über die Dörfer gefahren und haben schrien, wir hätten Durst, da haben sie uns einen Eimer Wasser übergekippt“, erinnert er sich, als wäre es gestern gewesen. Auch das Bild von den in Regenpellen gehüllten Amerikanern im Lager, die den im Matsch liegenden Gefangenen ein paar Dosenbohnen mit der bloßen Hand entgegenhielten, steht ihm noch vor Augen. Nach drei Wochen kam Alfred Born ins amerikanische Lazarett, wo die Verwundeten jeweils zu zweit auf einer Pritsche lagen. Es ist Zufall, dass Alfred Born und seine Familie nach dem Besuch im Friedensmuseum Altbürgermeister Hans Peter Kürten an dem Mahnmal der Schwarzen Madonna antreffen. Gern nimmt dieser die Kontaktdaten auf, um der Familie die Einladung für das letzte Treffen der ehemaligen Kriegsgefangenen zu überreichen. ith