Ring-Rechnung wird teuer

Laut Jahresbericht der Landesprüfer wird die Ring-Rechnung wesentlich teurer.
Laut Jahresbericht der Landesprüfer wird die Ring-Rechnung wesentlich teurer. Foto: DPA

Rheinland-Pfalz Die rot-grüne Landesregierung ist mit dem Vorhaben angetreten, das arg ramponierte Verhältnis zum Rechnungshof in Ordnung zu bringen. Doch zunächst gilt es, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Und da stellen die Speyerer Finanzkontrolleure dem alten, allein von der SPD geführten Kabinett ein schlechtes Zeugnis aus.

Lesezeit: 3 Minuten
Anzeige

Rheinland-Pfalz Die rot-grüne Landesregierung ist mit dem Vorhaben angetreten, das arg ramponierte Verhältnis zum Rechnungshof in Ordnung zu bringen. Doch zunächst gilt es, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Und da stellen die Speyerer Finanzkontrolleure dem alten, allein von der SPD geführten Kabinett ein schlechtes Zeugnis aus.

Brisantester Punkt im Jahresbericht 2012: der Nürburgring.

Pacht viel zu niedrig

Der Rechnungshof nimmt die 2010 geschlossenen und gerade eben gekündigten Nürburgringverträge aufs Korn. Die Grundbotschaft der Speyerer Behörde: Mit der geplanten maximalen Mindestpacht von 15 Millionen Euro lässt sich die hoch verschuldete, nahezu landeseigene Nürburgring GmbH niemals finanziell über Wasser halten. Die Projektionen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young, ein anerkannter Branchenriese, erklären die Finanzkontrolleure für unrealistisch.

Sie errechnen hingegen ein 210-Millionen-Euro-Finanzloch, das bis 2030 aufklafft, sollte die Mindestpacht nicht auf durchschnittlich 24,5 Millionen steigen. Fließt das Geld nicht, droht die Insolvenz der Besitzgesellschaft, oder das Land (und damit der Steuerzahler) wird zur Kasse gebeten.

SPD-Fraktionschef Hendrik Hering, der damals die Verträge mit den privaten Pächtern Jörg Lindner und Kai Richter ausgehandelt hat, gesteht Fehler ein. Ein Kernsatz: „Auf der Grundlage heutiger Kenntnisse und der gemachten Erfahrungen würde ich Entscheidungen für die Zukunft des Nürburgrings anders als 2009 und 2010 treffen.“

Hering weiter: „Für Infrastrukturprojekte wie den Nürburgring müssen auch zukünftig Steuergelder in die Hand genommen werden. Diese Aussage gilt unabhängig davon, dass die Bauten am Nürburgring überdimensioniert sind.“ Damit schwenkt der Fraktionschef auf die Linie ein, die Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) im Interview mit unserer Zeitung vorgegeben hat.

Hering hält die Trennung von Besitz und Betrieb weiter für richtig. Ohne diese Konstruktion wären die Betreiberverträge heute in der Tat kaum kündbar. Der SPD-Fraktionschef räumt aber ein, dass die Ertragsaussichten (des Freizeitparks) unrealistisch bewertet wurden – auch von den Pächtern.

Aber wie konnten Ernst & Young so danebenliegen? Wenn man der Analyse des Rechnungshofs folgt, existiert schließlich eine gewaltige Deckungslücke. Die CDU mutmaßt bereits, dass die Landesregierung Einfluss auf das Gutachten nahm, etwa mit der Bitte, die Abschreibungszeiten möglichst auszudehnen. Angeblich wurde eine erste Vorlage korrigiert.

Sondersitzung des Innenausschusses

Vonseiten der SPD heißt es dazu, dass sich eine derart renommierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wie Ernst & Young garantiert keine politischen Vorgaben machen lässt. CDU-Oppositionsführerin Julia Klöckner twitterte indes im Internet mit Blick auf die SPD vor der Landtagswahl 2011: „Sie wollten die Wiederwahl – um jeden Preis.“ Am Montag kommt der Innenausschuss – auf Antrag der CDU – zu einer Sondersitzung zusammen.

Der Rechnungshof wiederum kritisiert nicht nur die Höhe der Pacht. Auch die von Finanzminister Carsten Kühl (SPD) ins Spiel gebrachte eiserne Reserve des Landes von 254 Millionen Euro versehen die Finanzkontrolleure mit einem Fragezeichen.

Diese Rücklage war vom früheren Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) angelegt worden. Nach Lesart des Rechnungshofs hätte sie gar nicht gebildet werden dürfen, weil gegen das Budgetrecht des Landtags verstoßen wurde.

Rechnungshofpräsident Klaus Behnke räumte zudem mit der Vorstellung auf, dass es sich bei dieser Reserve „um ein Sonderkonto handelt, das prall gefüllt ist“. Seiner Ansicht nach liegt lediglich eine „Ausgabenermächtigung“ vor. Die Regierung will die Rücklage aktivieren, falls es zu einer Neuausschreibung kommt und eine geringere Pacht verhandelt wird als derzeit.

Formel 1 zu preiswert?

Schließlich äußerte sich Behnke auch zu den Formel-1-Verträgen, die Ende 2010 abgeschlossen wurden. Laut Rechnungshof führte die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH das Rennen 2009 für 2,6 Millionen Euro durch, während die privaten Ring-Pächter eine pauschale Kostenerstattung von 3,5 Millionen Euro sowie 500 000 Euro für entgangene Werbeeinnahmen erhielten.

Laut Landesregierung wurden 2009 die Eigenkosten nicht berechnet (etwa Büros, Strom, Computertechnik). Daher habe die Pauschale jetzt höher gelegen.

Auf die Frage einer Journalistin, ob das Land beim Formel-1-Vertrag über den Tisch gezogen wurde, meinte Behnke: „Es fällt schon auf, dass man den Vertragspartnern in vielen Dingen stark entgegengekommen ist.“

Von unserem Redakteur Dietmar Brück